Ingolstadt
Abschied des "Lebensretters"

Professor Conrad Pfafferott, einer der dienstältesten Chefärzte am Klinikum, im Ruhestand

07.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:06 Uhr

Ingolstadt (DK) „Er war mein Lebensretter“, wird Ministerpräsident Horst Seehofer im DONAUKURIER zitiert. Das war 2009, bei einem gemeinsamen Besuch in Rom. Professor Conrad Pfafferott, Direktor der Medizinischen Klinik I am Klinikum, und seine Frau Astrid durften Seehofer bei seiner Pilgerreise begleiten, deren Höhepunkt eine Privataudienz bei Papst Benedikt XVI. war. Pfafferott hatte Seehofer 2002 nach einer lebensbedrohlichen Herzmuskelentzündung mehrere Wochen lang behandelt. Kürzlich wurde der Chefarzt, einer der dienstältesten am Ingolstädter Klinikum, im Alter von 65 Jahren in den Ruhestand verabschiedet. Sein Nachfolger ist Professor Karlheinz Seidl (Foto unten), bislang Direktor der Medizinischen Klinik IV. Die beiden kardiologischen Kliniken wurden zum Monatsanfang zusammengelegt.

„Als Lebensretter habe ich mich nie gefühlt“, sagt Pfafferott im Gespräch mit unserer Zeitung. Bei Seehofer nicht, und auch bei den vielen anderen Patienten nicht, die Conrad Pfafferott im Laufe seiner 26-jährigen Dienstzeit behandelt hat. „Entscheiden über das Leben tut jemand anderes“, sagt der Mediziner, der sich jetzt im Ruhestand unter anderem mehr seiner Aufgabe als Pfarrgemeinderatsvorsitzender der Münsterpfarrei widmen möchte. Dass sich Seehofer nach seinem fünfwöchigen Aufenthalt im Klinikum – wegen ständiger Anrufe von Journalisten wurde der prominente Patient damals unter dem Decknamen Kowalski geführt – auch heute noch lobend übers Klinikum äußert, macht ihn auch ein wenig stolz. Seehofer, sagt Pfafferott, sei ein vorbildlicher Patient gewesen. Keine Extrawürste oder überzogenen Forderungen. Den Bundestagsabgeordneten aus Gerolfing habe er jedenfalls nicht als Patienten erlebt, vor dessen Name man hätte erzittern müssen, sagt Pfafferott. Das entspricht ganz seiner Maxime: „Privatpatienten werden nicht anders behandelt als jeder andere Patient.“

Der scheidende Chefarzt achtet peinlich darauf, nur so viel über Seehofers Aufenthalt im Klinikum zu erzählen, wie dieser selbst bereits öffentlich preisgegeben hat. Der Frage, ob noch andere Prominente unter seinen Patienten waren, weicht er geschickt aus: „Ich habe 100 000 Patienten gehabt, die alle in diesem Augenblick prominent waren.“

Im September 1989 kam der gebürtige Berliner Conrad Pfafferott als Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Angiologie (Erkrankungen der Blutgefäße) ans Ingolstädter Klinikum – zunächst als Oberarzt, später als leitender Oberarzt. Als der damalige Chefarzt, Alexander Wirtzfeld, erkrankte, hat ihn Pfafferott ein Jahr lang vertreten, bevor er zum 1. Januar 1999 selbst Chefarzt der Medizinischen Klinik I wurde. Während seiner gesamten Dienstzeit wurden etwa 150 000 Patienten in der Medizinischen Klinik I behandelt. Von den in dieser Zeit etwa 50 000 Herzkatheteruntersuchungen hat er selbst „so zwischen 9000 und 10 000“ vorgenommen. Diese Untersuchungen und die Arbeit in der Intensivstation habe er immer gerne gemacht. „Sie wird mir fehlen“, sagt Pfafferott. Er macht kein Hehl daraus, dass es auch unter seiner Hand Komplikationen gegeben hat. „Niemand ist unfehlbar“, sagt der Mediziner. Man könne seine Arbeit nur „nach bestem Wissen und Gewissen machen“.

Seinen Arbeitsplatz verlässt er, wie er selbst sagt, „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“. Die Patientenbetreuung, ist Pfafferott sicher, werde ihm abgehen. Doch die geänderten Rahmenbedingungen im Krankenhauswesen, wo es immer mehr um Administration und Dokumentation gehe, machen ihm den Abschied ein wenig leichter. Als Pfafferott mit seiner Arbeit im Klinikum begonnen hatte, waren die Liegezeiten fast doppelt so lang wie heute. „Wir haben nicht mehr die Zeit, die wir gerne den Patienten widmen würden.“

Diese Woche ist Conrad Pfafferott noch in seinem Büro. „Ich schreibe die Zeugnisse für meine Mitarbeiter.“ In der Medizinischen Klinik I arbeiten allein 30 Ärzte. Außerdem ist Pfafferott beim Ausräumen. Im Regal hinter seinem Schreibtisch klaffen bereits etliche Lücken. Als Ruheständler wird der Chefarzt „erst mal runterfahren“. Dann will er sich mehr seiner Familie widmen „und meine Enkeltochter genießen“. Auch für Sport hat Pfafferott künftig deutlich mehr Zeit als bisher: Laufen, Radfahren und Schwimmen stehen auf seinem Trainingsplan.

Dass aus der Medizinischen Klinik I und der Medizinischen Klinik IV künftig eine Klinik wird, ist laut Pfafferott „der richtige Weg“. Der „Neue“, Professor Karlheinz Seidl, ist seit dem Jahr 2000 am Klinikum. Er ist Experte auf dem Gebiet von Herzrhythmusstörungen, Herzschrittmachern und Defibrillatoren. Nun hat Seidl auch die Leitung der Medizinischen Klinik I übernommen.