Ingolstadt
Auch eine Frage des Wohnorts

Stadt veröffentlicht ersten Armutsbericht – Ein Drittel aller hilfebedürftigen Kinder lebt im Nordwesten

18.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:31 Uhr

Stadt der Gegensätze: Im Hintergrund parkt in der Schrannenstraße ein Luxuswagen, davor schläft ein möglicherweise Obdachloser seinen Rausch aus. Der Armutsbericht zeigt, dass es auch in einer so wohlhabenden Stadt wie Ingolstadt Armut gibt - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Fast zwölf Prozent aller Ingolstädter sind armutsgefährdet. Das geht aus dem ersten Armutsbericht hervor, den die Stadt am heutigen Donnerstag veröffentlichen wird. Wie zu erwarten, gibt es zwischen den Stadtbezirken gewaltige Unterschiede.

Das erkennt man schon, wenn man nach Bezirken aufschlüsselt, wie viel Prozent der Kinder unter 15 Jahren Grundsicherung beziehen: Im Nordwesten, also dem Piusviertel, sind es 21 Prozent – rund ein Drittel aller hilfebedürftigen Kinder (557 von 1649). Im daran angrenzenden Nordosten sind es noch 14 Prozent, im Südosten zehn Prozent. Die wenigsten jugendlichen Bezieher der Grundsicherung leben in Südwest, West (jeweils zwei Prozent) und Süd (ein Prozent). Insgesamt erhalten neun Prozent aller Kinder unter 15 Jahren diese Unterstützung, das ist niedriger als in den anderen bayerischen Großstädten, allerdings muss man sich vergegenwärtigen: Fast jedes zehnte Ingolstädter Kind braucht finanzielle staatliche Unterstützung.

Insgesamt bezogen Ende 2013 knapp 8000 Ingolstädter sogenannte Leistungen der sozialen Mindestsicherung, das sind gut sechs Prozent der Bevölkerung (bayerischer Durchschnitt: 4,5 Prozent), im Jahr davor waren es noch etwa sieben Prozent. Knapp die Hälfte von ihnen ist erwerbsfähig, ist aber entweder arbeitslos oder verdient so wenig, dass der Staat etwas zuzahlen muss. Oftmals liegt das dann aber laut Stadtverwaltung nicht am zu niedrigen Lohn, sondern am zu geringen Arbeitsumfang – viele Bezieher sind demnach aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt oder müssen sich noch um Angehörige oder, oft als Alleinerziehende, Kinder kümmern. Von den rund 2400 Alleinerziehenden-Haushalten ist jeder dritte auf Hilfen angewiesen. Insgesamt ist die Zahl der Bezieher von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II allerdings seit 2010 um 1000 auf 5507 zurückgegangen.

Um 359 zugenommen hat dagegen die Zahl der Bezieher nach dem Sozialgesetzbuch XII, also von Sozialhilfe sowie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Insgesamt sind es 2143. Fast vier Prozent aller über 65-Jährigen empfingen 2013 Grundsicherung. Hinzugekommen sind die Leistungen für Asylbewerber. 2013 waren es 263 Empfänger, inzwischen sind es deutlich mehr. 40 Ingolstädter erhielten außerdem Leistungen der Kriegsopferfürsorge.

Eine allgemeingültige Definition von Armut gibt es nicht. Laut einem von der EU und dem Statistischen Bundesamt verwendeten Konzept wird die relative Armutsgrenze bei 50 Prozent des durchschnittlichen Einkommens liegen und bei 60 Prozent die Armutsgefährdung. In Ingolstadt betrug 2012 das durchschnittlich verfügbare Monatseinkommen 1746 Euro, in einem Ein-Personen-Haushalt wäre demnach derjenige armutsgefährdet, der unter 1048 Euro verdient, und arm, wer unter 873 Euro verdient. Als armutsgefährdet stuft das Landesamt für Statistik in Ingolstadt 11,7 Prozent der Bürger ein.

Die Budgets der Bedarfsgemeinschaften, die im vergangenen Jahr Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II erhielten, lagen zwischen 44 Prozent (Single-Haushalte) und 58 Prozent (Alleinerziehenden-Haushalte) des durchschnittlichen Einkommens der jeweiligen Haushalte.

Wie die Stadt mit diesen Zahlen umgeht, wird sich noch zeigen. Am heutigen Donnerstag um 16 Uhr wird sich der Jugendhilfeausschuss im Großen Sitzungssaal im zweiten Stock des Neuen Rathauses mit dem Thema beschäftigen und am kommenden Dienstag der Sozialausschuss.