Ingolstadt
Die Waffen Christi

Saisoneröffnung im Bauerngerätemuseum: Ausstellung über Passionsdarstellungen in der Volkskunst

24.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:46 Uhr
Marterwerkzeuge und deren Symbole sind Attribute der Arma-Christi-Kreuze. Das Exemplar in der Mitte hat Intarsien aus Stroh. Andreas Schmidt (unten links) hat die Schau zusammengestellt. −Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Ein ambitioniertes Jahresprogramm mit gleich drei Sonderausstellungen hat sich das Bauerngerätemuseum in Hundszell heuer vorgenommen. Die erste wurde jetzt eröffnet. "Arma Christi" nennt sich die Schau, die Passionsdarstellungen in der Volkskunst zeigt.

Es ist eine Bildsprache, die uns heute fremd geworden ist. Genauso wie der Begriff selbst. Die Waffen Christi? Nichts anderes bedeutet der begriff Arma Christi. "Den kennt heute kaum einer mehr", stellte denn auch Max Böhm bei der Ausstellungseröffnung völlig zutreffend fest: "Früher war das anders", so der Leiter des Bauerngerätemuseums, der anstelle des erkrankten Kulturreferenten Gabriel Engert in die Schau einführte. Obendrein scheint auch noch das für die meisten wohl ziemlich irritierende Plakat zur Ausstellung genau das Gegenteil vom Titel darzustellen: eine Art Kreuz mit etlichen Gegenständen wie etwa einem Würfel oder einer Lanze.

Wer das Rätsel lösen will, kommt nicht umhin, sich mit dem christlichen Volksglauben zu befassen. Dabei steht die Passion Christi im Mittelpunkt, das Leiden des Gekreuzigten in der Fastenzeit. Daher auch die ungewöhnlich frühe Saisoneröffnung im Bauerngerätemuseum. Und die Arma Christi? Das waren ursprünglich die Werkzeuge, mit denen Christus gemartert worden ist. Die Lanze, mit dem ihm am Kreuz die Seite durchbohrt wurde, die Würfel, mit denen die römischen Soldaten um sein Kleid würfelten, der Schwamm, der mit Galle oder Essig getränkt war. Der christliche Erlösungsglaube dichtete diese Marterwerkzeuge um in die Waffen Jesu, mit denen er Sünde, Leid und letztlich den Tod besiegt.

In der Volkskunst war die Zusammenstellung dieser Arma Christi in Kreuzen sehr beliebt, da sie die Leidensgeschichte ungemein bildhaft vor Augen führen. Diese Kreuze standen in den Wohnungen der Gläubigen, in Kirchen findet man sie so gut wie nie. Hergestellt wurden diese Zeugnisse der Volksfrömmigkeit von einfachen Leuten, Handwerkern und Bauern, die den Winter oft für diese Arbeiten nutzten. "Deshalb findet man sehr oft Gegenstände aus dem Arbeitsalltag", so Böhm. Man darf nicht vergessen, dass viele damals weder lesen noch schreiben konnten, daher die bildhaften Darstellungen. Und nicht selten war die Volkskunst ein kleines Zubrot für die Menschen.

"Arma-Christi-Kreuze waren für die häusliche Andacht bestimmt", ergänzt Andreas Schmidt, der die Ausstellung kuratiert hat. Sie hingen vornehmlich in der guten Stube, standen aber auf den Höfen auch im Freien oder an Wegkreuzungen. Einige haben sich auch im Ingolstädter Raum erhalten. Im Volksglauben versprachen sie Schutz vor Unglück, Krankheit und Tod, so der Volkskundler. Die Kreuze waren fast ausschließlich im süddeutschen Raum verbreitet und erlebten ihre Hochzeit im 18. und 19. Jahrhundert.

Sie waren nicht für den Verkauf gedacht, wurden nicht in Serie gefertigt und sind - je nach Können - von höchst unterschiedlicher Qualität. Die Ausstattung war teilweise dennoch sehr üppig: Wie Schmidt weiß, hingen bis zu 30 Objekte an einem Kreuz.

Die ausgestellten Objekte stammen fast alle aus dem Besitz eines Ingolstädter Privatsammlers, dessen Bestände von hoher Qualität sind und allesamt völlig authentisch, also nicht restauriert. Wer mehr als nur einen flüchtigen Blick auf die Arma Christi wirft, wird schnell feststellen, wie vielfältig die Darstellungen sind: farbige Kastenbilder aus dem 19. Jahrhundert, einfache Kruzifixe aus dem Bayerischen Wald, nicht selten mit Doppelbalken, Intarsien aus Stroh, sogenannte Eingerichte, also kleine Kreuze in Glasbehältern, Kriegsgefangenenarbeiten aus dem Ersten Weltkrieg sowie außerdem Reliquienbilder, Wallfahrtsmedaillen, Fraisketten, Stickbilder oder Rosenkränze. Außergewöhnliche Objekte sind beispielsweise eine äthiopische Kreuzigungsszene auf Ziegenhaut oder Tuschezeichnungen des Ingolstädter Künstlers Tom Braun.

Die Passionsdarstellungen sind noch bis Anfang Juni zu sehen. Bereits Ende April wird die nächste Sonderausstellung eröffnet. Sie trägt den Titel "Friedhof der Traktoren". Die ehemaligen Landmaschinen-Händler Dietrich aus Neustadt an der Donau haben eine beispiellose Sammlung an Bulldogs und landwirtschaftlichen Geräten zusammengetragen. Die Besucher erleben diese Sammlung in den Fotografien von Gabriele Neumaier.

"Utopie Landwirtschaft" heißt die dritte Sonderausstellung dieses Jahres. Sie wird zusammen mit fünf weiteren Museen erarbeitet und verspricht einen spannenden Blick auf agrarische Utopien, von denen die Menschen immer geträumt haben: vom Garten Eden bis hin zu den Plänen einer vertikalen Landwirtschaft.