Ingolstadt
Heiß auf Eis

Stabilisatoren und künstliche Aromastoffe kommen nicht in die Tüte: DK-Aushilfe bei den "Eismachern"

29.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:34 Uhr

Im Eismix werden Mohn und Milch mit den anderen Zutaten vermischt. Salvo Rosolia steht der DK-Aushilfskraft mit helfenden Händen zur Seite. Das Gemisch kommt dann in eine Maschine, deren oberer Teil pasteurisiert, bevor es im Gefrierzylinder zu cremigem Eis wird, das in Fünf-Liter-Töpfe abgefüllt wird. Die Tiegel mit zwölf Eissorten stehen abgedeckt und gekühlt in der Eistheke. - Fotos: Hauser

Ingolstadt (DK) Endlich noch mal richtig Sommer. Da liegt der Gedanke ans Eisschlecken natürlich nahe. Doch wie wird die Leckerei eigentlich hergestellt? Und was ist drin? Der DK-Ferienjob gibt Einblick in die Kunst des Eismachens. Wolfgang Erhard und Salvo Rosolia zeigen uns, wie es geht.

Ein Eistest von Sternekoch Nelson Müller fürs ZDF hat uns auf die Idee gebracht, selbst als DK-Aushilfskraft bei einem Eismacher anzuheuern. Müller hatte verschiedene Produkte in Eisdielen, am Kiosk und in der Industrie unter die Lupe genommen. Und erfahren, dass längst nicht jede Eisdiele, die Eis aus eigener Produktion anpreist, tatsächlich echtes Hausmacher-Eis anbietet. Nicht wenige rühren lediglich Fertigmischungen an. Zu den Inhaltsstoffen gehören Stabilisatoren, Farbstoffe und künstliche Aromastoffe. Das ist nach dem Lebensmittelgesetz erlaubt. Aber es geht auch anders.

In Ingolstadt gibt es "Die Eismacher". Der Chef ist Bäckermeister, doch Wolfgang Erhard, der neben seiner Großbäckerei nicht nur eine Eismanufaktur in der Steuartstraße betreibt, sondern im Hauptbetrieb in der Laboratoriumsstraße auch Eis fürs Ingolstadt Village herstellt, hat sich als Eishersteller einen Namen gemacht. Erhard hat bereits vor vielen Jahren in einem Betrieb in München gelernt, Eis zu produzieren. Bevor er jetzt mit einem eigenen Geschäft in die Eisbranche ging, hat er mit seinem italienischen Mitarbeiter Salvo Rosolia die erste deutsche Eisfachschule im nordrhein-westfälischen Wert besucht. Zu den Stammkunden der "Eismacher" gehören glühende Anhänger der Slowfood-Bewegung.

Aus gutem Grund: "Die Eismacher" setzen voll auf Natur: Biomilch, keine künstlichen Aromastoffe, keine Stabilisatoren, Geschmacksverstärker, Farb- oder Konservierungsstoffe. Als Bindemittel dienen Johannesbrotkernmehl und Guarkernmehl. Sie machen das Eis zart und cremig. In der Eistheke wird es nicht, wie in vielen Eisdielen, aufgetürmt, sondern lagert in zwölf geschlossenen Tiegeln. "Weil keine Stabilisatoren drin sind, würde es sonst schmelzen", so Erhard. Außerdem würde sich die Farbe verändern.

Weil handwerklich hergestelltes Eis, wie Erhard sagt, "nicht in dieser Bandbreite" produziert werden kann, gibt es bei den "Eismachern" nur zwölf Sorten, die ab und zu variieren. Derzeit sind es neben den klassischen Eissorten Haselnuss, Pistazie, Vanille, Belgische Schokolade, Joghurt, Erdbeer, Zitrone und Sauerrahm-Heidelbeer auch Mohn, Mango, Milchreis und Kürbiskernöleis. Das Öl für letztgenannte Sorte kommt nicht aus der Steiermark, sondern aus dem Altmühltal - von einem Landwirtschaftsbetrieb aus Wellheim. Kürbiskernöl als Eis? Es schmeckt nussig, höchst interessant, wie wir bei einer Kostprobe erfahren. Fast ein wenig wie Pistazieneis, nur eben doch irgendwie anders. Der Geschmack erinnert etwas an Erdnüsse, falls die Geschmacksnerven uns nicht trügen. Es ist derzeit die exotischste Eissorte, die die "Eismacher" anbieten. Auch Gurke-Dill oder Pesto war schon mal als Eissorte dran. Momentan sei, so Erhard, das Mohneis "der Renner".

