Ein gar schauriges Spektakel

01.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:32 Uhr

Weh und Ach: Frauen werden an den Pranger gestellt und beklagen ihr Schicksal.

Ingolstadt (DK) Gellende Todesschreie, magisches Licht und allgegenwärtig Gänsehautgrauen – wahrlich ein Horror für alle Sinne war die lange Spuknacht im Neuen Schloss. Die Gäste bei der Veranstaltung des DONAUKURIER genossen am Wochenende ein schauriges Spektakel in historischem Ambiente.

"Ratten! Alte Ratten am Spieß", raunte der zerlumpte Bettler, der mit seiner ebenfalls Furcht einflößend gekleideten Begleiterin am Samstagabend durch die Ingolstädter Fußgängerzone geisterte. Das zweitägige Horrorspektakel zu Halloween zog weite Kreise um das Neue Schloss am Paradeplatz. Viele der mehr als 1000 Besucherinnen und Besucher kamen selbst als Hexen oder Vampire verkleidet. "Wenn schon, denn schon", meinten zum Beispiel die beiden Freundinnen Cathy und Elisabeth, die stilecht kostümiert mit weiß geschminkten Gesichtern, schwarzen Umhängen und spitzen Zauberhüten von einer Vorführung zur anderen eilten. "Die Stimmung ist toll", lobten die jungen Frauen die Inszenierung.
 
Wohl wahr: Das Neue Schloss erwies sich auch bei der zweiten Ingolstädter Spuknacht als perfekter Veranstaltungsort, um Halloween würdig zu begehen. Immer wieder gellten schaurige Schreie durch die sternenklare Nacht, die von Kerzen und farbigen Scheinwerfern erhellt wurde. Lebendige Leichen stiegen im Gruselgraben aus ihren Särgen, an den Bäumen baumelten die Gehängten, und im Schlosshof beschworen drei magische Lichterkreise die Schwarze Magie der Nacht. "Der Geist des Krieges ist erwacht", schallte es aus den Lautsprechern, als edle Kämpen mit brennenden Schwertern aufeinander eindroschen und Feuerspucker heiße Botschaften in die Luft zeichneten.
 
Am Rande der schaurigen Szenerie hielten der groß gewachsene Gobanus, der Hüter des Feuers, und Eckart der Ungelenke für einen Moment inne. Ein junges Paar nutzte die Gelegenheit, um einen Blick hinter die Kulissen zu erhaschen: "Tut das auch weh, wenn die Glühbirnen wieder herauskommen", fragte der Zuschauer den Meister Eckart, der nicht nur kuriose Zauberkunststücke, sondern auch Fakirtricks zum Besten gab. "Das können nicht viele", berichtete der Jahrmarktsgaukler und pulte sich zum Beweis dafür, dass er wirklich Glas verspeist, einen glitzernden Glassplitter aus den Zähnen. Und dann lüftete der Artist ein Geheimnis: "Ich trage Funktionsunterwäsche", erläuterte Eckart sein Gegenmittel gegen die Kälte in der Oktobernacht.
 
Auf die Zwiebeltechnik bei der Bekleidung setzten die Aussätzige Andrea und Petra in der Rolle des Pestmannes, deren improvisierte Vorführungen wahrlich lebensecht wirkten: "Ich habe den Bettelstab so fest umklammert, dass ich mir dabei weh getan habe", begründete Andrea aus Rohrbach, warum sie so eindringlich klagte. Die Besucher auf dem schmalen Gang wichen dem Pärchen jedenfalls im großen Bogen aus. "Einige haben sich schon sehr erschrocken", erzählte die Versicherungsfachangestellte Andrea, die das Spukspektakel auch als Therapie benutzte. "In der Geisterbahn bekomme ich immer Panik, und jetzt will ich mich einmal rächen."
 
Rache, Blutdurst und Schrecken ohne Ende bestimmten auch das Horror-Potpourri in der Dürnitz des Neuen Schlosses. Der Schauspieler Ulrich Kielhorn und die Mitglieder des Spiel-Clubs des Theaters Ingolstadt unter Leitung von Theaterpädagogin Gabriela Gillert zeigten kurze Szenen aus berühmten Gruselgeschichten à la Hitchcock und Harry Potter. Bei manchen Aufführungen wurde der Platz schon eng. Und auch der Andrang bei den Führungen des Hausherrn Ernst Aichner war immens.
 
Der Leiter des Bayerischen Armeemuseums, der ausgewählte Räume des Schlosses vorstellte und dabei schaurige Geschichten über die früheren Bewohner erzählte, musste sogar eine zusätzliche Tour einbauen. Geradezu ein Selbstläufer waren schließlich die bekannten Frankenstein-Rundgänge durch die Altstadt, die ebenfalls ausgesprochen gut angenommen wurden.