Ingolstadt
Fluch und Segen

Trotz sehr guter Zukunftschancen stellt die Abhängigkeit von Audi ein Risiko dar

30.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:45 Uhr

Der Exportschlager: Ingolstadt profitiert in hohem Maße vom Erfolg der Marke Audi. Sollte jedoch die Nachfrage nach Güterzügen voller Luxuslimousinen sinken, drohen auch der Stadt Probleme. - Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Die Zukunftsaussichten von Ingolstadt sind im bundesweiten Vergleich die drittbesten. Nur Stadt und Landkreis München schneiden in einer am Freitag veröffentlichten Studie des Prognos-Instituts noch besser ab (DK berichtete). Ist also in Ingolstadt alles positiv oder gibt es trotzdem in einigen Bereichen Risiken?

"Grundsätzlich ist die Entwicklung sehr positiv zu bewerten", sagt Peter Kaiser, Projektleiter des Prognos-Zukunftsatlas 2016 im Gespräch mit unserer Zeitung. In der Kategorie Demografie sei ein Bevölkerungszuwachs von 2,4 Prozent im Zeitraum von 2012 bis 2015 zu verzeichnen. Zudem würden viele junge Erwachsene nach Ingolstadt ziehen. Auch die Geburtenraten seien höher als im nationalen Vergleich.

Der Arbeitsmarkt entwickelt sich ebenfalls gut. Die Arbeitslosenquote von drei Prozent zum Zeitpunkt der letzten Datenerhebung Ende 2015 sei für eine Stadt sehr gering. "Außerdem ist der Anteil der Hochqualifizierten in Ingolstadt groß und der Verschuldungsgrad der Stadt gering", erklärt Kaiser. Der hohe Anteil des industriell-gewerblichen Sektors an der Beschäftigung sei jedoch im Falle einer Krise ein Risiko.

Besonders stark ist laut Kaiser die Entwicklung in der Kategorie Wettbewerb und Innovation. "Der Anteil des Forschungs- und Entwicklungspersonals in der Wirtschaft liegt in Ingolstadt bei 5,9 Prozent. Im bundesweiten Durchschnitt ist es ein Prozent." Außerdem falle eine hohe positive Veränderung des Bruttoinlandsprodukts auf. Das bedeutet Platz eins in dieser Kategorie.

Bei Wohlstand und sozialer Lage weist die Studie der Schanz Platz 104 zu. "Das ist aber normal für eine Stadt, da hier die Kriminalität und der Anteil derer, die auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind, immer höher ist als auf dem Land." Die hohe Kaufkraft sorgt dafür, dass Ingolstadt in dieser Kategorie im vorderen Mittelfeld landet.

Zusätzlich bewertet das Prognos-Institut Stärke und Dynamik eines Landkreises. Die Stärke beschreibt den Ist-Zustand. Hier liegt Ingolstadt auf Platz vier. Die Dynamik misst die Entwicklung der Region im Zeitverlauf. Hier belegt die Schanz Platz eins.

Zum ersten Mal war dieses Jahr der Digitalisierungskompass Teil der Studie. Hier erreicht Ingolstadt fünf Sterne. Nur Stadt und Landkreis München sind in dieser Kategorie mit fünf Sternen plus noch besser. Grundlage für die Bewertung sind drei Indikatoren: Der Anteil von Berufsgruppen, die die Digitalisierung in der Wirtschaft vorantreiben und umsetzen, die Anzahl der IT-Gründungen sowie die Anzahl der geschalteten Stellenangebote in der IT-Branche. "Durch die voranschreitende Digitalisierung in der Automobilindustrie ist Ingolstadt in diesem Feld sehr gut aufgestellt", sagt Kaiser.

Das größte Problem, mit dem Ingolstadt konfrontiert ist, sei die Monostruktur mit Audi als dominierendem Arbeitgeber. Im Falle einer Krise könnten sich Indikatoren wie Arbeitslosigkeit und kommunale Verschuldung so schnell negativ verändern. Angesichts der VW-Krise hat dieses Problem durchaus Relevanz. "In der aktuellen Studie sind die Effekte der Abgasaffäre aber noch nicht berücksichtigt, da die Datenerhebung des Instituts zu diesem Zeitpunkt schon weitgehend abgeschlossen war", berichtet Kaiser.

Darüber hinaus lieferte die Studie eine Reihe von weiteren Erkenntnissen. So herrscht in Deutschland in Sachen Zukunftsaussichten ein doppeltes Gefälle zwischen Norden und Süden sowie Westen und Osten. Die Bundesländer im Süden (Bayern, Baden-Württemberg, Hessen) schneiden am Besten ab.