Ingolstadt
Großer Einfluss auf Migranten

Experte: AfD hat im Wahlkampf auch die russischstämmige Bevölkerung ins Visier genommen

27.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:26 Uhr

Ingolstadt/Köln (sav) Die AfD hat in Deutschland einen Teil ihrer Wahlkampagne gezielt auf Menschen mit Migrationshintergrund, vor allem auf die russischsprachige Bevölkerung, ausgerichtet. Durch Plakate und Flyer auf Russisch - die offenbar auch in Ingolstadt verteilt worden sind - sowie eine aktive Präsenz in russischsprachigen sozialen Netzwerken wie vkontakte.ru und odnoklassniki.ru erhoffte sich die Partei, viele konservative Wähler zu gewinnen, die früher meist für die CDU/CSU gestimmt haben.

Offenbar mit Erfolg. "Die AfD setzt Akzente auf eine scharfe Flüchtlingspolitik und innere Sicherheit. Dabei spielen sie mit den Ängsten vor sogenannter ,Migrantenkriminalität'", sagt Maxim Ryabkov, der Koordinator für politische Bildung beim Bundesverband russischsprachiger Eltern (BVRE), der in Köln sitzt. Der Verband veranstaltet immer wieder politische Diskussionsrunden in russischer Sprache, unter anderem auch in München. Beteiligt daran sind verschiedene Parteien, Aktivisten, Wissenschaftler und alle, die sich für Politik interessieren. Das Ziel ist, die russischsprachigen Migranten in Deutschland möglichst umfassend zu informieren.

Auch die AfD habe an solchen Runden teilgenommen, wie Ryabkov erzählt. Sie habe sich dabei vor allem mit den Themen kulturelle Identität und Sexualerziehung beschäftigt. Viele Migranten aus der ehemaligen UdSSR hätten nämlich traditionelle Ansichten und seien mit dem Sexualkundeunterricht an den Schulen nicht zufrieden. Die Identitätsfrage sei bei Spätaussiedlern und anderen aus der ehemaligen Sowjetunion stammenden Menschen allerdings nicht so einheitlich zu beantworten: Es könne sich um eine deutsche, russische, jüdische oder gar kasachische Identität handeln. "Die AfD nutzt an der Stelle den Oberbegriff ,christlich-jüdische Kultur', die viele aus den russischsprachigen Milieus anspricht, und oftmals gegen den ,Islam', eine andere Pauschalisierung, eingesetzt wird", meint Maxim Ryabkov.  In den Diskussionsrunden, an denen viele interessierte Bürger teilnehmen, sei aber bei Weitem nicht jeder ein AfD-Sympathisant, sagt Ryabkov. "Einige sagen: ,Ich bin selber ein Migrant. Darum möchte ich nicht gegen Migranten sein.'"