Ingolstadt
Die "Twin Towers" von Ingolstadt

BZA übt massive Kritik an geplanter Hochhaus-Bebauung an der Weningstraße "Totale Veränderung des Südostens"

26.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:08 Uhr

Sieht so künftig das Ortsbild im Augustinviertel aus? Diese Fotomontage, die den Blick von der Kirche St. Augustin aus entlang der Feselenstraße zeigt, stieß im Bezirksausschuss auf Entsetzen. Die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft weist darauf hin, dass das Bild nicht die geplante Fassadenart und -farbe wiedergibt, sondern lediglich Höhe und Ausmaß des Projektes. ‹ŒQuelle: GWG

Ingolstadt (DK) Massive Kritik übten Anwohner und Mitglieder des Bezirksausschusses Südost an der geplanten Hochhausbebauung in der Weningstraße. Die knapp 60 Meter hohen Wohntürme werden das Ortsbild im gesamten Südosten verändern. Die "Twin Towers von Ingolstadt", wie ein Bürger meinte?

"Ja pfiat di Gott", stöhnte ein Besucher der Sitzung des Bezirksausschusses Südost am Dienstagabend, als Peter Karmann, der Geschäftsführer der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GWG), das Projekt vorstellte. Vor allem eine Computeranimation, die das künftige Ortsbild vom Standort der Augustinkirche aus zeigt, stieß auf blankes Entsetzen: "Wahnsinn", "eine Katastrophe", hieß es aus dem Publikum. Selbst der BZA-Vorsitzenden Christine Einödshofer raubte das, was da auf der Leinwand zu sehen war, kurzzeitig den Atem: "Das ist eine totale Veränderung des gesamten Südostens."

Dabei wurde der Punkt im Bezirksausschuss nicht zum ersten Mal behandelt. Der Stadtrat hat die Aufstellung des dafür nötigen vorhabenbezogenen Bebauungs- und Grünordnungsplans bereits im Juli abgesegnet. Jetzt geht es in die weitere Planung. Unter anderem werden die bei der öffentlichen Auslegung vorgebrachten Einwendungen ausgewertet. Auch die im Bezirksausschuss geäußerten Bedenken werden dabei einfließen, betonte Karmann. Allerdings: An der grundsätzlichen Höhe werde sich wohl nicht mehr viel ändern. Diese sei im Bebauungsplan vorgegeben, der Stadtrat hat dafür votiert, "in die Höhe zu gehen".

Wie mehrmals im DONAUKURIER berichtet, sollen auf einer Fläche von rund 6700 Quadratmetern zu dem bestehenden früheren KIM-Hochhaus, das mittlerweile den Namen Greenhouse trägt und 39 Apartments für Auszubildende (von denen 30 Audi belegt hat) beinhaltet, in zwei Bauabschnitten drei weitere Gebäude mit Einzelapartments und Mehrzimmer-Wohnungen für Wohngemeinschaften dazukommen. Insgesamt sollen damit rund 300 Wohnplätze geschaffen werden. Der erste Bauabschnitt, um den es im BZA vorrangig ging, sieht zwei 19-stöckige Hochhäuser vor, die das bisherige Greenhouse um fast die Hälfte überragen würden. In einem zweiten Bauabschnitt, wenn 2019 der Mietvertrag für das derzeit von Asylbewerbern genutzte ehemalige Tillyhaus ausläuft, soll ein drittes Hochhaus, das in etwa die Höhe des Greenhouses aufweist, entstehen. Als Referenzbauwerk gelte das Liebfrauenmünster, betont Karmann. Das heißt: Die Hochhäuser dürfen nicht höher als das Kirchenschiff sein.

"Zu schnell, zu hoch", lautet das Urteil von BZA-Mitglied Sebastian Knott. Bereits jetzt werde das Viertel vom KIM-Haus dominiert. Für Otto Pfaffenzeller macht die Planung "das Augustinviertel kaputt". Sein Vorschlag, die Türme besser ins ohnehin "verschandelte Piusviertel" zu setzen, wo sie näher am Audi-Werk wären, stieß im Publikum auf Applaus.

Die Gemeinnützige hat eine klare Vorgabe der Stadt, Wohnraum zu schaffen. Doch das Ausmaß der Hochhausplanung schlägt auch BZA-Vorsitzender Christine Einödshofer auf den Magen. Die Anwohner fürchten, kein Sonnenlicht mehr zu haben. Überhaupt reichten die Baukörper zu nah an die bestehenden Häuser heran. "Kann man die nicht etwas verschieben", fragte eine Frau. Und die Gebäude "nicht so hoch, dafür mehr in die Breite" bauen? Am besten wäre, "nur ein Haus zu bauen". Über eine Verschiebung werde er mit dem Stadtplanungsamt reden, meinte Karmann. Was die Höhe anbelangt, machte er den Anwohnern wenig Hoffnung. "Wir werden versuchen, die beste Lösung zu finden", so Karmann. Der BZA wird die "massiven Bedenken der Anwohner", was die Höhe der Gebäude und den Einfluss aufs Ortsbild anbelangt, an die Stadtverwaltung weitertragen. Auch das Thema "Verschattung", damit verbundene Sorgen um die Nutzung von Solaranlagen, die Anregung, die Höhe zu reduzieren, die Abstandsflächen zu vergrößern und die Frage eines Anwohners, ob es möglich sei, den Nutzerkreis zu öffnen und nicht nur Apartments für Jugendliche zu schaffen, sollen in die Stellungnahme einfließen.

Auch, wenn die Besucher der Sitzung, die im Gemeindesaal von St. Markus Am Anger stattfand, von dem Projekt wenig begeistert waren, GWG-Chef Peter Karmann und sein Mitarbeiter Alexander Bendzko bekamen für ihre ausführlichen Informationen Applaus. Was auch daran liegen mag, dass beim Punkt zuvor, als es um den Rahmenplan "Am Anger 50 - 60" ging, ein Bürger bemängelte, dass der "Erkenntnisstand des Bezirksausschusses nicht größer ist, als der der Zuhörer". Man habe zu dem Punkt einen Vertreter der Stadt eingeladen, aber nur "eine Powerpoint-Präsentation bekommen", so Einödshofer.

Der Rahmenplan sieht für einen Teil des Bebauungsplanes aus dem Jahre 1980 - einer auf einer Fläche von 8400 Quadratmeter gelegenen Wohnanlage der GBW Oberbayern und Schwaben - hinter dem Gemeindesaal St. Markus zwei weitere Gebäude und die Aufstockung der sechs Bestandsgebäude um eine vierte Etage vor. Eine weitere Nachverdichtung, wie es in der Sitzung hieß. Für die Aufstockung werden die bestehenden Satteldächer in Pultdächer umgewandelt. In den zusätzlich entstehenden Wohnblocks entstehen insgesamt 32 Wohneinheiten.

Im BZA ging es vor allem um die Stellplätze, die dafür vorgegebene Quote und die Frage, ob die zusätzliche Tiefgarage auch genutzt werde. Dass, wie aus der Vorlage für die Stadträte, die heute über den Plan abstimmen, hervorgeht, an fünf Stellen die zulässigen Abstandsflächen überschritten werden, war kein Thema.