Ingolstadt
Neues Schloss: Marodes Kavaliersgebäude wird saniert

Museumsleiter Ansgar Reiß über die gute Nachricht aus München hocherfreut. Arbeiten werden kompliziert.

27.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:52 Uhr
Kein schöner Anblick: Das Kavaliersgebäude im Schlosshof, dessen Kern aus dem 16. Jahrhundert stammt, muss dringend saniert werden. Jetzt hat der Freistaat Bayern dafür den Planungsauftrag erteilt. Ansgar Reiß (Foto), der Leiter des Armeemuseums, ist froh und glücklich. −Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Das Bayerische Armeemuseum meldet gleich zwei gute Nachrichten: Der Freistaat Bayern hat jetzt die Sanierung des maroden Kavaliersgebäudes des Neuen Schlosses auf den Weg gebracht. Und: Für den 2015 eingebauten Aufzug gab es den Anerkennungspreis "Bauen im Bestand".

Geschäftigkeit, gar Hektik gehören nicht wirklich zu den dominanten Stimmungslagen im Neuen Schloss. In dem stolzen spätmittelalterlichen Gemäuer, seit 1972 die Residenz des Bayerischen Armeemuseums, ging es über vier Jahrzehnte immer bedächtig-würdevoll zu; zurzeit ist es unter den mächtigen Gewölben ganz still, weil die Dauerausstellung überarbeitet wird und das Schloss deshalb zu ist. Dass es 2015 ausgerechnet hier, in diesem erhabenen Refugium für Kriegskunst, zu einem Wettlauf gegen die Zeit gekommen ist, kann man sich kaum vorstellen. Aber so geschah es.

Um das Baudenkmal barrierefrei zu erschließen, wurde ein Aufzug eingebaut. Es pressierte. Sehr. Bis 30. April musste er laufen, denn dann wurde in der einstigen Herzogsresidenz die Landesausstellung "Napoleon und Bayern" eröffnet. Die Arbeiten waren hoch kompliziert, doch die Handwerker gaben alles. Und schafften es. "Der Tüv hat den Lift am 29. April abgenommen", erzählt Ansgar Reiß, der Leiter des Armeemuseums. Das war knapp.

Der passgenaue Einbau sei "wirklich eine beeindruckende Leistung" gewesen. Der Lift wurde außen in einer nur 1,50 Meter schmalen Lücke zwischen zwei Gebäudeteilen eingesetzt. Als ein Kran den 20 Tonnen schweren und 20 Meter hohen Stahlschacht von der Rossmühlstraße aus in das Schloss hineinsenkte, "waren an den Seiten gerade mal fünf Zentimeter Platz", erinnert sich Reiß. Während der Landesausstellung - es kamen fast 150 000 Besucher - erwies sich der Aufzug als Segen. "Da hat man gut gesehen, wie viele Menschen auf Barrierefreiheit angewiesen sind." Sehr viele - aus den unterschiedlichsten Gründen.

Und nicht zuletzt: Der Aufzugschacht ist - obwohl außen installiert - kaum zu sehen. Damit wurde ein großes Anliegen des Denkmalschutzes erfüllt.

Dieser Erfolg hat jetzt eine Würdigung erfahren, auf die alle stolz sind: Die Bayerische Architektenkammer und das Kultusministerium haben den "gelungenen Anbau" mit dem Preis "Bauen im Bestand" ausgezeichnet. Unter 250 Einsendungen schaffte es der Fahrstuhl in der Festung unter die besten zwölf, "und das bei vielen hochkarätigen Mitbewerbern", wie Reiß hervorhebt (siehe den Kasten). Es war ein Gemeinschaftsprojekt des Staatlichen Bauamts Ingolstadt (ihm oblag die Projektleitung), des Landesamts für Denkmalpflege und des Architekturbüros Guggenbichler und Netzer. Der Behindertenvertreter der Stadt Ingolstadt war ebenfalls beteiligt. Zudem wurden ein behindertengerechtes WC eingebaut und die Elektrik des Schlosses ertüchtigt. Alles zusammen hat 3,5 Millionen Euro gekostet, so wie geplant. Diese finanzielle "Punktlandung" sei auch den gründlichen Voruntersuchungen zu verdanken, sagt Reiß.

Noch etwas freut den Museumsleiter: "Der Denkmalschutz hat die Baumaßnahme immer positiv gesehen. Auch das war uns wichtig!" Der Einbau des Aufzugs zeige sehr schön, "dass es eben nicht stimmt, dass der Denkmalschutz angeblich alles immer behindert". Die Säle des Schlosses, die der Lift erreicht, hätten sogar gewonnen, weil für die Verbindung einst zugemauerte Nischen geöffnet wurden. "Die Räume sind jetzt schöner als vorher!", so Reiß.

Nur wenige Tage nach der Preisverleihung traf die nächste gute Nachricht im Schloss ein: Das Kavaliersgebäude - es beherbergt die Museumswerkstätten - wird saniert. Endlich, muss man sagen, denn der Bau bietet seit Jahrzehnten vorne wie hinten (wo sich die Mauer dem Stadttheater zuneigt) einen ziemlich tristen Anblick. Einige Räume sind schon lange aus Gründen der Arbeitssicherheit gesperrt. Der bisher letzte Tag der offenen Tür fand hier 2010 statt; seither sind Menschenmengen in dem Gebäude nicht mehr zu verantworten.

Jetzt hat der Eigentümer des Schlosses, der Freistaat Bayern, den Planungsauftrag für die Sanierung vergeben. "Das bedeutet das Go! Auch wenn der Landtag noch die finanzielle Zustimmung erteilen muss", berichtet Reiß. "Aber das sollte eigentlich glatt durchgehen." Bevor die Bauuntersuchungen starten, werden die sieben Mitarbeiter - Experten für Handwerkstechniken von Metall bis Textil - mitsamt ihren Werkstätten ausgelagert. 2019 könnte die Sanierung beginnen.

Sie dürfte ziemlich kompliziert werden, so viel steht jetzt schon fest. "Das Kavaliersgebäude stammt zum großen Teil aus dem 16. Jahrhundert - mit viel Flickwerk in den folgenden Jahrhunderten. Da gibt es mehrere Keller, teils freigelegt, teils verschüttet. Dort erwarten wir spannende Entdeckungen!"

Die Historiker freuen sich auf die Sanierung. Und die Handwerker bestimmt auch, denn sie können dann wieder zeigen, was sie alles draufhaben.