Ingolstadt
"Es wird Zeit, dass wieder Ruhe einkehrt"

Trotz der Turbulenzen blickt die neue Führung des Ingolstädter Klinikums positiv in die Zukunft

18.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr
Es gibt viel zu tun: Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor des Klinikums, Andreas Tiete, nannte beim Neujahrsempfang neben baulichen Maßnahmen auch die Verbesserung interner Abläufe. −Foto: Johannes Hauser

Ingolstadt (DK) "Dieses Klinikum ist jeden Einsatz wert." Beim Neujahrsempfang des Krankenhauses am Mittwoch sagte der Aufsichtsratsvorsitzende, OB Christian Lösel, diesen Satz gleich mehrmals. Und auch die neue Doppelspitze der Geschäftsführung betonte, wie wichtig es sei, dass in dem Haus Ruhe einkehre.

Langweilig wurde es im vergangenen Jahr keinem, der irgendwie mit dem Klinikum in Verbindung steht. Die bekannte Affäre bestimmte die Schlagzeilen, der traurige Höhepunkt war der Tod des langjährigen Geschäftsführers Heribert Fastenmeier einen Tag nach den Weihnachtsfeiertagen. Beim Neujahrsempfang die Gäste wie jedes Jahr zum Buffet zu bitten, ist vor diesem Hintergrund nicht einfach - auch im Hinblick auf die laufenden zivilrechtlichen Schadenersatzforderungen des Klinikums gegen Fastenmeier beziehungsweise seine Hinterbliebenen. Zu Beginn des Empfangs stand, wie bereits berichtet, ein Gedenken an den Ex-Chef durch die Klinikum-Seelsorge. Doch man wollte vor allem den Blick nach vorne richten. OB Lösel setzt hier auf die neue Doppelspitze in der Geschäftsführung, Andreas Tiete und Monika Röther, wie er in seiner Ansprache sagte. "Ich bin überzeugt davon, dass Sie den festen Willen und auch das Können haben, das Klinikum auf gutem Kurs zu halten."

2017 bezeichnete der Geschäftsführer und Ärztliche Direktor Tiete als "Jahr des Umbruchs". Mit klaren Regelungen, neuen Dienst- und Verfahrensanweisungen und Konsolidierungen. Auch einige Kündigungen und Vertragsumstellungen standen an. In seinem Jahresbericht nannte er eine Reihe von Zahlen. Die Belegung lag 2017 im Durchschnitt bei 79,4 Prozent, die durchschnittliche Verweildauer (ohne Psychiatrie) bei 6,73 Tagen. 36 151 Menschen wurden stationär im Klinikum behandelt, 5519 ambulant operiert, jeweils etwas weniger als im Jahr davor. Mit 2055,77 Vollzeitstellen verfügte das Krankenhaus über etwas mehr als im Jahr zuvor (2039,71). Den finanziellen Verlust 2017 - erstmals seit Jahren schließt das Klinikum mit einem Minus ab, voraussichtlich drei Millionen Euro - erklärte er neben den immer härter werdenden Rahmenbedingungen und Lohnkostensteigerungen auch mit dem Verlust einiger guter Mitarbeiter. "Es wird Zeit, dass im Haus wieder Ruhe einkehrt."

Einige leitende Stellen sollen heuer neu besetzt werden. Zum 1. April wird Handrik Janssen seine Arbeit als Direktor des Instituts für Neuroradiologie aufnehmen, Martina Nowak-Machen tritt die Nachfolge des Chefanästhesisten Professor Gunther Lenz an, der in Ruhestand ging. Gegenwärtig fehlt dem Klinikum auch ein Justiziar: Christine Brunner, die die Leitung der Stabsstelle Recht innehatte, ging im Sommer ebenfalls in Ruhestand. Die Stelle soll schnellstmöglich wieder besetzt werden. Vakant ist auch die Stabsstelle Unternehmensentwicklung. An Neuzugängen in diesem Jahr nannte Tiete neben der Geschäftsführerin Monika Röther den Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendchirurgie, Micha Bahr, sowie Robert Morrison (Sektionsleiter Wirbelsäulentherapie), Markus Peyerl (Sektionsleiter Orthopädische Chirurgie), Elvir Smajic (Pflegedienstleiter Chirurgie), Katja Vogel, die laut Tiete die "in der jetzigen Zeit herausfordernde Tätigkeit der Unternehmenskommunikation exzellent meistert", und Simone Wagner (Stabsstelle Qualitätsmanagement). Viele Personalien. Nur ein Name wurde nicht genannt: der des Interimsgeschäftsführers Alexander Zugsbradl, der das Haus, nachdem er viel verbrannte Erde hinterlassen und den Ministerpräsidenten in einem Tweet als "grenzdebilen Pflaumenaugust" bezeichnet hatte, im Oktober verließ.

Auch baulich hat sich im vergangenen Jahr am Klinikum einiges getan: Der neue Operationsbereich mit Aufwach- und Bereitschaftsräumen, neuen Kreißsälen und Neubau der von der Neuburger Kinderklinik betriebenen Neonatologie (Kinderintensivstation) wurde eröffnet. Derzeit laufen die Arbeiten für Intensivstationen und Herzkatheterlabor. Rund 106 Millionen Euro wurden für den ersten Bauabschnitt der Generalsanierung verbaut. Insgesamt verschlingt die über viele Jahre angesetzte Renovierungsmaßnahme nach bisherigem Stand zwischen 320 und 350 Millionen Euro. Auch der geplante Neubau der Psychiatrie ist in trockenen Tüchern. Der Bedarf wurde im Juni vergangenen Jahres von den übergeordneten Stellen bestätigt. 305 Betten für Erwachsene, 20 für Heranwachsende und 20 tagesklinische Plätze sind vorgesehen. Für den Neubau werden nach und nach Teile der bestehenden Psychiatrie abgerissen, erklärte Tiete auf Nachfrage. Auch das Labor bekommt ein neues Gebäude - mit zusätzlichen Funktionsflächen und Wohneinheiten.

Das Tagesklinische Zentrum "Münchener Straße", die frühere Reiserklinik, das das Klinikum zusammen mit der Heckscher Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie betreibt und insgesamt 39 Plätze bietet, soll (zumindest teilweise) am 1. April eröffnet werden. Auf dem Komplex entsteht auch eine Außenstelle der Emmi-Böck-Schule.

Für Monika Röther, die im Januar ihre Arbeit in der Geschäftsführung aufgenommen hat, war der Neujahrsempfang der erste öffentliche Auftritt. Sie sparte dabei nicht mit Lob für die Beschäftigten. Sie sei hier auf Mitarbeiter getroffen, "die mit Herzblut und Verstand dabei sind". Von allen, mit denen sie in den Tagen seit ihrer Ankunft gesprochen habe, habe sie immer wieder den Satz gehört: "Wir sind hier zum Wohle der Patienten." Als Herausforderung für die Zukunft nannte Röther, Qualität und Wirtschaftlichkeit noch stärker zu verknüpfen. "Nur mit guter Qualität bekommen wir eine gute Vergütung."

Interne Abläufe, etwa das Belegungsmanagement, sollen verbessert werden. Auch in die technische Ausstattung will man weiter investieren. Mindestens 2,5 Millionen Euro sind dafür vorgesehen, wie Tiete in seinem Ausblick auf 2018 betonte: unter anderem für einen zusätzlichen Operationsroboter. Damit das Klinikum, was die medizinische Versorgung anbelangt, auch weiterhin "in der ersten Liga spielen kann".