Ingolstadt
Fastenkur im Kerzenlicht

Der Radiomoderator Oliver Scholtyssek verzichtet eine Woche lang auf elektrischen Strom

05.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:33 Uhr

Fasten ohne Strom: Der Radiomoderator Oliver Scholtyssek verzichtet noch bis Samstag auf Elektrizität in seiner Wohnung. Für die Tagesplanung brauche er jetzt "wahnsinnig viel Zeit", sagt er. - Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Eingefleischten Radiohörern ist Oliver Scholtyssek seit einem Vierteljahrhundert vor allem ein Begriff als die markante Stimme am Mikrofon beim Regionalsender Radio IN. Derzeit sorgt der Moderator jedoch mit einem spannenden Selbstversuch außerhalb des Funkhauses für Aufsehen.

Seit Samstag, 0.00 Uhr, verzichtet der Ingolstädter in seiner Altstadtwohnung auf Strom. Eine ganze Woche lang will Scholtyssek das durchhalten und damit seinen Beitrag zur Fastenzeit leisten. Die hat am Aschermittwoch begonnen. Langweilig wird ihm dabei angesichts der geplanten Vorhaben sicher nicht. Gut 15 Stunden nach dem Start weiß er auch schon, worauf er die nächsten Tage achten muss und was er so schnell nicht wieder machen wird: alles erledigt haben bis Sonnenuntergang und Wäsche waschen wie anno dazumal. Das habe er am Samstagvormittag im Bauerngerätemuseum in Hundszell ausprobiert, erzählt Scholtyssek. "Früher hat das fünf Tage gedauert, das könnte ich unter der Woche gar nicht machen", lautet sein Fazit. Eine völlig neue Erfahrung sei auch die Stille, die er im Dunkeln viel intensiver wahrnehme. Abhilfe schafft dann die große Laterne mit einer brennenden Kerze darin, mit der Scholtyssek wie ein Nachtwächter durch die Wohnung wandert.

Dass es in der Wohnung ansonsten duster ist, liegt nicht nur daran, dass der Moderator auf elektrisches Licht verzichtet; das Haus, in dem er wohnt, wurde im 15. Jahrhundert erbaut und besitzt deshalb nur kleine Fenster. "Es ist quasi wie geschaffen für das Experiment", stellt er amüsiert fest, führt durch die gedrungenen Räume mit dicken Mauern und dicken Dachbalken und zeigt, dass wirklich alles abgeschaltet und abgedreht ist - vom Kühlschrank bis zum Warmwasser. Auch das Handy ist aus. Allerdings spielt das Radio, als das Gespräch beginnt. "Das ist aber ein Kurbelradio", rechtfertigt sich der Hausherr und demonstriert sogleich, wie er das Gerät ohne Fremdstrom zum Laufen bringt. Es sei ihm gegönnt angesichts des Kontrastprogramms, das er sich für die nächsten Tage zurechtgelegt hat. Scholtyssek will das Gemüseeinwecken mit dem Gaskocher ausprobieren und endlich Ukulele spielen lernen. "Das Instrument und ein Handbuch habe ich mir vor über einem Jahr zugelegt", sagt er. An einem anderen Abend schauen die Kollegen zum Spieleabend bei Kerzenschein vorbei.

"Ich möchte aufzeigen, was es mit uns macht, wenn der Strom weg ist - aber ohne erhobenen Zeigefinger", erklärt Scholtyssek und ergänzt: "Immerhin war Strom in Ingolstadt vor gut 100 Jahren noch keine Selbstverständlichkeit." Ihm sei aufgefallen, dass "wahnsinnig viel Zeit" benötigt werde, den Tag zu organisieren. Zeit, die übrig bleibe, weil stundenlange Freizeitbeschäftigungen wie Fernsehen plötzlich wegfallen. Ganz nebenbei sei seine Fastenkur die optimale Symbiose aus viele guten Vorsätzen, zu denen für ihn auch die bewusstere Ernährung zählt. Denn eine Pizza, zubereitet auf dem Gaskocher, wird es in dieser Woche sicher nicht geben. Nur das letzte Päckchen Frühlingsrollen aus dem Kühlfach, das gerade auftaut, will Scholtyssek noch aufbrauchen.

Wie die Woche für Scholtyssek verläuft, darüber berichtet der Moderator täglich in der Morgensendung bei Radio IN. Auch über seinen "größten Horror", wie er sagt - das kalte Duschen. Wie sich das anhört, bleibt dem Publikum nicht vorenthalten, denn der Radiomann dokumentiert die Laute und Geräusche, die eine Welt ohne Strom hervorbringt, mit dem Mikrofon. Das sei dann auch wirklich der einzige mit Batterien betriebene Gegenstand, den er während der Zeit benütze, versichert Scholtyssek. Man darf also gespannt sein.