Gerolfing
Das Paradies in Tracht

Dreitägiges Festprogramm in Gerolfing demonstriert Brauchtumspflege und Zusammengehörigkeit

19.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:39 Uhr

Ganz Gerolfing bei Regen auf den Beinen: Die beiden Schirmherren Horst Seehofer und Christian Lösel reihten sich gestern in den Festzug mit ein. Beim Heimatabend am Samstag stand im Festzelt der Volkstanz bei einem rund zweistündigen Programm im Mittelpunkt (unten). - Fotos: Hammer, Brandl (2)

Gerolfing (DK) Das große Festwochenende ist zu Ende. Im Mittelpunkt der drei Tage stand das 60-jährige Bestehen des Heimat- und Trachtenvereins im Ortsteil Gerolfing. Gefeiert wurde am Samstag mit einem Gauheimatabend. Am gestrigen Sonntag folgte der Festakt mit Ministerpräsident Seehofer.

Zugegeben: Echte Gamsbärte als Hutschmuck gab es am Samstagabend beim Gauheimatabend und beim Festakt am Sonntag im Festzelt auf dem Sportplatz kaum zu sehen. Stattdessen zierten die zahlreichen Kopfbedeckungen der Trachtler aus nah und fern schneeweiße bauschige Flaumfedern (manche echt, manche nicht), was aber nicht weniger geschmackvoll und ästhetisch aussah als die aus dem Rückenhaar des Gamsbocks gefertigten Pendants, die ja ohnehin mehr für die Hüte der Vertreter der Gebirgstrachten Verwendung finden.

So bestens behütet und vom Feinsten volkstümlich in Schale geworfen, ließ es sich gut und geschmeidig tanzen und schuhplatteln, als nacheinander in den rund zwei Stunden Programm die Patenvereine und zahlreichen Gastvereine - darunter Delegationen aus Traunstein und Mittelfranken - ihre Auftritte auf der Bühne hinlegten und so für einen zünftigen Abend ganz nach bayerischer Tradition sorgten.

Unter anderem mit dabei waren die Kleinkinder der Kindergruppe Gerolfing, die einen zauberhaften Tanz nach dem Stück "Hiatamadl" aufführten. Eine saubere Kreuzpolka gab es gleich darauf von der Gaujugendgruppe, eine zünftige Marschierpolka legten D'Waldbauern aus Gungolding auf die Bretter. Etwas langsamer von der Choreografie, aber deshalb nicht weniger sehenswert gestaltete sich der Auftritt von Dö Birkastoana aus Grasheim, die auf der Bühne Torfstecher darstellten und so tänzerisch darboten, welch harte Arbeit die Mägde und Knechte seinerzeit auf den Äckern leisteten.

Gegen Ende des Abends präsentierten die Gerolfinger Trachtler den Bandltanz. Dazwischen gab es immer wieder perfekt einstudierte Schuhplattler zu bewundern, darunter der Haushamer Burschenplattler von D'Paartaler aus Manching. Musikalisch durch den Abend führten die Konsteiner Musikanten. Die Moderation übernahm souverän Franziska Straus.

Sowohl am Samstag als auch am Sonntag zum Festakt begrüßten Festleiter Josef Nißl und Gauvorsitzender Rudi Dietz die Gäste, vor allem die vielen von nah und fern angereisten Vereine und deren Mitglieder sowie die beiden Schirmherren, Ministerpräsident Horst Seehofer und OB Christian Lösel. Unter den Ehrengästen befanden sich weiter der Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl sowie zahlreiche Vertreter der Stadtpolitik. In ihren Reden betonten Nißl und Dietz die Wichtigkeit der Trachtenvereine zum Erhalt der bayerischen Tradition, der Heimat, Sitte und Tracht und dankten den vielen Ehrenamtlichen für ihren großen Einsatz dafür.

Dem konnte sich Horst Seehofer in seiner Begrüßungsrede nur ausdrücklich anschließen. "Auf euren Schultern ruht der Freistaat", rief er den Trachtlern zu und lobte sie dafür, dass sie nicht erst die Frage danach stellten, was Kommune und Staat für sie tun könnten, bevor sie aktiv werden.

Zuvor jedoch machte er deutlich, dass er sich auf Besuch bei den Trachtlern "bedeutend wohler" fühle als bei einem Termin im Kanzleramt, wie er am Freitag stattgefunden habe. Die ungesagt gebliebene Begründung dafür wurde offenbar verstanden, so erntete der CSU-Politiker dafür kräftigen Applaus. Seehofer war hingerissen von der Kulisse, die sich ihm von der Bühne aus bot. Eine solche Buntheit, das gebe es nur in Bayern, sagte er und untermauerte seine Aussage sogleich mit dem Ergebnis einer Studie. Demnach schätzen die meisten der 13 Millionen im Freistaat lebenden Menschen ihre Heimat deshalb, weil die Brauchtumspflege und das Zusammengehörigkeitsgefühl derart ausgeprägt seien. Bayern sei daher nicht mehr nur die Vorstufe zum Paradies, "Bayern ist das Paradies", verkündete er. Auch Max Bertl, Landesvorsitzender des Bayerischen Trachtenverbands, lobte die gelebte Gemeinschaft in den Trachtenvereinen. "Trachten sind das Gesicht Bayerns", sagte er. "Wir wollen das auch in Zukunft sein und so am Paradies mitwirken."

Weitere Höhepunkte des Programms am gestrigen Sonntag waren der Festgottesdienst, zelebriert von Pfarrer Sebastian Bucher (er wurde von Seehofer für seine darin entwickelten Bezüge zur Bedeutung der Tracht und zum Brauchtum gelobt) und am Nachmittag der große Festzug durch Gerolfing. Außerdem wurden langjährige Mitglieder des Verbands und der Vereine für ihre Treue geehrt.