Friedrichshofen
Eine schwere Geburt

Stadtbaurätin zerstreut Sorgen der Bürger zum Neubaugebiet beim Klinikum

21.11.2012 | Stand 03.12.2020, 0:48 Uhr
Ein Stadtteil wächst: Hinter dem Klinikum (vorne) und dem vor Bebauung geschützten Dachsberg (dunkelgrüne Fläche) wird bald Friedrichs?hofen-West mit rund 1000 Neubürgern entstehen. Die Nachbarn fürchten dadurch eine starke Verkehrsbelastung. −Foto: Schalles

Friedrichshofen (DK) Verkehr, Verkehr, Verkehr: Diese drei Dinge beschäftigen die Friedrichshofener. Auch was das Neubaugebiet im Westen betrifft. Fast eineinhalb Stunden klärte Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle die besorgten Anlieger der Vorwaltnerstraße über den Stand der Planungen auf.

Irgendwann könnte Renate Preßlein-Lehle ihre Dokumente an Gustl Bernhardt weiterreichen: für die Fortschreibung von Bernhardts umfangreicher Chronik über Friedrichshofen. Derart lückenlos hat die Stadtbaurätin die vergangenen vier Jahre erforscht; sich die Protokolle der Sitzungen des örtlichen Bezirksausschusses besorgt, Vorlagen für den Stadtrat herausgesucht, das Register der amtlichen Bekanntmachungen studiert. Schwarz auf Weiß wollte sie mit dieser Dokumentation, die sie am Dienstagabend im voll besetzten Saal der Thomaskirche präsentierte, den Beleg liefern: Das geplante Baugebiet im Westen Friedrichshofen beschäftigt ihre Stadtverwaltung schon seit dem Jahr 2008 in aller Öffentlichkeit. Und noch viel mehr: Seit dieser Zeit bemühen sich die Planer auch darum, die weitere Verkehrsbelastung des Stadtteils im Einklang mit den Bürgern gerecht zu verteilen.

Daran zweifelten bis zuletzt die Anlieger der Vorwaltnerstraße, die sich von den Planungen für das zunächst 1000 Menschen fassende Baugebiet überrollt fühlen. Dabei aber, so ließ Preßlein-Lehle durchblicken, hätte es genügend Chancen gegeben, sich zu informieren. Der örtliche Bezirksausschuss (BZA), vor dem Preßlein-Lehle am Dienstag sprach, ist so ein Gremium. Ein extra einberufener Arbeitskreis, „repräsentativ besetzt“ (Preßlein-Lehle) mit Friedrichshofenern aus allen Lagern, nahm sich ebenfalls der Sache an. Und, so versicherte die Stadtbaurätin, zwei Damen, die von ihr namentlich genannt wurden, hätten im Arbeitskreis „sehr engagiert die Interessen der Leute aus der Vorwaltnerstraße vertreten“. Aber, alle anderen hätten natürlich auch „die Friedrichshofener Straße und die Schultheißstraße im Blick“ haben müssen. Nach mehreren Tagungen des Arbeitskreises stand ein Kompromiss fest, wie das Baugebiet angebunden werden soll.

Preßlein-Lehle wiederholte vor dem BZA gerne, was der Stadtrat (auf Vorschlag des Arbeitskreises) bereits voriges Jahr im Rahmenplan zum Baugebiet beschlossen hat: Während die Baumaschinen über die Ochsenmühlstraße anrollen sollen, dürfen die Neubürger in Richtung Osten über einen leicht ausgebauten Weg südlich des Friedhofs fahren. Er ist als Einbahnstraße ausgelegt. „Und nur 4,5 Meter breit, keine zehn“, beruhigte Preßlein-Lehle.

Als sie dafür noch immer zweifelnde Blicke der Anwohner erhielt, schalteten sich am Dienstag die drei Friedrichshofener Stadträte Anton Böhm (SPD), Karl Spindler (CSU) und Gerd Werding (FW) ein, die fraktionsübergreifend bestätigten: „Wir wollten den Weg am Friedhof entlang auch nicht, wir haben den ganzen Abend im Arbeitskreis darüber gestritten. Aber es ist die vernünftigste Lösung“, sagte Spindler.

Dass von dem Ergebnis nicht der gewünschte Effekt – also komplette Aufklärung – bei den Bürgern ankam, das schreibt sich Preßlein-Lehle durchaus selbst zu: „Wir haben einen Fehler gemacht: die Presse beim Arbeitskreis ausgeschlossen“, gab sie selbstkritisch zu. „Das würde ich jetzt anders machen.“

Die Gelegenheit dürfte es noch geben. Denn wie es nach dem ersten Bauabschnitt mit einer Vergrößerung von Friedrichshofen-West weitergeht, steht in den Sternen. „Der Grunderwerb stockt. Nicht jeder Landwirt verkauft“, erklärte Preßlein-Lehle. Sehr bald soll aber ein Feldweg von der Ochsenmühlstraße zum Klinikumparkplatz (für Besucher, Beschäftigte und Krankenwagen) ausgebaut werden. Von dort geht es aber nicht weiter. 2500 Autos pro Tag könnten die Friedrichshofener Straße aber über diesen Weg entlasten, haben die Planer berechnet. Der BZA will dazu im Januar eine Sondersitzung abhalten – vielleicht wieder mit der Stadtbaurätin.