Ingolstadt
In der Schuldenfalle

Die Insolvenzberatung der Caritas-Kreisstelle hat im vergangenen Jahr weit über 500 Haushalte betreut

26.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:30 Uhr
Ebbe im Geldbeutel: Trotz guter wirtschaftlicher Lage ist die Überschuldungsquote auch in Ingolstadt gestiegen. −Foto: Foto: Patrick Lux/dpa

Ingolstadt (DK) Weit über 500 Haushalte hat die Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt im vergangenen Jahr beraten. In fast der Hälfte lebten unterhaltspflichtige Kinder. Das geht aus dem Jahresbericht 2017 dieser Stelle hervor.

"Wir verzeichnen einen leichten Zuwachs von Menschen über 60 Jahre. Gründe hierfür sind oft geringe Renten, das Sterben eines Partners und kaum angespartes Vermögen", erklärt Bernhard Gruber, Leiter der Schuldnerberatung in der Jesuitenstraße. Jeder zweite Ratsuchende habe einen Migrationshintergrund. "Eine neue Zielgruppe bilden Flüchtlinge, die unsere Beratungsstelle aufsuchen, oftmals vermittelt über unsere Migrationsberatung", informiert Gruber. Insgesamt sei jeder 14. Ingolstädter über 18 Jahre überschuldet. Die Überschuldungsquote ist laut dem Jahresbericht damit zwar niedriger als im Bund mit gut zehn Prozent, allerdings ist sie auch in Ingolstadt trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung um 0,3 auf 7,3 geringfügig angestiegen. Gruber fragt sich, "wie erst die Überschuldungszahlen aussehen, wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung abschwächt".

Etwa die Hälfte der Klienten der Caritasstelle bezieht laut dem Bericht existenzsichernde Sozialleistungen. Allerdings befänden sich auch durchaus gut verdienende Menschen in der Beratung. "Die durchschnittliche Forderungshöhe bei der Sozialberatung für Schuldner betrug 12000 Euro, bei der Insolvenzberatung 45000, der ?Rekord' lag 2017 bei 225000 Euro", bringt Gruber die Schicksale anhand von Zahlen auf den Punkt. Hauptsächliche Ursachen für eine Überschuldung seien Arbeitslosigkeit, Krankheit, Trennung oder Scheidung sowie niedriges Arbeitseinkommen, aber es gebe auch andere Gründe. "Die Menschen, die zu uns kommen, wollen auch mithalten und finanzieren deshalb ihren Konsum auf Pump. Dabei wird es ihnen von manchen Banken und anderen Dienstleistern auch leicht gemacht", sagt der Caritas-Berater. Ein überzogenes Girokonto ohne die notwendigen Einnahmen zum Ausgleich sei oft der Einstieg in den ersten Kredit. Nebenbei würden den Kunden dann Bausparverträge oder Versicherungen verkauft.

Bei jungen Menschen beobachten die Caritasberater vor allem Handyschulden und Internetkäufe. Die Menschen verschuldeten sich oft bis zum "Anschlag", und eine geringe Reduzierung des Einkommens reiche dann oft aus, dass die Schulden nicht mehr zurückgezahlt werden können.

Der Weg zur Schuldnerberatung erfolge meist erst sehr spät, wenn andere Hilfsmöglichkeiten wie Umschuldungen, private Kredite oder Überziehung des Girokontos nicht mehr greifen.

"Überschuldung verursacht Stress", weiß Bernhard Gruber aus seiner Beratungstätigkeit. "Viele Klienten klagen über Schlaflosigkeit und andere gesundheitliche Beschwerden. Manche öffnen die Gläubigerbriefe nicht mehr, nicht selten leidet die Ehe oder die Partnerschaft unter den massiven finanziellen Problemen. Deshalb kommen Klienten oft verzweifelt und ratlos, gleichzeitig aber auch mit großen Hoffnungen zu uns." Am Beginn einer Beratung, informiert der Sozialberater, stehe immer die Existenzsicherung: an erster Stelle die Miet- und Energiezahlung - sonst drohe Wohnungslosigkeit oder eine Energiesperre. Die Caritas-Kreisstelle bietet deshalb eine spezialisierte Beratung bei Miet- und Energieschulden an. Gruber: "Je früher sich Klienten an uns wenden, umso eher besteht die Möglichkeit, den Wohnraum und die Energiezufuhr zu erhalten und weitere Schulden zu vermeiden."