Die Türen für erfrischungsbedürftige Leckermäuler öffnen "Die Eismacher" erst um 11 Uhr. Dennoch beginnt für Salvo Rosolia der Arbeitstag schon um 9. Die Aushilfskraft vom DONAUKURIER kommt wenig später dazu. Bevor in der winzigen, einsehbaren Küche die Eismaschinerie auch für die Aushilfe in Gang kommt, erfährt sie zunächst eine Menge Theorie. Etwa, wie wertvoll die verwendeten Zutaten sind. Fürs Vanilleeis wird als Grundlage eine Paste angerührt. Die Rohstoffe dafür sind teuer. Ein Kilogramm des hier verwendeten Gourmet-Vanillepulvers kostet 550 Euro. Dazu kommt das Mark aus der Vanilleschote. Preis für ein Kilo hiervon: "687,50 Euro", wie Erhard verrät. Auch wenn für ein Kilo viele Eistüten rausspringen: Angesichts des Einkaufspreises ist ein kleines Eis für 1,50 Euro nicht zu teuer.

Erlaubt wären zum Eismachen alle möglichen Zusatzstoffe. Auch Fremdfett darf verwendet werden. Doch das kommt bei den "Eismachern" nicht in die Tüte. Sie setzen auf den Fettgehalt der Biomilch und der verwendeten Sahne. Zunächst wird die Vanillepaste angerührt. Eine Prise des Vanillepulvers wird mit dem getrockneten Vanillemark, Glucosesirup, Zucker und Wasser aufgekocht. "Das ist die Grundlage für unser Vanilleeis", erklärt Erhard. Auch die Schote wird als Geschmacksträger mitgekocht.

Wichtig sei, dass zunächst die Trockensubstanzen vermischt werden, erst danach kommen die flüssigen Zutaten hinzu. Fürs Mohneis verwenden die "Eismacher" sogenannten Biodampfmohn. Durch die Einwirkung von Wasserdampf bekommen die Mohnkörner ein besonders intensives Aroma, erklärt Salvo. Milch und Sahne werden auf einer Kochplatte mit Zucker und Dextrose unter Rühren aufgekocht, eine Tätigkeit, wie gemacht für die DK-Aushilfe. Sie muss nur aufpassen, dass das Gemisch nicht überkocht. Milch kochen ist tückisch, wie jede Hausfrau weiß. Aber Salvo steht ja mit Kennerblick daneben.

Dann wird es im wahrsten Sinne schwerer. Den Milchtopf, dessen Inhalt fürs Mohneis langsam in das Behältnis mit Mohn gefüllt wird, nimmt der Anfänger lieber mit beiden Händen. Nicht, dass es doch noch ein Missgeschick gibt. Dann wird gerührt, bevor die Mischung langsam in den aus Biomilch, Sahne und verschiedenen Zuckerarten bestehenden Eismix fließt. Die Handhabung des überdimensionalen Mixstabes in dem riesigen Gefäß überlassen wir Salvo.

Das eigentliche Herzstück des Eismachens ist eine kombinierte Maschine, die zuerst pasteurisiert, also das Gemisch auf 85 Grad Celsius erhitzt, und dann im Gefrierzylinder bei zehn Grad Kälte endlich zu dem ersehnten Speiseeis werden lässt. Es dauert eine knappe Viertelstunde, in der sich die Masse in dem Zylinder zu cremigem Eis wandelt. Dann wird es in Fünf-Liter-Töpfe abgefüllt und in die auf zwölf Grad Minus gekühlte Eistheke gestellt.

Während das mit unser Hilfe gemachte Mohneis noch pasteurisiert, "ernten" wir aus dem Gefrierzylinder das zuvor von Salvo gemachte Vanilleeis. Und dürfen gleich mal kosten. Es schmeckt himmlisch nach Vanille, auch wenn die Farbe, im Gegensatz zum industriell hergestellten Vanilleeis, nicht gelblich, sondern fast weiß ist.

Die Reihenfolge, in der das Eis hergestellt wird, richtet sich nach der Farbe. Erst kommen helle Sorten, ganz am Schluss die aus belgischem Kakaopulver bestehende Schokolade. Das auf Sorbetbasis bestehende Fruchteis ist übrigens vegan. Es besteht vornehmlich aus Wasser und einem hohen Fruchtanteil. Fürs Erdbeereis, gesteht Erhard, verwendet er in weiten Teilen gefrorene Erdbeeren. Denn nur, wenn sie im richtigen Moment geerntet werden, haben sie die ideale Süße.