Ingolstadt
Ein Job für Freischwimmer

Sommerserie "DK-Ferienjob": Hinter den Kulissen des Freibades Aquamarin

03.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:41 Uhr

Maschinen überprüfen und Flüssigkeiten nachfüllen: In einem zweistöckigen Raum befindet sich die Wassertechnik des Freibads. Mehrere Filter halten die Becken sauber.

Ingolstadt (DK) In der Sommerserie "DK-Ferienjob" schlüpfen Redakteure in verschiedene Berufe und übernehmen eine Zeit lang neue Aufgaben. Heute arbeitet eine Volontärin hinter den Kulissen des Freibades Aquamarin.

Die Sonne geht langsam am Horizont auf, die Vögel schlummern noch, es herrscht Stille. Die Zeiger der Armbanduhr stehen auf 5.45 Uhr. Eine Art Dornröschenschlaf umhüllt Gaimersheim. Im Kontrast dazu herrscht hinter den Gittertüren des Aquamarins geschäftiges Treiben. Bei noch angenehmen 19 Grad Außentemperatur bereitet Cornelia Wittmann das Freibad für den täglichen Betrieb vor - an diesem Tag mit einer Aushilfe des DONAUKURIER. Die neue Kraft kommt in langer Hose und geschlossenen Schuhen. Kurzum: Komplett unpassend gekleidet, um die Becken zu reinigen. Trotzdem muss die Aushilfe nicht in Unterhose ins Wasser gehen, auch an Land gibt es genügend zu tun.

Wittmann ist normalerweise alleine für die Vorbereitungen im Freibad verantwortlich. Vier Stunden hat die Fachangestellte für Bäderbetriebe Zeit, um sich um die 900 Quadratmeter große Wasserfläche zu kümmern. Um 10 Uhr öffnet dann das Freibad und die Gäste stehen an so einem heißen Tag Schlange - heute sind 32 Grad Höchsttemperatur vorhergesagt. Dabei sind die Stunden von 6 bis 10 Uhr straff durchgetaktet.

Als Erstes müssen die Maschinen überprüft werden. Hinter einer Stahltür geht es zu dem Herzstück der Wassertechnik. Ohrenbetäubender Lärm dröhnt einem entgegen. Meterhohe grüne Tanks nehmen den Großteil des Raumes ein. "Das sind die Filter", erklärt die sportliche, mit kurzer Hose und dunklem T-Shirt gekleidete Frau. Große Fischaugen an den Behältern lassen erahnen, wie viel Dreck sich in den insgesamt vier Becken und der Außenrutschanlage befindet. Hier und da schwimmen Haargummis herum, Pflaster und Haarbüschel. "Der Filter vom Kinderbecken muss gereinigt werden", kündigt Wittmann an. Die DK-Aushilfe fürchtet Schlimmes: Wie sollen innerhalb von zehn Minuten die meterhohen Tanks gereinigt werden? Die Technik macht es möglich. Per Computer weist die Fachangestellte die Maschine an, Wasser abzulassen, Luft hineinzublasen und den Tank wieder mit Frischwasser zu befüllen. Für einen Neuling sind die vielen Zahlen und Schaltknöpfe verwirrend. "Die Luft wirbelt den Sand am Boden des Tanks auf und die Schmutzpartikel werden an die Oberfläche getrieben", erklärt die erfahrene Angestellte. Anschließend wird das Schmutzwasser abgeführt. "Es werden 193 000 Liter Frischwasser am Tag im Freibad hinzugefügt", erklärt Schwimmmeister und Betriebsleiter Gerald Brandl, während er sich gerade mit dem Akkuschrauber bewaffnet auf den Weg zum Sonnendeck macht. Richtwert ist pro Gast 30 Liter Frischwasser.

Nach dem maschinellen Filterreinigen darf auch die DK-Aushilfe Hand anlegen. Mehrere Kanister mit flüssigem Mittel stehen in einer Ecke des Kontrollraums. Ein pH-Senker. Die Behälter sind per Schläuche mit den Filtern verbunden. Stellt die Maschine fest, dass zu viel Chlor in den Becken ist, wird das Mittel automatisch in den Tank gefüllt. Die Kanister müssen immer wieder befüllt werden. Die Muskelkraft des Neulings lässt allerdings um 6 Uhr in der Früh noch zu wünschen übrig - der Verschlussdeckel will sich nicht so recht öffnen lassen. "Für die Frauen haben wir eine Zange", sagt Wittmann schmunzelnd.

