Vohburg
Energie sparen für Fortgeschrittene

Eine Analyse zeigt, dass in Vohburg jede Menge Strom und Wärme verschwendet wird

17.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr
Thermographieaufnahmen −Foto: Picasa (Institut für Energietechnik)

Vohburg (DK) Der Stadtrat Vohburg hat sich bei seiner Sitzung am Dienstagabend ausführlich mit dem kommunalen Energiemanagement auseinandergesetzt. Experte Markus Brautsch hat die Ergebnisse einer Untersuchung vorgestellt. Doch dabei soll es nicht bleiben.

Die Lüftungsanlage für die Nebenräume und die kleine Turnhalle in Vohburg läuft 24 Stunden, sieben Tage die Woche im Dauerbetrieb. "Hier muss dringend gehandelt werden", sagte Brautsch. Und noch ein Beispiel für eklatante Energieverschwendung hat er aufgezeigt: die Brauchwasserzirkulation in der Schule. Aufgrund der Legionellen-Gefahr muss in öffentlichen Gebäuden die Wassertemperatur auf mindestens 60 Grad eingestellt werden. Da der Warmwasserverbrauch in der Schule minimal ist, das Wasser aber trotzdem stetig aufgeheizt werden muss, geht laut Brautsch 94 Prozent der Wärme verloren.

Diese beiden Erkenntnisse sind nur ein Teil der Untersuchungen des Instituts für Energietechnik. Die Fachleute haben sämtliche kommunale Liegenschaften auf ihren Strom- und Wärmeverbrauch hin untersucht. In vielen Grafiken hat Brautsch die Ergebnisse veranschaulicht, verglichen und Schlüsse gezogen. Daraus geht hervor, dass die Stadt Vohburg rund 740 000 kWh Strom im Jahr verbraucht und einen Wärmebedarf von 3,5 Millionen kWh hat. Die größten Verbraucher sind die Schule, das Warmbad und die Mehrzweckhalle.

Das Team von Brautsch beließ es nicht nur bei der Datenerfassung. Ziel der Untersuchung ist es ja, das Energiemanagement zu verbessern. Also haben die Fachleute nach Möglichkeiten gesucht, die Energiebilanz zu verbessern. Und sie wurden fündig. Ein Vorschlag sieht eine Kombination aus einem Blockheizkraftwerk (Kosten: etwa 130 000 Euro) und einem Gaskessel an der Schule vor. Dadurch könnte laut Brautsch die CO2-Bilanz um 80 Tonnen pro Jahr verbessert werden. Das Projekt würde sich nach rund sechs Jahren amortisieren. Eine lohnende Investition wäre demnach auch eine großflächige Photovoltaikanlage auf dem Schuldach (Kosten: 66 000 Euro). Hier beträgt die Amortisationszeit etwa zehn Jahre.

Auch an der Lüftungsanlage der Nebenräume und der kleinen Turnhalle sieht er hohes Einsparpotenzial. Ebenso wie bei den Kindergärten, allen voran der Einrichtung Sonnenschein in Rockolding. Anhand von Thermografieaufnahmen wird der Wärmeverlust an der Fassade überdeutlich. Der Wärmebedarf in Rockolding ist drei Mal so hoch wie etwa im Kindergarten Spatzennest. Entsprechend hoch ist der Sanierungsdruck.

Brautsch hat der Stadt also eine ganze Reihe an Hausaufgaben mitgegeben - und Bürgermeister Martin Schmid (SPD) ist gewillt, diese anzunehmen. "Wir werden jedes Jahr ein Projekt angreifen", verkündete er. Als Erstes soll die Heizung in der Schule erneuert werden. Der Stadtrat hat die Planung für ein Blockheizkraftwerk in Auftrag gegeben.

Sepp Steinberger (AV) monierte bei der Diskussion, dass die Aktiven Vohburger bereits vor 20 Jahren ein kommunales Energiemanagement gefordert hatten. "Damals sind wir belächelt worden", sagte er. Und auch das Heizungsproblem an der Schule sei bereits vor zehn Jahren ein Thema gewesen. Erst jetzt, da ein Experte von außen die Schwachstellen anspricht, kommt Bewegung in die Materie.

