Ingolstadt
Baustelle unter Dauerberieselung

Die Revisionsarbeiten am Ingolstädter Stauwehr ermöglichen seltene Einblicke

20.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:09 Uhr

Foto: Cornelia Hammer

Ingolstadt (DK) Das Ingolstädter Stauwehr wird derzeit einer Revision unterzogen. Die Arbeiten werden wohl bis zum nächsten Frühjahr dauern. Das ermöglicht Fußgängern von der Staustufe aus interessante Einblicke. Der Übergang muss für die Arbeiten aber auch immer wieder gesperrt werden.

Es gibt wohl nur wenige Menschen, die das Ingolstädter Stauwerk so gut kennen wie Friedrich Rein. Aber so, wie der Servicemeister der Betreiberfirma Uniper die Anlage zurzeit begutachten kann, sieht selbst er sie nur ganz selten: ohne Wasser. Derzeit ist das nördlichste der drei Wehrtore für turnusmäßige Revisionsarbeiten trockengelegt. Zumindest fast trocken. Durch die Ritzen der Stahlplatten, die das Wehr verschließen, presst der Druck des Stausees immer noch Wasser, das in Fontänen in das neun Meter tiefe Becken sprüht. Gummistiefel und Regenjacken gehören deswegen zur Standardausrüstung der bis zu sechs Arbeiter, die sich in den nächsten Wochen des Wehres annehmen. Unter anderem ist eine Spezialfirma aus Tirol bei der Revision im Einsatz.

Der Dauerregen auf der Baustelle könnte im Sommer ganz angenehm sein. Die Arbeiten müssen allerdings im Winter stattfinden, wie Rein erklärt. "Die Wahrscheinlichkeit von extremen Hochwassern ist in dieser Jahreszeit geringer." Im Frühjahr und Sommer komme es wegen der Schneeschmelze und starker Regenfälle häufiger zu einem Anstieg des Wasserspiegels in der Donau. Derzeit fließen rund 170 Kubikmeter in der Sekunde durch die drei Kaplanturbinen des 45 Jahre alten Kraftwerks. Wenn mehr als 540 Kubikmeter - also mehr als eine halbe Million Liter - in der Sekunde die Donau hinunterkommen, müssten die Wehre geöffnet werden. Auch wenn das im Winter unwahrscheinlich ist, sind die Arbeiter darauf vorbereitet. "Das Wehr ist auch während der Revision im Prinzip einsatzfähig", so Rein. Notfalls müssten lediglich das Baugerüst aus der Anlage entfernt und der Wehrverschluss abgebaut werden.

Danach sieht es im Moment aber nicht aus. Mit einem Hochdruckreiniger wird die Anlage derzeit gereinigt. Jede Schweißnaht, jeder Bolzen, jedes Scharnier und jedes Metallgelenk wird in Augenschein genommen. Bisher mit einem positiven Ergebnis: "Wir haben weniger Korrosion gefunden als erwartet", sagt Rein. Dennoch wird das Wehrtor ab nächster Woche, wo es nötig ist, mit einem Sandstrahler gereinigt und ein neuer Schutzanstrich aufgetragen. Da dafür bestimmte Temperaturbedingungen und die richtige Luftfeuchtigkeit herrschen müssen, geschieht das unter einer Einhausung.

In den vergangenen Tagen sind bereits etliche Gummibahnen entfernt worden. Sie werden durch neue ersetzt. Die Dichtungen vermeiden, dass Wasser aus dem Stausee zwischen den Betonbauten und den rund 70 Tonnen schweren und acht Meter hohen Stauwehren hindurchgepresst wird. Das erste Mal seit der Errichtung des Wehrs im Jahr 1971 werden auch die Gummidichtungen ersetzt, die das Wehr zum Flussboden hin abdichten. Ein besonderes Augenmerk gilt allen beweglichen Teilen, etwa den Scharnieren und den 16 Meter langen Ketten aus Edelstahl, die das Wehrtor bewegen. Sollte ein Gelenklager zu viel Spiel haben, wird es ersetzt. Auch wenn es noch funktioniert, denn bis zur nächsten Revision ist es noch ein bisschen hin. "Das soll ja alles wieder für 15 Jahre halten", so Rein. Kontrolliert wird auch die Luftsprudelanlage am Fuß des Wehrtors. Im Winter führt sie Luft durch einen Schlauch an das Stauwehr, die in Blasen am Stauwehr entlang aufsteigt. "Dadurch wird warmes Wasser aus den unteren Schichten nach oben gebracht. Das verhindert, dass sich an dem Wehr Eis bildet", erklärt Rein.

Kaum ein Radfahrer oder Spaziergänger, der auf der Staustufe derzeit nicht kurz anhält und einen Blick in die Tiefe wirft. Das wird in den nächsten Wochen nicht immer möglich sein, denn ab und zu wird der Übergang gesperrt werden müssen. "Das lässt sich aus Sicherheitsgründen leider nicht vermeiden", erklärt Jan Kiver, der Pressesprecher der Rhein-Main-Donau AG. "Zum Beispiel, wenn schwere Maschinen zum Einsatz sind."

Rund 18 Wochen sind für die Arbeiten an dem Wehr veranschlagt. Danach wird die Bootsschleuse im Süden des Stauwehrs gereinigt und schadhafte Stellen ausgebessert. Dann folgen die beiden anderen Wehrtore. Rund 1,2 Millionen Euro werden die Revisionsarbeiten insgesamt kosten. Wenn alles nach Plan läuft. "Wir hoffen, dass wir bis April mit allem fertig sind", sagt Kiver. Wenn nicht, müssen die Arbeiten in rund einem Jahr - nach den Sommermonaten - wieder aufgenommen werden.