Ingolstadt
3000 Kilometer im Sattel

Weil Fliegen nicht umweltfreundlich ist, fährt Santiago Tascon mit dem Rad von Berlin nach Madrid

30.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:44 Uhr

Test mit dem Fahrrad aus Holz: Santiago Tascon ist von dem Bike eines Vohburger Herstellers begeistert. Vielleicht fährt er damit schon bald durch halb Europa. - Foto: Russ

Ingolstadt (DK) Santiago Tascon wollte schon immer nach Ingolstadt. Als kleiner Junge war es sein Traum, hier den eigenen Audi abzuholen. Jetzt war er da, aber das Audi-Gelände hat er nicht mal von außen gesehen. Denn Santiago Tascon sucht kein Auto, sondern ein Fahrrad. Für eine Radtour von Berlin nach Madrid.

Seit Wochen tüftelt Santiago Tascon an der Route, er trainiert hart. Aber das Wichtigste fehlt ihm noch: ein Fahrrad. Dafür sucht Santiago einen Sponsor - einen Hersteller, der ihm ein Fahrrad für die Tour leiht. Einen solchen Sponsor hofft er im Raum Ingolstadt zu finden. "Auf einer Fahrradmesse habe ich jemanden aus Ingolstadt kennengelernt, der Fahrräder aus Holz herstellt", erzählt er.

Der Mann, von dem Santiago spricht, heißt Alois Arnhofer, und er wohnt genauer gesagt nicht in Ingolstadt, sondern in Vohburg. Seit 15 Jahren beschäftigt er sich dort mit Holzrädern und produziert selbst welche - aus Ahorn-, Linden- oder auch Pappelholz. "Kunstwerke" nennt Arnhofer seine Produkte, die er unter dem Namen "ango bikes" verkauft. Nachhaltigkeit spielt dabei eine große Rolle - auch für Tascon.

"Das war schon echt cool", sagt er über seine Spritztour mit dem Rad "und vor allem so leicht." Das liegt daran, dass es innen hohl ist. Ob er mit dem Holzrad die Reise antritt, steht aber noch nicht fest. "Ich teste gerade verschiedene Fahrräder." Viel Zeit bleibt ihm dafür nicht mehr: In gut sechs Wochen ist er schon unterwegs.

Bis Ende August will Tascon 3000 Kilometer mit dem Rad zurücklegen. Von Berlin über Prag, Linz, Bozen, Turin, Lyon und Toulouse bis nach Madrid. Die Radtour soll nur der Anfang einer Projektreihe zu Umweltschutz, Ernährung und Nachhaltigkeit sein. "Ich will Promotion für das Fahrrad machen, weil Fahrradfahren nachá †haltig ist und eine sehr große Rolle in meinem Leben spielt", sagt der 31-Jährige.

Schon als kleiner Junge ist er mit dem Rad durch die Gassen seines Heimatdorfs bei Madrid gedüst. "Stau, Autos und Menschenmassen, das kannte ich gar nicht. Ich hatte einfach immer eine krasse Verbindung zu allem, was grün und schön ist. Diese Liebe habe ich nie verloren", erzählt der Zwei-Meter-Mann. Doch dann hat er in Kanada und England gelebt, später im Außendienst für die spanische Botschaft in Shanghai und Mexico gearbeitet - Fahrradfahren: Fehlanzeige.

Erst als er 2012 nach Berlin kam, um dort Umweltwissenschaften zu studieren, hat er das Fahrradfahren wieder für sich entdeckt. "Es war wie sich neu verlieben", schwärmt Tascon und grinst über beide Ohren. Und dann hatte er eine Idee: Warum nicht mit dem Fahrrad zu seinen Eltern nach Madrid fahren? Die Flüge haben ihn schon lange gestört.

Aus dem Familienbesuch ist inzwischen ein großes Projekt geworden: Tascon will eine Dokumentation drehen; über seine Reiseerlebnisse und die Gründe fürs Fahrradfahren. Deshalb auch der Name 3000 Reasons to ride a bicycle: "Es werden wahrscheinlich nicht 3000 Gründe in der Dokumentation sein. Es heißt nur so, weil ich 3000 Kilometer fahre", verrät Santiago Tascon.

Doch für die Dokumentation braucht Tascon Geld: 2500 Euro will er über die Spenden-Plattform "gofundme" einnehmen. Bisher sind über 400 Euro zusammengekommen. "Das ist ein Zeichen für mich, dass es Leute gibt, die die Dokumentation sehen wollen", sagt Tascon. Als mögliche Unterstützer sieht er "Leute, die Fahrrad fahren wollen, aber unzufrieden mit der Infrastruktur sind". Auf der Reise wird er sich mit Politikern treffen und mit ihnen darüber reden. "Es braucht mehr Infrastruktur. In Ingolstadt sieht das schon ganz gut aus. Die Strecke an der Donau ist perfekt, um tolle Fahrradfahrten zu machen." Das hat Tascon persönlich ausprobiert - bei einer Testfahrt entlang des Flusses von Ingolstadt nach Vohburg.