Ingolstadt (dk)
"Nach der Diagnose ist man platt"

21.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:55 Uhr

Gerhard Vogl, Leiter der Selbsthilfegruppe Prostatakrebs, über die Bedeutung der Beratung

Herr Vogl, aus Sicht des Patienten: Was sind die Vorteile der Psychosozialen Krebsberatungsstelle?

Gerhard Vogl
: Die Vorteile sind die schnelle Erreichbarkeit, die kurzen Wege, keine Wartezeiten. Man ruft einfach kurz an, bekommt einen Termin und kann ein Gespräch führen. Es ist meiner Erfahrung nach das Wichtigste nach der Erkrankung, dass man ein bisschen aufgefangen wird. Man kann hier Dinge besprechen, die man nicht mal mit seinem Partner besprechen kann oder will. Solche Sachen kann man hier loswerden. Das ist für mich das Wichtigste.

 

Sie sind selbst Krebspatient und leiten die Prostata-Selbsthilfegruppe. Damals, als die Krankheit bei Ihnen ausgebrochen ist, gab es die Beratungsstelle noch nicht. Wie ist das heute im Unterschied zu dem, was Sie erlebt haben?

Vogl: Die Krebsberatungsstelle hat es damals noch nicht gegeben, das ist richtig. Aber ich hab' Gott sei Dank von meinem Urologen eine Überweisung zu einem Psychologen gekriegt. Ich hab's wahrgenommen, manche trauen sich nicht zum Psychologen, und ich habe auch kurzfristig einen Termin bekommen. Normalerweise sind die Wartezeiten sehr lang. Wenn ich drei Monate auf einen Termin warten muss, hab ich drei Monate alles in mir, was ich einfach nicht loswerden kann.

 

Wie wichtig ist die psychologische Beratung bei Krebs?

Vogl: Die spielt eine große Rolle. Wenn man die Diagnose bekommt, ist man erst mal platt. Es gehen einem so viele Fragen durch den Kopf, die man irgendwo loswerden muss. Mit jemandem drüber reden, ist da ganz wichtig. Das kann man teilweise mit Angehörigen tun, aber manche Sachen sind außer Haus besser zu bewältigen. Und das ist ganz, ganz wichtig.

 

Was wäre, wenn die Beratungsstelle tatsächlich aus Geldmangel geschlossen werden würde? Was würde das für Ihre Selbsthilfegruppe bedeuten?

Vogl: Wir sind zwar angeschlossen an den Bundesverband Prostatakrebs. Aber die sind weit weg. Und die hier sind vor Ort. Wenn ich ein Problem habe, rufe ich an, lass mich beraten oder mir Anlaufstellen sagen. Wenn die Krebsberatungsstelle in München ist, da fährt kein Patient rauf. Weil der momentan andere Sorgen hat. Wichtig sind die kurzen Wege. Dass es in der Region eine Anlaufstelle gibt.

 

Was wäre, wenn dennoch das Aus käme?

Vogl: Wir wären wieder auf uns allein gestellt. Wir müssten viele Sachen selber stemmen. Auch Veranstaltungen machen, wo uns die Krebsberatungsstelle unterstützt hat. So etwas müssten wir dann selber organisieren. Das heißt, auf mich käme noch mehr Arbeit zu.

 

Das Gespräch führte

Ruth Stückle.