Ingolstadt
FCI-Fan spuckt Polizeibeamten an

Amtsgericht verhängt einmonatige Haftstrafe gegen achtfach vorbestraften Ingolstädter Verteidigung fordert Freispruch

29.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:24 Uhr

Ingolstadt (DK) Derbys im Fußball können hitzig sein. Ingolstädter und Augsburger stehen sich durchaus rivalisierend gegenüber. Doch am 5. November im vergangenen Herbst hatten die Gäste beim Bundesliga-Spiel der beiden Vereine überhaupt nichts damit zu tun, dass es am Zaun des Audi-Sportparks zu einem Zwischenfall kam, der jetzt sogar das Ingolstädter Amtsgericht beschäftigte. Ein FCI-Fan war gegen die Ordner des eigenen Klubs und einen Ingolstädter Polizisten ausfällig geworden.

Richter Rupert Herbst schaute dem Angeklagten ganz lange in die Augen und hielt auch dessen Blick stand. Sein Urteil hat es in sich: Herbst will den 39-jährigen Ingolstädter wegen Beleidigung für einen Monat ins Gefängnis schicken - eine Bewährungschance sah er nicht mehr. "Einmal kurz absitzen, das ist die richtige Lektion für Sie", so der Richter zu dem gelernten Maurer. Was sich der Fußballfan geleistet habe, "das ist natürlich 'ne Sauerei". Nach Herbsts voller Überzeugung hatte der Ingolstädter Anhänger einen sogenannten szenekundigen Beamten der Polizeiinspektion am Rande des Spiels absichtlich angespuckt. Er könne sich nicht vorstellen, wie das aus Versehen passiert sein sollte.

So stellte es der FCI-Fan aber dar. Auslöser für alles war zunächst aber einmal eine ganze andere Situation gewesen. Angeblich "wie immer" wollte der Ingolstädter mit seinen Spezln in der Halbzeitpause das Stadion über ein Notausgangstor verlassen und zu einem nahen China-Restaurant gehen. Ein Bereichsleiter der vom FCI eingesetzten Sicherheitsfirma sagte den Männern aber klipp und klar, dann kämen sie nicht mehr rein; so seien die Regeln. Das hätten die Dauerkarteninhaber nicht einsehen wollen, "ein Wort ergab dann das andere", so der Security-Mann vor Gericht. Er habe damals uniformierte Polizisten hinzugeholt und gesagt: "Der Herr würde gerne das Stadion verlassen" - heißt: Der 39-Jährige bekam ein Hausverbot für diesen Tag. Das soll der Angeklagte mit einem derben Spruch in seiner Muttersprache über die Mutter des Sicherheitsmannes quittiert haben. Diese Beleidigung ließ sich aber vor Gericht nicht aufrechterhalten. Wie er eingestehen musste, hatte sich der angeblich Beleidigte den Ausdruck von einem Arbeitskollegen übersetzen lassen, der aber auch kein Muttersprachler war.

Der Angeklagte will die Schimpftirade ohnehin nur so vor sich hingesagt haben. Ähnlich unschuldig gab er sich zum Kerngeschehen des Prozesses. Denn auf die Situation am Stadionzaun waren jene Beamten der Polizei, die ständig (in Zivil) im Fanlager unterwegs und sehr bekannt sind, aufmerksam geworden. Er habe, so berichtete ein Hauptkommissar der Inspektion, sich als Polizist zu erkennen gegeben und den aufgebrachten 39-Jährigen vom Zaun weggebeten. "Da hatte sich eigentlich alles beruhigt", so der Polizist. "Völlig überraschend" habe der Fan ihn dann aber angespuckt und die Seite seiner Jacke getroffen. "Für mich war der Eindruck, dass er das absichtlich gemacht hat." Er habe ihm danach auch quasi herausfordernd in die Augen geblickt. Die Kollegen des angespuckten Beamten schritten ein und fesselten den FCI-Anhänger dann.

Drei Tage später meldete sich der Angeklagte bei der Polizei und entschuldigte sich für den Vorfall, "für die ganze Situation, dass es überhaupt zu so etwas gekommen ist", erklärte der 39-Jährige dem Gericht, wies aber weiterhin jegliche Absicht zurück. Er habe demonstrativ auf den Boden spucken wollen. Wenn er den Polizisten getroffen habe, tue ihm das leid. Die Entschuldigung habe er "sehr wohl gehört", so der Hauptkommissar. Annehmen wollte er sie nicht. Spucken, erklärte er, "ist was absolut Niederträchtiges!"

Er fühle sich "wie im falschen Film", sagte Reinhard Riedl, der Verteidiger des Angeklagten. Ein zielgerichtetes Spucken könne man aus den Schilderungen keinesfalls ableiten. Das könne man auch nicht als Beleidigung sehen. Und weil es keine "fahrlässige Beleidigung" gebe, sei sein Mandant freizusprechen.

Riedel warnte davor, den Angeklagten in der aktuellen Diskussion um Respektverlust gegenüber Polizei und Rettungskräften einzuordnen. "Das ist hier sicher nicht der Fall, um ein Exempel zu statuieren."

Richter Herbst sah das ganz anders. Der Angeklagte sei alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Der präsentierte sich als friedlicher Familienvater, brachte aber schon satte acht Vorstrafen mit - fast alle wegen Körperverletzungen und Beleidigungen. Auch Widerstand gegen Beamte ist dabei. "Es ist nicht so, dass, wenn Ihnen die Gäule durchgehen, Ihnen das wesensfremd ist", sagte der Richter. Er tue sich nach vielen verhängten Geldstrafen "sehr schwer", noch einmal eine zu verhängen und zu glauben, diese würden den Angeklagten von weiteren Straftaten abhalten. Die kurze und laut Herbst "nicht übertriebene" Haftstrafe von einem Monat könne aus seiner Sicht aber auch nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. "Sie hatten schon Arbeit, Frau und Kinder, als sie Straftaten begangen haben."

Die Verteidigung kündigte umgehend Berufung an. Man sieht sich also vor dem Landgericht wieder.