Ingolstadt
Campen in der Altstadt

09.07.2010 | Stand 03.12.2020, 3:52 Uhr

Stellplatz am Hallenbad: An der Jahnstraße kann man für nur drei Euro am Tag sein Wohnmobil parken. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Ein Wohnmobil aus Schweden, noch eines aus den Niederlanden, daneben einige aus den verschiedensten Ecken Deutschlands. Auch eines mit Ingolstädter Kennzeichen steht am Hallenbad.

Auf dem kleinen Grünstreifen neben den neun Stellplätzen sonnt sich eine Dame im Bikini, einige Meter weiter sitzen drei Herren auf ihren Klappstühlen. Ihrer Sprache nach zu schließen, gehört ihnen wohl das Fahrzeug mit schwedischem Kennzeichen. Neben ihnen sitzt ein schwarzer Terrier, die Zunge hängt ihm aus dem Maul wie ein rosafarbener Waschlappen.

Ein paar Wagen weiter unterhalten sich zwei Männer. Die beiden lehnen gelassen an der Außenwand ihrer Wohnmobile und tauschen Erfahrungen über ihre vergangenen Ausflüge aus. "Seit zwölf Jahren fahr’ ich schon durch die Gegend", erklärt Norbert Fesser. Den Hannoveraner hat es während dieser Zeit bis in den hohen Norden nach Norwegen, Schweden und Finnland verschlagen. "Aber jetzt gondel ich nur noch durch Deutschland. Das kenne ich ja nicht einmal. Da muss ich nicht ins Ausland", stellt er fest.

Das Rad stets dabei

Sein Nachbar kann ihm nur zustimmen. "Unser Land ist so schön und groß. Da müsste man glatt 500 Jahre alt werden um alles zu sehen." Gottfried Müller genießt dabei jede einzelne Tour. Damit der Göppinger die Orte bis ins letzte versteckte Eck erkunden kann, nimmt er immer sein Fahrrad mit. "Mit dem Radl durch und um die Stadt, da kann man schöne Fahrten machen", schwärmt der Rentner. "Mit Ingolstadt bin ich lange nicht fertig, da muss ich noch ein bisschen hier bleiben."

Seit vier Tagen steht Müllers Wohnung auf Rädern vor dem Hallenbad Mitte. Nachbar Fesser nennt die Jahnstraße genauso lange sein Zuhause. Eigentlich gebe es ja eine Zeitbegrenzung von drei Tagen, so Jürgen Bernhardt von der Industrieförderungsgesellschaft (IFG). Das städtische Unternehmen betreibt die Parkanlagen und Tiefgaragen in Ingolstadt. "Aber wenn jemand mal ein bisschen länger bleibt, sagen wir nichts. Nur überwintern sollte dann doch keiner", erklärt er.

"Es ist ja recht schön hier. Abends ist es ruhig, der Platz ist preiswert, Strom gibt es sogar umsonst, und auch die Toiletten sind sauber", meint Fesser. "Die Camper untereinander sind außerdem meist freundlich. Natürlich kommt es hier und da mal zu kleinen Streitereien." Die hielten sich jedoch stark in Grenzen. "Das Schöne bei uns Rumfahrern ist ja, dass wir eine riesengroße Familie sind", fügt Müller hinzu. Da komme man abends auch mal zusammen und trinke ein Bier.

Nicht nur das Verhältnis der Camper untereinander zeichnet sich hauptsächlich durch einen freundlichen Umgang aus. Auch die IFG zeigt sich sehr zufrieden mit der Situation am Hallenbad. "Eigentlich läuft immer alles recht gediegen und nur selten gibt es wirkliche Probleme", meint Bernhardt. Die IFG schicke zudem mehrmals täglich Angestellte an das Hallenbad, die dort auf dem Parkplatz nach dem Rechten sehen und sich auch gleich um die Stellplätze für Wohnmobile kümmern.

Müller kann das nur bestätigen. "Die kommen mindestens zwei Mal am Tag. Heute war auch eine junge Frau mit Fragebogen da. Die wollte wissen, ob denn alles passe."

Etwas weiter links von den beiden Wohnmobilnachbarn sitzt Ralph Jeffery im Baumschatten und genießt seine Sommerlektüre. "Meine Frau und ich sind zum zweiten Mal hier vor dem Hallenbad. Der Platz ist einfach sehr günstig und vor allem stadtnah." Für einen Tag bezahlen die Camper drei Euro, nachts sowie sonn- und feiertags fallen keine Kosten an. "Die normale Parkgebühr eben, ein Tag mit dem Auto auf dem Hallenbad-Parkplatz kostet genauso viel", erläutert Bernhardt. Die Nebenkosten für Wasser und Entsorgung seien allerdings sehr gering. "Aus betriebswirtschaftlicher Sicht mag man da vielleicht ein Verlustgeschäft sehen, aber aus kommunaler Sicht versuchen wir so, Touristen in die Stadt zu locken", rechtfertigt Bernhardt die Preise der IFG.

Dem Ehepaar aus Jülich gefällt besonders die Ingolstädter Altstadt. "Jülich wurde im Krieg zu 98 Prozent zerstört. Da gibt es nur Bauwerke aus den fünfziger Jahren", erklärt er. Ingolstadt sei dagegen eine gut erhaltene Stadt mit einer schönen Architektur.

Hündin Lipa immer dabei

Neben dem Nordrhein-Westfalen tollt eine junge Hündin um den Wagen. Seine Frau fordert sie immer wieder auf, ruhig zu sein. Trotzdem beschützt der Vierbeiner seinen Knochen gegen jeden Artgenossen, der vorbeikommt, selbst wenn zehn Meter zwischen ihnen liegen. "Das ist Lipa. Wir haben sie aus Kroatien mitgebracht. Da ist sie uns bei einer unserer Touren über den Weg gelaufen", erzählt Ursula Jeffery. Seitdem komme sie auf die Rundreisen mit. Mit einem Hund herumzufahren sei kein Problem. Manche Städte lassen zwar Vierbeiner nicht in Parks. "In Ingolstadt haben wir aber kein einziges Verbotsschild gesehen. Da können wir Lipa überall mit hin nehmen." Die beiden sind so begeistert von der altbayerischen Stadt, dass an der Tür zum Wohnmobil eine kleine Fahne mit dem Stadtwappen steckt.