Ingolstadt
Der Ministerpräsident und der Mythos

Auch Horst Seehofer erliegt der Faszination von Hinterkaifeck und besucht eine Vorführung des gleichnamigen Films

01.04.2012 | Stand 03.12.2020, 1:39 Uhr

Kriminalhauptkommissar a. D. Konrad Müller erläuterte den Besuchern nach der Filmvorführung wichtige Details der Ermittlungen im Fall Hinterkaifeck - Fotos: Strisch

Ingolstadt (nos) Insgesamt 600 Besucher sind am Samstag zu den drei ausverkauften Vorführungen des Films „Hinterkaifeck“ in den Fahnensaal des Neuen Schlosses gekommen. Aber die Anwesenheit von einem von ihnen hatte für Filmemacher Hans Fegert eine Bedeutung „wie der Bayerische Filmpreis und der Oscar zusammen“: Auch Ministerpräsident Horst Seehofer war mit seiner Frau Karin gekommen, um sich die filmische Aufarbeitung des Sechsfachmordes auf dem Einödhof an dessen 90. Jahrestag anzusehen.

„Für mich liegt über dem ganzen Geschehen so etwas wie ein Mythos“, sagte Seehofer bei seinem Eintreffen gegenüber unserer Zeitung. Es interessiere ihn deshalb „als Bürger dieser Region“, ob der Mythos durch den Film und die Erläuterungen von Fegert und Kriminalhauptkommissar a. D. Konrad Müller etwas aufgehellt werden könne. Als ehemaliger langjähriger Abgeordneter des Wahlkreises, in dem auch Hinterkaifeck liegt, sei er zudem emotional mit „einem der spannendsten Kriminalfälle in ganz Deutschland“ verbunden.

Nachdem er den Film zum ersten Mal gesehen hatte, bescheinigte der Ministerpräsident den Machern, das mysteriöse Geschehen „filmisch sehr gut aufgemacht“ zu haben.

Der Streifen verleite zu Vermutungen, sagte Seehofer weiter. „Ich habe auch eine eigene, will aber den vielen Gerüchten, die seit Jahren kursieren, kein weiteres hinzufügen“, gab er sich dem Thema angepasst geheimnisvoll.

Die Spekulationen rund um den Mordfall und das geheimnisumwitterte, auch nach 90 Jahren nicht aufgeklärte Geschehen sind nicht nur für Seehofer, sondern auch für die meisten anderen Besucher die Gründe für ihr Kommen.

Vinzenz Hagn aus Ingolstadt beispielsweise war „gespannt, ob es neue Aspekte gibt bei dem Thema, das auch nach 90 Jahren noch viele Fragen aufwirft“, eben weil es keine abschließenden Fakten gebe. Überhaupt müsse der Fall eigentlich für jeden interessant sein, der in der Region lebe.

Für Silke Zaschka, die zwar in Karlskron wohnt, aber nicht von hier stammt, ist Hinterkaifeck schlicht und einfach „ein Stück Geschichte“. Sie habe immer davon gehört, seit sie hier lebt, betont die Krimiliebhaberin. Jetzt will sie „auch mal hinfahren“, obwohl sie weiß, dass dort nur noch ein Marterl zu sehen ist.

Gabriele Malecki aus Pfaffenhofen sieht den besonderen Reiz darin, dass Hinterkaifeck „eine Kriminalgeschichte ist, die nicht erfunden ist, sondern mit Realität zu tun hat“. Dies sorge für Spannung und Rätselhaftigkeit. Ihren Mann Gerhard fasziniert schließlich, dass der Fall nach wie vor nicht aufgeklärt ist. „Warum wissen wir nicht, was da war“, fragt er, obwohl jahrelang versucht worden sei, dies herauszufinden. Mit dem Film und den dazu gehörenden Erläuterungen sei „viel Atmosphäre rübergebracht“ worden, meinte Gerhard Malecki. Zudem habe man als Besucher einen Eindruck gewinnen können, „wie es vielleicht war“.

Diese Realitätsnähe ist den beiden Protagonisten Fegert und Müller ganz besonders wichtig. Denn gerade angesichts von Gruselwanderungen und anderen Angeboten im Zusammenhang mit Hinterkaifeck betont Müller, wie bedeutend ihm bei dem Fall, in dem er seit 30 Jahren privat ermittelt, Seriosität sei. Dies sei schließlich „ein ehrenwerter Kriminalfall, den ich nicht verstellt wissen möchte“.

Verstellt war der Zugang zu den Filmvorführungen am Samstag allerdings für rund 70 Leute, die den im Jahr 1981 gedrehten 40-minütigen Streifen ebenfalls sehen wollten. Denn obwohl drei Vorführungen anberaumt waren, reichten die Plätze nicht aus und Fegert musste viele Interessenten wieder nach Hause schicken beziehungsweise ihnen gleich vom Kommen abraten. Denn es habe Kartenanfragen bis aus Augsburg gegeben.