Ingolstadt
"Die Fotos sind dann irgendwo"

Freibäder verschärfen ihre Badeordnung - Vereinzelt ist das Fotografieren verboten

18.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:37 Uhr

Ein Erinnerun - foto: Rafael (7), Renate Mußack, Heike (8) und Markus (9) verbringen die Sommerferien im Ingolstädter Freibad. Gabi Klaschka-Mamikonian (rechts) hält den Moment mit einem Foto fest. Ihre Schwester und ihre Neffen und Nichten sieht sie nur einmal im Jahr. Hinweisschilder am Eingang weisen darauf hin, dass das Fotografieren von Unbekannten nicht erlaubt ist. ‹ŒFoto: Eberl/Hammer

Ingolstadt (DK) Zahlreiche Freibäder in Bayern haben seit dieser Saison ihre Badeordnung im Hinblick auf das Fotografieren verschärft. Schilder weisen daraufhin, dass man Unbekannte ohne Einwilligung nicht fotografieren darf - so auch in Ingolstadt. Wie sehen das eigentlich die Eltern?

Mädchen und Buben rennen wild durcheinander. Die Kleinkinder wackeln ihren Geschwistern hinterher. Auf den Decken neben den Schwimmbecken sitzen Eltern, Großeltern und Tanten und passen, während sie sich unterhalten, auf die Kleinen auf. Es ist ein ganz normaler Sommertag im Ingolstädter Freibad. Die Kinder genießen es, sich abzukühlen, die Eltern die freien Minuten, in denen ihre Sprösslinge mit anderen spielen. Während die Größeren ins Kinderbecken hüpfen und auf der Treppe zur Rutsche hochklettern, bleiben die Jüngeren am Sandkasten mit Wasserrinne stehen. Eine stolze Mutter fotografiert ihren Buben in Schwimmwindel, der eine Sandburg baut. Direkt daneben stehen fremde Kinder ohne jegliche Bekleidung. Ein Freiheitsgefühl, das bei den hohen Temperaturen sehr gelegen kommt. Fotos solcher Szenerien sind bei der verschärften Badeordnung seit dieser Saison in zahlreichen Freibädern in Bayern und Deutschland nicht mehr erlaubt.

Schilder am Eingang weisen die Badegäste auf die neue Vorschrift hin: "Das Fotografieren und Filmen fremder Personen und Gruppen ohne deren Einwilligung ist nicht gestattet!" Damit es auch Auswärtige verstehen, steht das Verbot noch in Englisch, Französisch und Arabisch. Daneben ist eine durchgestrichene große Fotokamera abgedruckt. "In unserer Hausregel steht das schon länger, das Schild haben wir diese Saison zusätzlich aufgehängt", erklärt Roland Regler, Betriebsleiter im Freibad. Somit könnten sich später die Besucher nicht herausreden, wenn sie auf das Verbot hingewiesen werden. Dabei ist die Einschränkung nichts Neues: Das Recht am eigenen Bild ist bereits mit Artikel 2 in Verbindung mit Artikel 1 des Grundgesetzes - dem "Recht auf informationelle Selbstbestimmung" - geschützt. Konkret: Für ein Foto muss der Fotografierte seine Einwilligung geben. "Wenn einer einfach herumfotografiert, dann sprechen wir den an", betont Regler. Allerdings sei es in den vergangenen Jahren zu keinem solchen Zwischenfall gekommen. "Das Schild haben wir aufgehängt, weil es diese Saison eine Empfehlung vom Bäderwesen gibt", antwortet der Betriebsleiter auf die Frage,warum das Fotografieren aktuell ein großes Thema sei. Dabei handelt es sich um die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen. Einem kompletten Fotografieverbot steht Regler kritisch gegenüber: "Wir können ja nicht alle Besucher kontrollieren."

"Wir haben die Schilder am Eingang gar nicht gesehen", sagt Marc Sagrauske. Ähnlich geht es auch anderen Eltern. Der Familienvater findet die Situation, wenn sein Kind auf einem Bild unabsichtlich mit fotografiert wird, nicht schlimm. Ähnlich sieht es auch Ehefrau Jördis Sagrauske. Aber: "Wenn sich mein Sohn in der Öffentlichkeit umzieht, wie es ja bei Kindern so üblich ist, und ein Foto gemacht wird, finde ich das nicht gut." Schließlich wisse man nicht, welche "Schindluder mit den Fotos getrieben werden".

Eine ähnliche Meinung hat auch Ursula Bergmann: "Die Fotos sind dann irgendwo, und man weiß nicht, was damit geschieht." Die Medienwelt habe sich verändert, und durch die Digitalisierung seien die Kanäle, in denen möglicherweise die Fotos verbreitet werden, sehr undurchsichtig. Deswegen: "Ich habe meine Kinder darum gebeten, dass sie mir Fotos von meinen leicht bekleideten Enkelkindern beim Schwimmen gar nicht über das Smartphone schicken sollen." Sie kann sich noch daran erinnern, dass sie vor 35 Jahren für ein Sommerbild vor der Linse des DONAUKURIER im Kinderbecken stand. "Damals standen jeweils links und rechts von mir Kinder ohne Badehose oder Badeanzug." Damals nahm das Foto eine halbe Seite in der Zeitung ein, und es sei kein Thema gewesen, dass darauf nackte Kinder zu sehen waren.

Doch die Zeiten haben sich geändert. "Ich sehe meine Neffen einmal im Jahr, und da wollen wir natürlich Erinnerungsfotos machen", erklärt Gabi Klaschka-Mamikonian. Sie macht von Rafael, Heike und Markus ein Bild mit ihrem Smartphone auf der Picknickdecke. Dass in anderen Städten, wie in Offenbach, die Handys und Kameras komplett verboten sind, kann sie nicht nachvollziehen. "Wir warten hier auf meine Tochter, und sie ruft mich an, wenn sie da ist", erklärt die Ingolstädterin. Schließlich sei das Smartphone nicht nur zum Fotografieren da. "Ich bin nicht bei Facebook und würde auch nie ein Foto von meinen Kindern in sozialen Netzwerken posten", verdeutlicht Melanie Hummel. René Gegenfurt mache das Fotografieren nichts aus: "Wenn einer durchs Bild läuft, dann hat er Pech gehabt." Schließlich könne man nicht warten, bis da alle aus dem Hintergrund verschwunden sind. Es handle sich ja immerhin um ein öffentliches Freibad.