Gaimersheim
Initiative gegen leere Briefkästen

Vom Poststreik betroffene Gaimersheimer suchen Aushilfen für die Briefverteilung

01.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:07 Uhr

Gaimersheim (DK) Seit nun schon drei Wochen warten die Gaimersheimer wegen des Poststreiks vergeblich auf Briefe. Einige Betroffene haben sich deshalb zusammengetan, um die Verteilung der Postsendungen möglichst schnell wieder anzukurbeln – und zwar mit Hilfe von Aushilfskräften.

Emil Bergmann, Geschäftsführer der Firma Bergmann Automotive Ideas, und Karola Brandt, Geschäftsführerin des Tagespflegezentrums Kinderwelt, sowie weitere Mitstreiter lassen keine Unterschriftenlisten herumgehen, sondern verteilen Informationsblätter in Gaimersheim. Damit versuchen sie, Abiturienten, Studenten oder andere Aushilfskräfte zu finden, die kurzfristig verfügbar sind und für einige Zeit im Briefverteilzentrum Gaimersheim helfen, die dort wegen des Streiks aufgetürmten Berge von Briefen abzubauen.

„Unterschriften helfen uns nichts, wir brauchen einen raschen Notbetrieb“, sagt Bergmann. Denn er sieht den Grund für den Streik in strukturellen Problemen zwischen der Post und Verdi, „und die werden nicht so schnell zu lösen sein“. Für Bergmann ist das Streikrecht im Übrigen durchaus in Ordnung, aber er stellt wie auch Brandt die Frage, warum Gaimersheim komplett bestreikt wird, während andere Orte in der Umgebung ganz oder weitgehend verschont blieben. Da könnte die Post ja wechselweise einmal im Ort A, dann in der Gemeinde B und schließlich in der Kommune C die Briefe austragen, anstatt Gaimersheim komplett postalisch lahmzulegen, so Brandts Meinung.

Bergmann sieht den Poststreik im Übrigen „viel kritischer als den Bahnstreik, denn da kann ich einen anderen Zug oder das Auto nehmen“. Aber hier habe er keine Alternativen, so der Firmenchef, der der Meinung ist, „dass dadurch sogar die Existenzen von Firmen gefährdet sind, wenn es ganz dumm läuft“. Dabei weist er beispielsweise auf Fristen im Zahlungsverkehr hin.

Bergmann selbst flüchtet sich bei diesem Thema allerdings in Galgenhumor, wenn er anfügt: „Mir ist noch kein Rechtsstreit oder keine Blitzerrechnung bekannt, die ich versäumt hätte zu zahlen.“ Er fügt auch an, dass Post und Gewerkschaft mit dem Streik das Wort „Vertrieb“ wörtlich nähmen und die Kunden dadurch vertreiben würden. Und auch Brandt ist der Meinung, dass jetzt viele Betriebe schauen würden, was sie bei der Post künftig noch einsparen könnten.

Die Suche nach Aushilfskräften – auch durch außenstehende Initiativen wie derzeit streikbedingt in Gaimersheim – ist übrigens kein Einzelfall, wie Erwin Nier, Pressesprecher der Deutschen Post/DHL, gestern auf Anfrage sagte. Dass die Post um diese Jahreszeit Abiturienten und Studenten als Aushilfen einstelle, sei eine „völlig normale Geschichte“, denn mit den Ferienjobs würden jedes Jahr urlaubsbedingte Personalengpässe ausgeglichen. Wegen des Streiks geschehe dies jedoch aktuell besonders intensiv.

Laut Nier wurden auch schon gut zehn Studenten eingestellt, die „hauptsächlich“ das streikbedingt reduzierte Team in Gaimersheim – oder auch woanders in der Umgebung – verstärken sollen. Doch „wir suchen noch weiter“, so der Post-Sprecher. Wer also mindestens 18 Jahre alt ist, einen Führerschein besitzt, keine Einträge in Führungszeugnissen hat und sich bewusst ist, „dass dies kein Job in geschlossener Halle ist“, der kann sich über den Karrierebutton auf der Post- oder DHL-Homepage bewerben. Nier weist aber daraufhin, „dass es sich unter vier Wochen eigentlich nicht lohnt“, weil Neulinge von verbeamteten Kräften erst einmal eingearbeitet werden müssten. Die Aushilfen erhalten laut ihm den normalen Einstiegsstundenlohn von rund zwölf Euro.