Darüber hinaus hat der Stadtrat noch eine weitere Entscheidung getroffen. Vohburg wird quasi in letzter Sekunde noch an einem Forschungsprojekt teilnehmen, welches das Institut von Brautsch leitet, unterstützt vom Bayerischen Wirtschaftsministerium. Ziel ist es, mit Hilfe von Sensoren den Strom und den Wärmebedarf einer Einrichtung digital zu erfassen und auszuwerten. Künftig muss also nicht mehr ein Stromzähler abgelesen und das Ergebnis per Fax oder womöglich handgeschrieben weitergereicht werden. Sondern ein Computerprogramm erfasst den Verbrauch zu jeder Zeit. Das entlastet die Mitarbeiter und gibt die Möglichkeit, bei Bedarf schnell zu handeln. Laut Brautsch wird es beispielsweise möglich sein, eine Alarmfunktion einzubauen, die sofort auf einen gravierenden Missstand oder einen Defekt hinweisen kann. Aus Kostengründen wird sich die Stadt Vohburg zunächst nur mit einem Objekt, nämlich der Grund- und Mittelschule, beteiligen. Die Kosten inklusive Pflege und Wartung betragen 15 000 Euro. CSU-Sprecher Xaver Dietz, der dagegen stimmte, zeigte sich verwundert und verwies auf aktuelle Smart-Home-Lösungen. Dabei würden die Daten nicht nur in Echtzeit erfasst, sondern man könne auch eingreifen und die Geräte einstellen. Dementsprechend sah Dietz keinen Sinn darin, in ein Projekt zu investieren, das aus seiner Sicht offenbar nicht mehr dem Stand der Technik entspricht.

Brautsch widersprach. Das Projekt sehe lediglich vor, die Daten zu erfassen. Ein Eingreifen in den Betrieb etwa einer Heizungsanlage sie alleine schon aus Furcht vor Hackerangriffen nicht gewollt.

Kommentar von Markus Meßner

Vohburg sieht sich gerne als Vorreiter in Sachen Umweltschutz. Immer wieder wird betont, welche Anstrengungen die Stadt unternimmt, um Energie zu sparen. Auf den ersten Blick stimmt das. Auf den Zweiten wird aber klar, dass nach wie vor wirtschaftliche Interessen das Handeln bestimmen, nicht ökologische.

Beim Thema Hochwasserschutz fragt niemand danach, ob sich das Projekt amortisieren wird. Natürlich nicht. Schließlich geht es um die Sicherheit und die Lebensgrundlage der Bürger. Selbst bei Freizeiteinrichtungen wie der Mediathek oder dem Warmbad Irsching nimmt die Stadt jedes Jahr erhebliche Verluste in Kauf - zum Wohle der Bürger. Die Attraktivität der Stadt ist offensichtlich ein wertvolles Gut.

Wichtiger als der Umweltschutz. Denn bei allen Projekten, die Energieexperte Markus Brautsch dem Stadtrat vorgeschlagen hat, spielt die Amortisationszeit eine entscheidende Rolle. Das heißt, Umweltschutz ja, aber nur dann, wenn es sich rechnet. Brautsch selbst bemerkte, dass er nur Projekte vorschlägt, die sich nach weniger als zehn Jahren amortisieren. Er kennt die Mechanismen der Gemeinden offenbar. Ein Projekt, das der Umwelt dient aber nicht wirtschaftlich ist, hat keine Chance.

Das wurde bei der Ausschreibung für die Strombeschaffung deutlich. Der Stadtrat hat sich für die Variante Normalstrom entschieden, weil sie günstiger ist. 6000 Euro im Jahr. Ob Ökostrom so viel besser ist, sei dahingestellt. Aber für diese 6000 Euro im Jahr hätte der Stadtrat ein deutliches Signal setzen können. Ein Signal für den Umweltschutz, das nicht von wirtschaftlichen Interessen gelenkt ist.