Sind die Filter gereinigt und die Behälter befüllt, muss der Sauger in den Becken umgehoben werden. Seit 5.45 Uhr dreht die Maschine in den Tiefen des Sprungbeckens ihre Runden und reinigt den Boden. Jetzt ist das Schwimmerbecken dran. Dabei weiß die Ingolstädterin genau, wie lange der Sauger für das 25 Meter lange Becken braucht: eine Stunde und 15 Minuten. Die Fachangestellte hat dabei immer wieder die Digitalanzeige am Sonnendeck im Blick. Denn: Die Zeit bis zur Öffnung verfliegt wie im Flug. An einem Schlauch zieht die seit zwei Jahren im Aquamarin tätige Mitarbeiterin den Sauger aus dem Wasser, fährt ihn auf einen kleinen Sackkarren und schiebt ihn zu dem nächsten Becken.

Ist die Maschine für die nächste Stunde beschäftigt, geht die sportliche Frau ihren ersten Rundgang. Auf dem Sonnendeck liegen Zigarettenstummel, auf der Liegewiese vergessene Wasserbälle und Schwimmflügel und zwischen den Becken Pflaster. Reste, die rund 2800 Besucher vom Vortag liegen haben lassen. Die Fachangestellte links und der Neuling rechts heben fast schon synchron die Müllreste auf und werfen diese in den nächstgelegenen Mülleimer - praktischerweise gibt es davon auf dem Gelände zu genüge. Die gebückte Haltung treibt einen den Schweiß in die Augen. Anschließend werden die vergessenen Wasserbälle, Handtücher und Schwimmflügel in den Kassenbereich jongliert. "Die Leute denken, dass es hier Personal gibt, das sich darum kümmert." Anschließend fegt Wittmann dieses Mal wieder das Kinderbecken. "Die Folie würde der Sauger einsaugen und deswegen reinigen wir per Hand."

Mittlerweile ist es 7.30 Uhr, 21,8 Grad warm, und Vogelgezwitscher mischt sich unter das Rauschen der Abflüsse. Auf dem Putzplan stehen heute die Scheiben der Außenrutsche. Erst wird mit Essigreiniger vorgearbeitet, dann abgespritzt und letztendlich abgezogen. Als die Innenseite der Scheiben an der Reihe ist, ist die Aushilfe froh, dass sie die kurze Hose doch daheim hat liegen lassen. Denn: Eine tote Maus treibt im Rutschbecken herum! Das Nagetier, das den Freischwimmer nicht erfolgreich abgeschlossen hat, wird später entfernt.

Nach dem Beseitigen des ungebetenen Gastes steht der nächste Rundgang auf dem Programm. "Normalerweise fahre ich den Zaun mit dem Fahrrad ab", sagt die Chefin, die seit 19 Jahren im Bäderbetrieb arbeitet. Allerdings ist die Aushilfe so unsportlich, dass sie bequem mit dem Auto zum Aquamarin gefahren ist. Also: den Zaun ablaufen. "Ich schaue immer, ob Löcher im Zaun sind." Schließlich wurde vor ein paar Wochen ein Loch im Maschendraht entdeckt.

Nachdem der Sauger ins Erlebnisbecken umgesetzt, das Sonnensegel aufgekurbelt, und die sieben Schirme geöffnet sind, misst Wittmann den pH-Wert. "Die Werte sind alle top", zeigt sich die Mitarbeiterin zufrieden. Doch die Euphorie hält nicht lange an. Denn: Kurz vor 10 Uhr macht der Sauger schlapp. Der Filter der Maschine ist voll und muss schnell gesäubert werden. Die Reinigung wird unterbrochen, der Sauger herausgezogen und ausgespült. Sand, Massen an Haarbüscheln und Hautpflaster haben die Maschine streiken lassen. Anschließend den Sauger schnell wieder zurück zum Becken fahren und ablassen, denn pünktlich um 10 Uhr öffnen die Pforten und die Gäste verlangen Sauberkeit.

Trotz der ganzen Putzarbeit ist für die Ingolstädterin die Arbeit im Freibad ihr Traumberuf: "Man ist draußen in der Sonne, gibt Schwimmunterricht, und unterhält sich mit den Gästen." Zwar ist das Aquamarin im Vergleich zu anderen Bädern in der Region personell gut besetzt, allerdings hat sich auch im Laufe der Jahre in Gaimersheim etwas verändert: "Die Auswahl an Auszubildenden ist nicht mehr so groß", betont Schwimmmeister Brandl. Zahlreiche Abschlussschüler würden sich erst bei dem großen Autokonzern in der Region bewerben, bevor die Übrigen nach Alternativen suchen. "Es ist für viele kein Traumberuf." Dennoch ist das Freibad bei den hohen Temperaturen sehr beliebt. Bereits um 9.40 Uhr stehen die ersten Badegäste vor den noch verschlossenen Türen und warten geduldig auf die nasse Abkühlung - mittlerweile sind es 23 Grad.

Die DK-Aushilfe fährt um 10 Uhr verschwitzt mit schmerzenden Beinen zurück ins Büro, während Wittmann sich schnell duscht und ihre weiße Uniform anzieht. Dann kümmert sie sich bis 15 Uhr um die Sicherheit der Badegäste.