Ingolstadt
Einstieg in eine Hängepartie?

Neues Landesamt für Asyl könnte kommunalen Zugriff aufs Kasernengelände erschweren

26.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:38 Uhr

Viel Platz für neue Nutzungen - aber für welche? Das frühere Kasernengelände bei Oberstimm würden Ingolstadt und Manching gerne überplanen. Mit dem neuen Landesamt für Asyl manifestiert sich allerdings womöglich die Beschlagnahme durch Bund und Freistaat. - Foto: Schalles

Ingolstadt/Manching (DK) Das neue Landesamt für Asyl, das in der früheren Oberstimmer Kaserne verankert werden soll, wird voraussichtlich zum 1. August an den Start gehen. Mit welcher Personalstärke und in welchen Räumen genau, ist derzeit offenbar noch nicht festgelegt. Das Münchner Innenministerium verweist auf einen Ortstermin in der Kaserne in dieser Woche.

Wie in der Samstagsausgabe berichtet, hat der Beschluss des neuen bayerischen Kabinetts unter Ministerpräsident Markus Söder, vor den Toren Ingolstadts die Kopfstelle eines neuen Landesamtes zur Koordinierung aller Flüchtlingsthemen zu schaffen, die regionale Politik völlig überrascht. Unmittelbare Auswirkungen aufs Tagesgeschäft im sogenannten Transitzentrum für Asylbewerber mit geringen Bleibechancen in der früheren Max-Immelmann-Kaserne sind zwar kaum zu erwarten, doch könnte sich mit der aktuellen Entwicklung der Ruf Ingolstadts als bayerische "Abschiebestadt" manifestieren.

Aus Sicht der Kommunalpolitik dürfte sich vor allem die Frage aufwerfen, inwieweit Ingolstadt und der Markt Manching überhaupt noch in absehbarer Zeit die Planungshoheit über größere Teile des früheren Bundeswehrareals bei Oberstimm erlangen können.

Stadt und Gemeinde hatten nach Abzug der Luftwaffe - und vor Einsetzen des Flüchtlingsstroms - bekanntlich große Pläne für ihre anteiligen Flächen: In Manching, das den größeren Anteil (rund 30 Hektar) auf seiner Gemarkung hat, liebäugelte man bereits mit einem neuen Gewerbegebiet (und ist auch nach wie vor dabei, damit voranzukommen, siehe Kasten). In Ingolstadt bestanden schon ganz konkrete Planungen für eine Umsiedlung der Kommunalbetriebe auf den kleineren westlichen Teil des Geländes. Dieses Projekt liegt allerdings auf Eis. Nur die erst kürzlich angekündigte Einrichtung eines neuen Wertstoffhofes für den Süden, so hieß es gestern im Rathaus, werde wohl zügig angepackt. Weil sowohl OB Christian Lösel als auch sein Stellvertreter Albert Wittmann (beide CSU) im Osterurlaub weilen, war keine eingehendere Stellungnahme zu bekommen.

Faktisch gehört das ehemalige Militärareal nach wie vor dem Bund, dessen Anstalt für Immobilienaufgaben (BImA) das Gelände auch so lange nicht "auf den Markt" bringen dürfte, wie die Flüchtlingsproblematik andauert und für nicht anerkannte Asylbewerber zentrale Unterbringungsmöglichkeiten in hinreichend großen Unterkünften (wie eben Kasernen) erforderlich macht. Das kann durchaus dauern.

Als 2015 der gewaltige Zustrom an Flüchtlingen schnelle Einquartierungen nötig machte, wurden betroffenen Kommunen von den zuständigen Regierungsstellen befristete "Zwischenlösungen" in Aussicht gestellt. Auch die Verantwortlichen in den hiesigen Rathäusern wurden damit vertröstet, dass sie allenfalls zehn Jahre mit der Umnutzung der Immelmann-Kaserne zu rechnen hätten. Ob das eingehalten werden kann, steht dahin - auch wenn sich Manchings Bürgermeister Herbert Nerb optimistisch zeigt (siehe unten).

Im Münchner Innenministerium, das Kontrollinstanz des neuen Manchinger Landesamtes sein wird, möchte man sich in dieser Frage natürlich derzeit noch nicht öffentlich äußern. Er gehe davon aus, dass hierzu zu gegebener Zeit neuerliche Gespräche von den örtlichen und den Münchner Verantwortlichen geführt würden, sagte gestern Ministeriumssprecher Oliver Platzer auf DK-Anfrage. Platzer sprach auch von einem Ortstermin in der Kaserne Mitte dieser Woche, bei dem sich eine Abteilungsleiterin des Innenministeriums wohl auch über die baulichen Voraussetzzungen für die Ansiedlung der Landesamtszentrale informieren wolle.

Der Starttermin zum 1. August wirkt insofern recht sportlich, als in der früheren Kaserne kaum ein Gebäude als Bürokomplex für die (auch kommunikativen) Anforderungen einer Stabsstelle geeignet sein dürfte. Ohne (schnelle) Umbauten dürfte es also nicht abgehen. Allerdings soll hier wohl auch kein bürokratischer Wasserkopf entstehen. Ministeriumssprecher Platzer schätzt die personelle Stärke der Oberstimmer Zentrale auf letztlich 80 bis 120 Stellen. Womöglich ist die Mannschaft anfangs aber noch deutlich kleiner und wächst dann allmählich an.

 

"Wenn's was für die Sache bringt . . ."

Manching (hl) Die Karten liegen erst seit vergangenem Freitag auf dem Tisch - und noch nicht alle sind aufgedeckt. Dennoch gibt sich Manchings Bürgermeister Herbert Nerb (FW, Foto) zuversichtlich, dass das auf seinem Gemeindegebiet geplante neue Landesamt für Asyl die Lage in der Max-Immelmann-Kaserne nicht grundsätzlich ändern, vielleicht sogar auf längere Sicht verbessern wird.

"Wenn's was für die Sache bringt, macht es Sinn", ließ der Manchinger Rathauschef sich gestern auf Anfrage aus dem Auslandsurlaub vernehmen. Es sei auch im Interesse der Menschen, die in der früheren Kaserne untergebracht sind, sicher wünschens-wert, die Verfahren - ob dezentrale Unterbringung nach Asylgewährung oder konsequente Abschiebung nach Verweigerung - durch konzentriertes Herangehen einer zentralen Behörde zu beschleunigen, so der Gemeindechef.

Nerb hatte gestern vom Urlaubsort aus mit Entscheidern im Münchner Innenministerium telefoniert und sich dabei nach eigenen Worten auch bestätigen lassen, dass es bei einer maximal zehnjährigen Nutzung der früheren Kaserne als Flüchtlingsquartier (und nun auch Landesamt) bleiben soll. Daran, so Nerb, wolle man Minister Joachim Herrmann immer gerne erinnern.

Der Bürgermeister geht nach gegenwärtiger Einschätzung deshalb davon aus, dass Pläne seiner Gemeinde, neun Hektar am Ostrand des Kasernengeländes zu erwerben, nicht gefährdet sind. hl