Friedrichshofen
Clevere Züge für Kopf und Körper

Schach ist nicht nur ein Strategie-Spiel fürs Gehirn, sondern kann auch körperlich anstrengend sein

25.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:56 Uhr

Versessen auf Schach: Bernhard Hettele setzt an zu einem cleveren Zug. Der 22-jährige Student widmet sich dem Strategie-Spiel nicht nur im Verein, sondern wann immer er Zeit dafür übrig hat. - Foto: Brandl

Friedrichshofen / Großmehring (DK) Mit einer Spielesammlung fing alles an. In der hat Bernhard Hettele die Anleitung für das Schachspiel gefunden und sie gelesen. Seitdem lässt ihn das „Spiel der Könige“ nicht mehr los. Heute weiß er: Schach ist nicht nur eine Strategie-Disziplin für Majestäten. Und schon gar kein reiner Altherrensport.

 

Wer Schach intensiv betreibt, der kann dabei ganz schön ins Schwitzen kommen. Bernhard Hettele hat es selbst schon erlebt. Beim Blitzschach zum Beispiel. Wenn die Kontrahenten für ihre Züge gerade einmal fünf Minuten Zeit haben, sich in die Partie richtig reinhängen müssen. „Das ist von der körperlichen Anstrengung her manchmal so, als würde man Fußball spielen“, sagt er. Denn schnelle Handbewegungen seien bei einer Blitzpartie ebenso gefragt wie ein heller Kopf. „Man macht da mehr, als nur ein paar Figuren hin und her zu schieben.“

Der 22-jährige Mathematikstudent aus Großmehring ist seit seinem achten Lebensjahr vom Schach fasziniert. Damals fing er mit dem Spielen an, nachdem er sich in eine Anleitung zum Schach vertieft hatte. Der Vater kegelte beim VfB Friedrichshofen, dem auch eine Schachabteilung angeschlossen ist. Eines Tages nahm er den Jungen mit zum Verein. Mit zehn absolvierte Bernhard sein erstes Training. Mit 13 spielte er in seiner Altersklasse die erste Stadtmeisterschaft. Ein Foto davon hängt bis heute im Vereinszimmer. Der kleine Junge von damals ist heute, fast zehn Jahre später, kaum wieder zu erkennen. Die Faszination fürs Schachspielen jedoch ist bei ihm, der mittlerweile die Abteilung leitet, dieselbe geblieben.

Das strategische Brettspiel ist ein guter Nachhilfelehrer, weiß Hettele. „Schach hat mir in der Schule geholfen“, verrät er. Es schärfe die Konzentrationsfähigkeit, das analytische Denken, hilft dabei, Mathematik und Geometrie zu verstehen. „Aber auch psychologische Fähigkeiten werden geschult. Man muss sich ja in den Gegner hineinversetzen können“, erzählt er mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen. Der junge Mann hat aber auch schon von einer Studie gehört, die besagt, dass Schachspielen das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, erheblich senken kann. Was also spricht eigentlich noch dagegen, sich auf ein Duell auf 64 geometrisch angeordneten Feldern einzulassen? Die Frage trifft bei Hettele auf einen offenliegenden Nerv. Denn seiner Ansicht nach leidet das Ansehen des Spiels unter weitverbreiteten Vorurteilen. Schach sei nur etwas für alte Herren, die sich stundenlang schweigend gegenübersitzen, heißt es da. „Das stimmt nicht“, sagt Hettele. „Es gibt sehr erfolgreiche Jugendturniere, wie das Jugend-Open beim VfB Friedrichshofen, zu dem alleine letztes Jahr 88 Teilnehmer gemeldet waren.“ Auch sei der Sport wie geschaffen für ein Miteinander von Menschen mit und ohne körperliche Einschränkungen. Dazu gebe es mit Räuberschach und Lawinenschach Varianten des Schachspiels, die für Anfänger Anreize bieten. Selbst Varianten für drei oder vier Spieler stehen zur Wahl. „Schach ist also sehr variabel und alles andere als verstaubt“, ist Hettele überzeugt. „Ein Spiel für jedermann eben.“

Tatsächlich sind beim VfB unter den Schachspielern Bauarbeiter genauso vertreten wie Ärzte. Man muss also nicht wie Hettele Mathematik studiert haben, um dem königlichen Spiel etwas abgewinnen zu können.

Zwar sei die etwa 75 Mitglieder starke Schachabteilung des VfB mit einem Durchschnittsalter von etwa 50 Jahren nicht gerade jung, räumt er ein. Und auch die Mitgliederzahl habe sich zuletzt nicht gerade nach oben entwickelt. Um so wichtiger sei es ihm daher, Schach in der Öffentlichkeit wieder präsenter zu machen und Vorurteile auszuräumen.

Wer das Schachspielen unverbindlich ausprobieren möchte, der kann freitags ab 19 Uhr beim VfB Friedrichshofen in der Ochsenmühlstraße 20 in Ingolstadt vorbeischauen. Auch Anfänger sind willkommen. „Denn es gibt im Verein Spieler für jeden Anspruch“, versichert Hettele.