Friedrichshofen
Jung trifft alt

Gewachsene Schicksalsgemeinschaft: Friedrichshofen ist 180, Hollerstauden gerade mal 21

07.09.2012 | Stand 03.12.2020, 1:05 Uhr

Idylle im Retortenstadtteil: Hollerstauden kann mit einem künstlichen Bachlauf entlang der kerzengeraden Adam-Smith-Straße und auch sonst mit viel Grün punkten. Das benachbarte Friedrichshofen im selben Stadtbezirk erstickt dagegen in einer Blechlawine - Foto: Strisch

Friedrichshofen (DK) In der Reihenfolge der Stadtbezirke kommen sie mit Nummer elf als Vorletzte, was aber keinesfalls als Qualitätsmerkmal für die zusammengewachsenen Stadtteile Friedrichshofen und Hollerstauden zu sehen ist. Sie sind ungleiche Brüder: Einer wird 180 Jahre alt, der andere ist erst 21.

Wer die alten Bilder sieht, der mag es kaum für möglich halten, was hier draußen im äußersten Nordwesten der Stadt passiert ist. Einst – und das ist gerade 30 Jahre her – eröffneten die Stadtoberen den Klinikumsneubau auf freiem Feld. Diese Standortwahl war, wie längst bekannt ist, ein Glücksfall. Das größte Krankenhaus der Region gedieh und konnte ungehemmt zum zweitgrößten Arbeitgeber Ingolstadts wachsen. Kaum vorstellbar, wie die Geschichte am zunächst geplanten Grundstück an der Dreizehnerstraße am Altstadtrand ausgegangen wäre.

Das Klinikum draußen auf der grünen Wiese – das lässt sich schon lange nicht mehr sagen. Mit seiner rasanten Entwicklung ist die Friedrichshofens untrennbar verbunden. Einst Nachbar in Sichtweite, inzwischen seit vielen Jahren unmittelbar auf Tuchfühlung mit dem Medizinkomplex. Ähnliches lässt sich über den Westpark am östlichen Ende Friedrichshofens sagen. Auch er schien bei der Eröffnung in den 90er Jahren fern, ist aber wie das Gewerbegebiet an der Mittleren Heide mit Friedrichshofen zusammengewachsen.

Und in Richtung Innenstadt hat das frühere Kolonistendorf, das heuer 180 Jahre alt wird, einen Bruder bekommen. Die Stadtväter pflanzten hier auf 77,6 Hektar den jüngsten Stadtteil Ingolstadts. 1991 rückten die Bagger an. In Hollerstauden, weil nach dem Zweiten Weltkrieg dort die Holundersträucher so schön blühten.

Die rasante Entwicklung der beiden Viertel, die als ein Stadtbezirk geführt werden, findet sich selbstverständlich in den Zahlenkolonnen der städtischen Statistiker. Um 133 Prozent wuchs die Einwohnerzahl auf diesen Gemarkungen seit der Volkszählung 1987. Da kann kein anderer der insgesamt zwölf Stadtbezirke auch nur annähernd mithalten – keiner davon bekam aber auch einen ganzen neuen Stadtteil zugeteilt. Friedrichshofen und Hollerstauden sind, obwohl vereint, doch ungleiche Brüder: das gewachsene Dorf gegenüber der Retortensiedlung mit modernen Wohnblöcken. Rund 8500 Menschen leben rund um die Friedrichshofener, Leveling-, Krumenauer, Adam-Smith-Straße und Degenhartstraße. Die Altersgruppe zwischen 20 und 45 Jahren ist besonders stark vertreten; junge Familien aber nicht unbedingt.

Das könnte sich bald ändern: Obwohl in Hollerstauden noch immer Lücken frei sind, aber im Norden, Osten und Süden in der Fläche alles dicht ist, geht das Wachstum in Richtung Westen zur Gabel weiter. Rund 1000 neue Bürger sollen in diesem Teil Friedrichshofens ihre Heimat finden. Sie werden, so fürchten aber die Alteingesessenen, alles noch schlimmer machen. Gemeint ist die Verkehrssituation, die gerade Friedrichshofen wie kaum einen anderen Stadtteil beschäftigt. Vor fast 20 Jahren hängte die örtliche Bürgerinitiative die ersten Protestschilder an die B 13. Seitdem hat der Strom der Autos noch zugenommen. Die Gründe sind zum Teil genannt: Die Nachbarn Klinikum, Westpark und Mittlere Heide gehören wie der boomende Autobauer Audi dazu.

Darüber wird Friedrichshofen am heutigen Samstag sicher sprechen, wenn es in der Schulaula auf das 180-jährige Bestehen des Ortes anstößt. Und am Montag wird weiter diskutiert – mit den Menschen aus Hollerstauden am DK-Stand.