Gerolfing
An der Spitze flattert’s bunt

20 starke Männer und ein kahler Stamm – Gerolfing hat gestern seinen Maibaum aufgestellt

30.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:21 Uhr

Damit es schön bunt flattert: Die kleine Leonie (3) schmückt mit ihrer Mutter Marina Geißler den Wipfel des Maibaums mit blauen und weißen Schleifen aus Krepppapier. - Foto: Brandl

Gerolfing (DK) Die Straße ist gesperrt. Ältere Männer rücken sich auf dem Gehsteig die Gartenbank zurecht, um ja nichts zu verpassen. Kleine Kinder wuseln aufgeregt umher. Dann ruft jemand „Hau Ruck!“ und gut 20 Männer lassen ihr Muskelschmalz spielen und stemmen den Maibaum in die Höhe.

Das Szenario am Donnerstagnachmittag gleicht einem Ausnahmezustand: Eine Straßensperre wird errichtet, Flatterband gespannt. Von der Hauptstraße her blockiert ein Feuerwehrauto eine Fahrbahnseite der Eichenwaldstraße. Dann rückt ein erster Tross aus Männern, eine Art Vorhut, an. Ihre Aufgabe: Einen über 23 Meter langen, bis auf den Wipfel kahlrasierten, Fichtenbaumstamm in exakte Position zu bringen. Ihr Ziel: Der Stahlsockel neben der Sparkassenfiliale. Dort soll er wenige Stunden später in seiner vollen Pracht stehen – der frisch gefällte Gerolfinger Maibaum.

Bis es soweit ist, muss das gute Stück allerdings erst präpariert und einjustiert werden. „Baum zu mir“, weist Josef Nißl vom Trachtenverein seine Leute an. Acht Männer packen an und drehen den Stamm in seine Richtung. Schließlich soll er später von seiner schönsten Seite aus zu bewundern sein. Dann geht es an die Feinarbeit: Gerhard Dier nagelt mit ein paar anderen Vereinskollegen Baustahl ans obere Drittel des Stamms. Das soll den Baum an seiner schwächsten Stelle stabilisieren, dient aber auch der Sicherheit. „Wenn die Spitze abbricht, bleibt sie hängen“, erklärt Dier. Am unteren Drittel misst Nißl derweil exakt 6,13 Meter vom Ende des Stamms ab. Genau an der Stelle wird eine Metallhalterung mit Schrauben fixiert, die den gesamten Baum umgibt. Später, wenn der Maibaum steht, werden hier die Zunftschilder angebracht. Doch bis dahin ist noch ein gewaltiger Kraftakt von Nöten, der rund 50 Gerolfinger an den Ort des Geschehens lockt.

Die Uhr zeigt 16.26, als Nißl „Pack ma ’s!“ ruft. Gut 20 Mann umgeben jetzt den Stamm und streifen sich Handschuhe über. Dann wird zugelangt und der Stamm erhebt sich von den Holzböcken, auf denen er gelagert ist. Ein größerer Holzbock wird nun untergeschoben. „Hau Ruck!“ ruft Nißl und wieder geht der Maibaum knarrend ein Stück weit in die Höhe. Jetzt kommen die Scheren ins Spiel. Verschieden lange Holzpfosten, die paarweise mit dicken Stricken verknüpft sind. Unter dem Stamm verkeilt wirken sie wie Pfeiler, mit denen der Maibaum nun langsam aufgerichtet wird.