Ländlicher Charme

31.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:22 Uhr

−Foto: Pamela Reiss

Irgertsheim (DK) Sie erinnern an eine Irgertsheimer Ära. Wer weiß schon, dass im „Goldenen Westen“ früher landwirtschaftliche Schlepper gefertigt wurden. Die Oldtimerfreunde Irgertsheim wollen die Tradition der historischen Funk-Schlepper erhalten.

Man nennt uns auch den Goldenen Westen“, sagt Moritz Liepold augenzwinkernd. „Wegen der guten Luft.“ So werde der am weitesten von Ingolstadt entfernt liegende Stadtteil Irgertsheim nicht zuletzt durch das Neubaugebiet Am Kirchberg mehr und mehr zu einem beliebten Wohnort. „Auch Prominente leben bei uns“, plaudern Georg Heigl, Michael Schiegl und Wendelin Lechermeier aus dem Nähkästchen. Ein hoher Audi-Funktionär etwa, aber auch zwei Fußballer des Bundesligisten FC Ingolstadt: Mathew Lecki und Anthony Jung. Dabei ist der, der neben Ortssprecher Alexander Bayerle am meisten von Irgertsheim schwärmt, selbst nicht einmal in dem Ortsteil gemeldet. Der Vorsitzende der Oldtimerfreunde Irgertsheim, Moritz Liepold, wohnt in Nassenfels. Doch sein Herz hängt klar an Irgertsheim, was auch mit zwei Dingen verbunden ist: den historischen Funk-Schleppern „made in Irgertsheim“ und den Irgertsheimer Oldtimer-Freunden, einer über 100 Mitglieder starken Vereinigung unter Liepolds Vorsitz, die sich zum Ziel gesetzt hat, „Tradition, Pflege und Erhalt historischer Fahrzeuge zu fördern und diese durch Veranstaltungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen“. Etwa durch die alle zwei Jahre stattfindenden Oldtimertreffen.


Wer weiß schon, dass es in Irgertsheim früher eine Traktorenfertigung gab, die Funk-Traktoren. Dieses Kapitel aus der Irgertsheimer Ortsgeschichte ist untrennbar mit dem Namen Xaver Funk verbunden. In einem 93 Seiten starken Büchlein haben die Oldtimerfreunde das Wirken des Unternehmers beschrieben: „Der ehrgeizige, fleißige und dem Zeitgeist gerechte Unternehmer fertigte 18 bis 30 PS starke Kleinschlepper und landwirtschaftliche Anhänger“, heißt es darin. Die geringe Stückzahl machte die Traktoren zur Rarität. Bis die Produktion 1956 eingestellt wurde, entstanden 33 von Hand gefertigte Exemplare der Funk-Schlepper. Sechs davon gibt es heute noch, einer gehört den Oldtimerfreunden: ein 25 PS starker Funk, Baujahr 1953, der neben einem Fendt F17L Dieselross, einem Deutz F1L514, einem Deutz D3005, einem Hanomag Perfekt 300 und einem Schlüter SF201 der ganze Stolz der Oldtimerfreunde ist. Doch nicht nur für Traktoren, auch für herkömmliche Oldtimer, historische Motorräder oder Fahrräder schlägt das Herz der Oldtimerfreunde. Der Landwirt Wendelin Lechermeier hat nicht nur ein „Radl 28er Baujahr“, sondern auch einen historischen Pflug.

Jeder soll sich die Mitgliedschaft bei den Oldtimerfreunden leisten können, sagt Vorsitzender Liepold. Deshalb verlangt der Verein einen Jahresbeitrag von nur zwölf Euro. Weil zum Pressetermin am Nachmittag neben dem Ortsvorsteher vor allem die Rentner unter den Oldtimerfreunden Zeit hatten, betont der Vorsitzende, dass der Verein „Mitglieder aller Altersklassen“ habe.

Momentan liegt das Hauptaugenmerk der Oldtimerfreunden in Verhandlungen mit der Stadt Ingolstadt. Wenn die Feuerwehr ihren neuen, mit der Pettenhofener Wehr zusammengelegten Feuerwehrstützpunkt in Irgertsheim bezieht, wird das bisherige Feuerwehrhaus leer. „Ein ideales Vereinsheim“, finden die Oldtimerfreunde, die dann endlich einen Raum hätten, die Oldtimer unterzustellen. Die Nutzung in Erbbaupacht hat die Stadt bereits angeboten. Einige im Verein jedoch würden das Gebäude – bei entsprechendem Angebot– gerne kaufen.

Neben den Oldtimerfreunden hat Irgertsheim noch viele weitere Vereine. Das „Flaggschiff“ dabei ist der SC Irgertsheim. „Wir bräuchten Bauland für die Einheimischen und trotzdem Zuzug von außen“, bringt Ortssprecher Bayerle ein Problem vieler Stadtteile auf den Punkt. Irgertsheim hat wie die anderen Orte im Westen seinen ländlichen Charme bewahrt. Auch wenn man sich sehr auf eine neue Ortsmitte freut, die gerade entsteht. Einziger Wermutstropfen: „Der ständig zunehmende Verkehr.“ Da macht der „Goldene Westen“ gegenüber den anderen Ingolstädter Stadtteilen keine Ausnahme.