Ingolstadt
Keine Zierde der Stadt

Kavaliersgebäude im Schloss muss dringend saniert werden triste Optik ist noch das kleinste Problem

21.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:09 Uhr

Foto: Cornelia Hammer

Ingolstadt (DK) Vom Stadttheater aus gesehen schaut das Neue Schloss richtig traurig aus: Das Kavaliersgebäude, das die Werkstätten des Armeemuseums beherbergt und das Schloss nach Süden hin abrundet, muss dringend saniert werden, einige Räume sind bereits gesperrt. Hier ist der Freistaat gefragt.

Der bisher letzte Tag der Offenen Tür in den Werkstätten des Bayerischen Armeemuseums im Neuen Schloss fand vor sechs Jahren statt. Seither wagt es Museumsleiter Ansgar Reiß nicht mehr, größere Gruppen in das sogenannte Kavaliersgebäude zu lassen. "Es besteht zwar keine Einsturzgefahr, aber es gibt Unsicherheiten im Boden, die Dielung ist sehr fragwürdig. Einige Räume mussten wir schon sperren, weil die Gefahr besteht, dass Putz von der Decke fällt." Auch deswegen seien die Arbeitsbedingungen für die acht Handwerker in den Werkstätten, so Reiß, "extrem problematisch", um es vorsichtig zu sagen. Abgesehen davon schaut das Funktionsgebäude, dessen Fundament aus dem 17. Jahrhundert stammt, richtig schlimm aus - zum Schlosshof hin ebenso wie nach außen, wo es die Südfassade des Festungsareals bildet. Aber die Ästhetik ist noch das kleinste Problem. "Es geht nicht um die Optik, sondern um die Statik!", sagt Reiß. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf. Ebenso beim Brandschutz und der energetischen Sanierung. "Da ist alles völlig veraltet."

Wer vom Stadttheater aus zur Südfassade des Schlosses blickt, sieht das Absperrgitter vor dem Mauerwerk. Das steht da bereits seit Jahren: "Denn es können Dachziegel runterfallen", erklärt der Museumsleiter. Von hier aus schaut das verschachtelte Gebäudeensemble besonders trist aus. Historisch ist einiges geboten: Der Dachstuhl des Turms stammt aus dem 16. Jahrhundert, das pyramidenförmige Dach wurde erst im 19. Jahrhundert darübergebaut, die Stützelemente aus Ziegeln datieren ebenfalls aus dieser Zeit. "Man sieht die verschiedenen Bauphasen." Hier verlief auch die Stadtmauer aus dem späten 17. Jahrhundert, Relikte davon gibt es noch.

Dieser überaus triste Anblick hat vor Kurzem die Bürgergemeinschaft (BGI) zu einem Antrag veranlasst: Die Stadt möge sich bitte beim Eigentümer des Schlosses dafür einsetzen, bald mit der Sanierung zu beginnen. Ein Argument lautet: Was sollen denn bloß die Besucher denken, die am neuen Busparkplatz im Schatten der bröckelnden Südfront des Schlosses aussteigen? Soll dieses Bild bei Touristen den ersten Eindruck von Ingolstadt prägen? Das dürfe nicht sein, so die BGI.

Eigentümer des Schlosses ist der Freistaat Bayern. "Der Bauantrag ist schon lange gestellt", berichtet Reiß. "Jetzt warten wir dringend darauf, dass die Planungsmittel zugesagt werden und der Planungsauftrag erteilt wird." Die Entscheidung falle im Kultusministerium.

Eine bauliche Innovation ist immerhin schon auf dem Weg: die Öffnung des Feldkirchener Tores, jenes 1368 vollendeten Zugangs zur Stadt, um den 50 Jahre später das Schloss herumgebaut wurde. 2018 soll die öffentlich zugängliche Verbindung zwischen dem Schlosshof und der Roßmühlstraße durch das Tor hergestellt sein. Dafür hat sich auch OB Christian Lösel sehr eingesetzt.

Seit 2011 gibt es einen Entwicklungsplan für das Schloss. Stufe eins, die Barrierefreiheit, ist mit dem Einbau des Aufzugs rechtzeitig zur Landesausstellung im vergangenen Jahr ein großes Stück vorangekommen. Die Sanierung der Werkstätten steht an zweiter Stelle auf dem Plan - verbunden mit den Aufgaben bauliche Sicherheit, verbesserte Arbeitsbedingungen, Brandschutz und Energiesparen. Geschätzte Kosten (im Jahr 2013): rund 3,8 Millionen Euro. Stufe drei: die Sanierung des Zeughauses, jenes leerstehenden Prunkbaus im Norden des Schlossareals. Hier könnten attraktive Veranstaltungsräume und eine einladende Gastronomie entstehen, "die der ganzen Stadt zugutekommen", sagt Reiß, zumal der Fahnensaal des Schlosses für Veranstaltungen nicht mehr zu Verfügung stehe. "Es wäre sehr wichtig, die Sanierung des Schlosses in einem großen Kontext anzugehen, also mit der Sanierung des Zeughauses. Das würde eine neue, lebendige Struktur schaffen", sagt der Museumsleiter.

Es gilt weiter abzuwarten. Als Historiker hat Reiß ein professionelles und deshalb recht gelassenes Verhältnis zur Zeit. Er erinnert amüsiert daran, dass die Sanierung des Zeughauses schon einmal unmittelbar bevorstand. So hatte es der bayerische Kultusminister Hans Maier in seiner Festansprache zur Eröffnung des Bayerischen Armeemuseums im Schloss angekündigt. Das war im Mai 1972.