Ingolstadt
Wieder zu Hause

Nach einer Odyssee ist Albert Mayer als Audi-Werkleiter in die Region zurückgekehrt

24.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

Foto: DK

Ingolstadt (DK) Es ist eine große Herausforderung, aber Albert Mayer bringt alle Voraussetzungen mit, sich ihr erfolgreich zu stellen. Der 1954 in Neuburg Geborene ist seit 1. April Audi-Werkleiter und dem Unternehmen schon seit Jahrzehnten verbunden. Dabei hatte er als junger Mann ganz andere Pläne.

Eigentlich habe er ja zur Lufthansa gehen wollen, sagt Albert Mayer und deutet auf das Modell eines Flugzeugs auf der Vitrine seines Büros. Sein ältester Bruder war Lufthansa-Pilot. Und Albert Mayer, der in Augsburg Maschinenbau studiert hatte, wollte Flugingenieur werden. Der saß damals noch zusammen mit den zwei Piloten im Cockpit. Ein Traumberuf. Doch, es sollte ganz anders kommen.

Mayer hatte schon ein strenges Auswahlverfahren erfolgreich hinter sich gebracht, als plötzlich das Zwei-Mann-Cockpit entwickelt wurde - ohne Ingenieur. Die Lufthansa hielt Mayer nun erst einmal hin. Doch Mayer, dessen Eltern einen Bauernhof im Neuburger Stadtteil Ried betrieben und ihren Sohn nicht auf Dauer finanziell aushalten konnten, musste sofort Geld verdienen. Bei Audi hatte er Praktika absolviert, also bewarb er sich dort - und landete als Sachbearbeiter in der Qualitätssicherung. Erster Arbeitstag war der 1. Oktober 1979. "Aber mit dem Gedanken, es ist nur für kurze Zeit", sagt Mayer, der Mann mit dem markanten Schnauzbart, lächelnd. Denn er spekulierte immer noch auf den Lufthansa-Job. Doch er sollte sich nicht mehr lange damit beschäftigen. Denn Mayer machte Karriere im Betrieb.

1986 übernahm er die Leitung der Fahrzeug-Endabnahme innerhalb der Inspektion Montagen, 1992 die Qualitätssicherung Presswerk/Karosseriebau. Dabei entwickelte er Verfahren, die später sogar im Gesamtkonzern angewandt wurden. 1997 wurde Mayer Leiter der Fertigungsplanung, Peter Kössler, der spätere Ingolstädter Werkleiter, war einer seiner Mitarbeiter.

Man kann sich das kaum noch vorstellen: Damals befand sich das Audi-Werk ausschließlich südlich des Bahngleises. Mayer und seine Kollegen legten in der Zeit die Grundlagen für die spätere Entwicklung. "Es war klar, dass der Standort nur eine Chance hat, wenn wir über das Gleis drüber gehen", sagt Mayer. 1999 entwickelten sie das Werks-Konzept, das heute noch Bestand hat. "Hätten wir das nicht gemacht, hätte der A3 nie die Stückzahlen erreichen können, wie er sie erreicht hat", betont Mayer. Im Juli 2013 lief in Ingolstadt das dreimillionste Fahrzeug vom Band.

2001 gab es Bedarf an der Spitze der Qualitätssicherung - und Mayer folgte dem Ruf. Zwei Jahre darauf sollte er dann eigentlich zu VW nach Wolfsburg wechseln ("Als Audianer ist das nur schwer vorstellbar"), doch der bevorstehende Produktionsstart des Q6 in Neckarsulm und die kurzfristige Vakanz des Qualitätssicherers in dem Werk führten zu einer Planänderung: Mayer ging ins Schwabenland. Drei Jahre blieb er dort - bis 2006 doch der Wechsel nach Wolfsburg erfolgte. Mayer verantwortete die Qualitätssicherung der kleineren VW-Fahrzeuge, ab 2012 war er dann für alle Autos zuständig: vom Up bis zum Phaeton, weltweit. "Es gab keine Woche, in der ich in Wolfsburg war", erinnert sich Mayer. "Ich war nur noch unterwegs."

Nur am Wochenende kam er fast immer nach Hause - nach Ried, in seinen Heimatort, wo seine Frau und die beiden Töchter - heute 22 und 28 Jahre alt - auf ihn warteten.

Irgendwann, nach elf Jahren VW, erreichte ihn dann ein Anruf aus Ingolstadt. Hubert Waltl, der neue Audi-Produktionsvorstand, der kurz zuvor aus Wolfsburg zurückgekehrt war, war in der Leitung. "Ich hätte einen Job für dich", sagte er. Und wieder folgte Mayer. Diesmal brauchte man ihn als Leiter der Produktions- und Werkplanung - erneut sollte das Flugzeug sein Haupttransportmittel sein, das ihn nach Mexiko, Györ oder Brüssel führte.

Und auf einmal war der Werkleiter-Posten frei. Peter Kössler war nach Györ versetzt worden, sein Nachfolger Fred Schulze schon nach kurzer Zeit eine Karrierestufe nach oben geklettert. Am 1. April dieses Jahres trat Albert Mayer die neue Stelle an - und fühlte sich angekommen.

"Du merkst es erst, wenn du hier bist und nicht mehr am Sonntagabend packen musst", sagt Mayer. "Ich bin so froh. Es ist schon was anderes, wenn man wieder zu Hause ist."

Die neue Stelle sei eine Herausforderung. Aber er kenne den Standort gut - und als Planer habe er ohnehin zehn Jahre vorausblicken müssen, erklärt Mayer. Es warten einige Aufgaben auf ihn: Zum Beispiel die Erneuerung der gesamten Fertigung im laufenden Betrieb, die bis 2019 abgeschlossen sein soll, wodurch bei Bedarf auch Fahrzeuge der einen Produktionslinie auf der anderen laufen können. Dazu gibt es Markteinführungen wie den Q2 (siehe links) und Neubauten wie die Lackiererei des neuen A4. Die wichtigste Frage sei aber: "Haben wir hier in zehn Jahren noch Hochtechnologie" Die am Standort zu halten, das sei sein Ziel.