Ingolstadt
"Auf der Vogelinsel ist Frieden eingekehrt"

12.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:49 Uhr

Die Vogelinsel im Stausee ist eine von insgesamt fünf zwischen Staustufe und Gerolfing. Insgesamt umfassen sie ein Areal von 2,1 Hektar, die unter besonderem Schutz stehen. - Foto: Schalles

Ingolstadt (DK) Mitten im Stausee brüten Reiher, Enten und Gänse auf historischem Terrain. Unter der Vogelinsel ruhen die Reste eines Festungsbaus aus dem 19. Jahrhundert. Aus der Uferbatterie F ist mittlerweile ein Vogelschutzgebiet von internationalem Rang geworden.

Ingolstadt (DK) Flugbewegungen über und um die Vogelinsel im Stausee werden genau registriert. Keine Landung eines Zwergsägers, keine Schleife, die ein Graureiher zieht, und kein Manöver der Mittelmeermöven entgehen den Beobachtern der Ingolstädter Kreisgruppe des Landesbundes für Vogelschutz. Zumindest nicht, wenn - so wie am vergangenen Wochenende - wieder eine der monatlichen Zählungen anberaumt ist. Unter den Beobachtern waren auch dieses Mal Rudolf Wittmann und Peter Krause. Sie wissen um die Bedeutung des Stausees und der insgesamt fünf Vogelinseln zwischen der Staustufe und Gerolfing für die Tierwelt. "Eine Insel ist eigentlich eine Halbinsel", erklärt Wittmann. "Es ist dieser Haken am Südufer auf Höhe der Rosenschwaige."

Rastende Zugvögel und Tiere, die weit aus dem Norden an die Donau ziehen, um hier zu überwintern, schätzen die Ruhe, die auf den Inseln herrscht. "Südlich der Vogelinsel gibt es einen Flachwasserbereich", erklärt Krause. Hier ist die Strömung nicht so stark, und die Vögel können sich ausruhen. Die Insel selbst ist im Winter ein Schlafplatz unter anderem für Kormorane, und seit einiger Zeit gibt es auch wieder eine Kolonie Graureiher, die hier ihre Nester baut. 14 Stück haben die Experten am Sonntag gezählt. "Die Reiher beginnen schon Ende Januar, Anfang Februar mit dem Nestbau. Dann kann man immer wieder welche mit Stöckchen im Schnabel fliegen sehen", erklärt Krause. Auch Mittelmeermöven brüten auf der Ingolstädter Insel. Am Abend ziehen Lachmöven auf die Insel und richten sich auf den umgestürzten Pappeln zum Schlafen ein. Hunderte angereiste Reiher- und Tafelenten dümpeln derzeit auf dem Stausee, dazu Grau- und Nilgänse.

Der Donauabschnitt zwischen Lechmündung und Ingolstädter Staustufe ist als europäisches Schutzgebiet zertifiziert. Auch aus diesem Grund hat die Stadt Ingolstadt bereits 1982 eine Schutzverordnung "Vogelschutzinseln" erlassen. Demnach ist unter anderem das Betreten der fünf als flächenhafte Naturdenkmäler registrierten Inseln verboten. "Außer für Jäger und Angler", wie Wittmann anmerkt. Da habe es in der Vergangenheit immer wieder konfliktreiche Begegnungen gegeben. Viele Fischer sind gerade auf Kormorane schlecht zu sprechen, die ihnen als Fischräuber gelten. Wittmann erinnert sich gut daran, wie Jäger 2005 auf die Insel übersetzten, auf die einfliegenden Vögel anlegten und etliche töteten. Vier Jahre später schien der Konflikt zu eskalieren. In einer "Nacht- und Nebelaktion" waren auf der Vogelinsel fast alle Pappeln gefällt worden, berichtet Wittmann. Nicht nur die Vogelschützer, auch viele Spaziergänger waren damals entsetzt über den "Kahlschlag" auf der Insel. Tatsächlich erlaubte eine kurz zuvor inkraftgetretene Verordnung das Fällen von Rast- und Nistbäumen von Kormoranen. Vertreter des Umweltamtes fuhren auf die Insel und überführten den nächtlichen Holzfäller schnell: Ein Biber hatte die Pappeln umgelegt. "Offenbar hatte er auch die Verordnung gelesen", scherzt Wittmann heute.

Nach dem ersten Schrecken freuten sich die Vogelschützer darüber, dass die großflächige Fällaktion des Bibers auf der Vogelinsel die Chance auf eine "natürliche Vegetationsentwicklung" eröffnete. Die gefällten Pappeln waren nämlich einst von Menschen auf den Überresten der historischen Festungsanlage (siehe eigener Artikel) gepflanzt worden. Mittlerweile hat sich auch der Konflikt um die Kormorane beruhigt. "Auf der Vogelinsel ist Frieden eingekehrt", sagt Wittmann.

Mehr Sorge als die Jäger und Angler macht Krause das Verhalten einige gedankenloser Spaziergänger, die immer wieder Vögel füttern. Das hat verheerende Auswirkungen auf die Tiere. "Enten, Schwäne und Möwen vertragen Brot, Semmeln oder Kekse nicht, da sie Konservierungsstoffe, Salz, Zucker und andere Zutaten enthalten", erklärt Krause. "Die Mägen der Tiere quellen durch diese Stoffe auf oder sie bekommen Durchfall, an dem sie sterben können." Dazu kommt, dass die Vögel die Scheu vor den Menschen verlieren. Am Baggersee ist zu beobachten, was dann passiert: Die Wasservögel verschmutzen mit ihrem Kot genau die Areale, an denen sich auch die Menschen gerne aufhalten. Dann doch lieber auf Abstand bleiben und still beobachten. Zum Beispiel bei der nächsten Vogelzählung am Stausee am Sonntag, 18. März, ab 8.30 Uhr.