Ingolstadt
Das verhinderte Flüchtlingsheim

Verwaltungsgericht bestätigt Stadt in der Ablehnung eines Bauprojekts an der Bahnlinie in Unsernherrn

07.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:59 Uhr

Ingolstadt (DK) Ein neues Wohnhaus - allein für Asylbewerber? Ein Bauinteressent ist jetzt mit seinem Versuch, unmittelbar an der Bahnlinie in Unsernherrn genau das zu realisieren, gleich doppelt gescheitert: Nach der Stadt hat auch das Münchner Verwaltungsgericht sein Projekt verworfen.

Auf dem vorläufigen Höhepunkt der Flüchtlingskrise vor zwei Jahren waren Kommunen für alle möglichen Unterbringungsangebote, auch von Privatseite, dankbar. Etwa zu diesem Zeitpunkt hatte ein Investor von der Bahn ein Grundstück am Unterlettenweg erworben und sich alsbald einen Plan zurechtgelegt: Er wollte die frisch erstandene Fläche, unmittelbar an der Einmündung in die Klein-Salvator-Straße bei der dortigen Bahnunterführung gelegen, mit einem Wohnhaus bebauen und die vier Dreizimmerwohnungen dann als Flüchtlingsquartiere an die Stadt vermieten.

Doch bis die Planung stand, war der größte Zuweisungsdruck in der Stadt bereits überstanden, waren die heutigen Sammelquartiere für Asylbewerber bereits im Entstehen begriffen. Der potenzielle Bauherr blieb aber bei seinem Vorhaben - und scheiterte mit der Genehmigung durch das Bauordnungsamt.

Die städtischen Bauaufseher monierten vor allem die Lage des geplanten Hauses im Außenbereich. Denn ein ursprünglich für das Areal vorhandener Bebauungsplan (es waren früher mal weitere Gewerbeflächen westlich des Unterlettenweges vorgesehen) ist seit Umsetzung der sogenannten Bahnverlegung bei Unsernherrn in den 90er-Jahren durch die hierfür erfolgte Planfeststellung außer Kraft gesetzt.

Dass am Rande des bewussten Grundstücks noch ein als Biotop kartiertes Wäldchen steht, machte das Bauvorhaben aus Sicht des städtischen Umweltamtes zusätzlich problematisch. Die Stadt wollte aber offenbar vor allem vermeiden, dass - Flüchtlingskrise hin oder her - wegen eines vorgeblich wichtigen Wohnprojektes für Asylbewerber baurechtliche Vorschriften ausgehebelt werden. Im Grunde, so die Argumentation der Verwaltung, entstünden hier bei einem behördlichen Einlenken im Außenbereich vier Wohnungen, die dann später x-beliebig genutzt werden könnten. Denn eine Abstimmung mit dem für die Flüchtlingsunterbringung zuständigen Sozialreferat hatte zuvor gar nicht stattgefunden.

Gegen den ablehnenden Bescheid der Stadt war der Grundstücksbesitzer juristisch vorgegangen. Der Fall landete beim Münchner Verwaltungsgericht, dessen 9. Kammer sich gestern Morgen zu einem Ortstermin mit den Parteien am Unterlettenweg einfand. Das Gericht kannte die Örtlichkeit noch von einer früheren Besichtigung in anderer Sache, damals aber, so die Vorsitzende Richterin Cornelia Dürig-Friedl, "sind wir nicht ins Gebüsch gekrochen".

Diesmal musste man zwar auch nicht kriechen, doch schritt man durchaus ein paar Meter ins Gelände, um die geplanten Baugrenzen und die Entfernungen zu Bahndamm und Bäumen in Augenschein zu nehmen.

Den Richtern wurde dabei schnell klar, dass hier nicht gerade von einer ruhigen Wohnlage zu sprechen ist: Vorbeirumpelnde Züge und lauter Autoverkehr von zwei Straßen ließen die Beteiligten oft ihr eigenes Wort nicht mehr verstehen. Nur sechs Meter, so die grobe Schätzung, würden hier Hauswand und Gleise trennen; das gesetzlich geschützte Wäldchen würde zwar nicht tangiert, doch würde die Einfahrt zum Gebäude - so wie sie in den Plänen vorgesehen ist - eine ebenfalls schützenswerte Wiese anschneiden.

Doch die umweltrelevanten Aspekte des Bauvorhabens waren für die Entscheidung der Verwaltungsrichter letztlich nur sekundär: Sie kamen zu dem Schluss, dass das Grundstück allein schon von der Lage her nicht für eine Wohnbebauung infrage kommen kann. Es sei vom Bundesverwaltungsgericht längst höchstrichterlich geklärt, dass zur Wohnqualität auch gehöre, die Fenster einer Wohnung öffnen zu können - das sei in dieser Lage angesichts der Lärmeinwirkung aus dem Umfeld praktisch nicht möglich.

Die Kammer befand auch, dass die dem Gericht vorgelegten Pläne Maße ausweisen, die sich, so Vorsitzende Dürig-Friedl, "in der Natur nicht wiederfinden". Zu einer Genehmigung führte da einfach kein Weg mehr - die Klage des Bauinteressenten wurde nach kurzer interner Beratung der Kammer noch an Ort und Stelle abgewiesen, das Verfahren eingestellt, dem Kläger die Kosten auferlegt.

Dem verhinderten Bauherrn schwebt nach eigenen Worten dennoch weiterhin vor, aus seinem Grundstück "etwas Schönes" zu machen. Wenn schon kein Wohnhaus möglich sei, dann vielleicht eine Hundepension. Dazu gaben die Vertreter der Stadt erst mal keinen Kommentar ab.