Ingolstadt
Dieselgate und die Folgen

OB Lösel und die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen reagieren auf Entwicklungen im Abgas-Skandal

22.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:16 Uhr

Ingolstadt (DK) Die neuen Entwicklungen im Abgas-Skandal beschäftigen auch die Politik. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass es intern früh Hinweise auf Betrug gab. Die Fraktionsvorsitzenden der Parteien im Stadtrat und OB Lösel äußern sich auf DK-Nachfrage zum Krisenmanagement von Audi.

Ermittlungen der Anwaltskanzlei Jones Day, die im Auftrag des VW-Aufsichtsrats die Abgas-Affäre aufklären soll, haben ergeben, dass es beim Ingolstädter Automobilbauer schon seit 2007 Hinweise auf Betrug gegeben haben soll. Das berichtet das Recherchenetzwerk aus NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung. "Ganz ohne Bescheißen" seien die US-Grenzwerte nicht einzuhalten, soll ein Audi-Ingenieur bereits 2007 in einer E-Mail an einen größeren Kreis Manager geschrieben haben. Der Entwicklungsvorstand Stefan Knirsch sowie vier hochrangige Motorenentwickler sollen mittlerweile beurlaubt worden sein, weil sie eine illegale Software für den 3.0-Liter-TDI-Dieselmotor entwickelt haben oder davon gewusst haben sollen.

Trotz der neuen Entwicklungen betont OB Christian Lösel, dass er "an der Seite des Konzerns stehe". Das Krisenmanagement habe er nicht zu bewerten, so Lösel. Er sehe in erster Linie die Leistungen, die Audi für die Stadt gebracht habe. "Den Wohlstand, das kulturelle Angebot und das Sponsoring sollte man auf keinen Fall aus den Augen verlieren", sagt er. Audi habe 80 000 hervorragende Mitarbeiter, die exzellente Arbeit leisteten. Momentan handle es sich nur um Vorwürfe, nicht um Fakten. "Ich rate zur Ruhe", bekräftigt Lösel. Für die neue Vorsitzende der CSU-Stadtratsfraktion, Patricia Klein, steht fest: "Bisher handelt es sich nur um einen Verdacht, der juristisch überprüft werden muss." Bis das nicht geschehen sei, könne sie die Entwicklungen nicht beurteilen. "Der Erfolg von Audi ist für die Stadt sehr wichtig, weil der Konzern der größte Arbeitgeber ist", erklärt Klein. Zudem äußert sie den Wunsch, "dass schnell wieder Ruhe einkehrt".

Peter Springl, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler (FW), hält die Informationslage für "zu rudimentär". Er gibt zu bedenken, dass auch andere Autohersteller Abgasprobleme hätten und nicht so im Fokus stünden. Zudem weist er darauf hin, dass die EU und die USA im Wettstreit stünden. Die Kommunalpolitik müsse sich viel mehr auf verschiedene Szenarien vorbereiten, so Springl.

Achim Werner, Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtrat und Audi-Mitarbeiter, betont: "Audi hat gute Produkte und auf allen Kontinenten gute Absatzzahlen." Das Ziel von Vorstandschef Rupert Stadler sei es, Audi auf einem guten Weg zu halten und noch weiter zu entwickeln. Er erwarte deshalb Transparenz vom Management. "Jede Krise bietet Chancen, wenn man die richtigen Lehren daraus zieht", so Werner. Bitter wäre es allerdings, wenn die Krise Arbeitsplätze kosten würde.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat, Petra Kleine, sagt: "Offensichtlich sind viele Beschäftigte verunsichert." Bisher habe der Konzern "kein gutes Krisenmanagement betrieben". Sie erwarte jedoch, dass "Auswirkungen auf den Standort offen kommuniziert werden". Ob Audi-Chef Rupert Stadler von dem Betrug gewusst habe, könne sie nicht beurteilen. "Es ist schlimm, dass die Beschäftigtenzahlen infrage gestellt werden und die Absatzzahlen sinken", meint Kleine.

Klare Worte findet der Fraktionsvorsitzende der Bürgergemeinschaft Ingolstadt (BGI), Christian Lange: "Es ist typisch für unsere Zeit, dass man alles nur mit Salamitaktik erfährt." Die neuen Enthüllungen gingen zulasten der Glaubwürdigkeit von Audi. "Es fällt mir schwer zu glauben, dass das Management nichts gewusst hat", sagt Lange zu den Personaldiskussionen. Er hoffe, dass die Affäre keine Konsequenzen für den Standort Ingolstadt habe. "Die Stadt bietet Audi beste Voraussetzungen. Egal ob beim Straßenbau oder mit dem GVZ - mehr kann eine Stadt nicht machen", so Lange.

Der Fraktionsvorsitzende der ÖDP im Stadtrat, Franz Hofmaier, hält juristische Hintergedanken für ausschlaggebend, dass die Öffentlichkeit alles nur häppchenweise erfahre. "Für die Mitarbeiter ist das nur schwer nachvollziehbar", so Hofmaier. Er sei sicher, dass noch andere Dinge ans Licht der Öffentlichkeit kommen. "Es wurden Fehler gemacht. Ganz massive sogar", sagt er.