Ein Schwanengesang für Lohengrin

Der frisch gekürte Opus-Klassik-Preisträger Daniel Behle gastiert in Ingolstadt mit Schubert-Programm

21.10.2020 | Stand 02.12.2020, 10:18 Uhr
Zum "Sänger des Jahres 2020" wurde der Tenor Daniel Behle am Sonntag von Opus Klassik gekürt. Am 29. Oktober gastiert Behle gemeinsam mit dem Pianisten Oliver Schnyder beim Konzertverein Ingolstadt im Festsaal des Theaters. −Foto: Lucia Hunziker

Ingolstadt - Als fideler "Hamburger Jung" war er angekündigt, der mit eigenen, frechen Umdichtungen und neuem musikalischen Satz Klaus Störtebeker oder dem FC St. Pauli huldigt.

Jetzt singt er aber doch ein Programm, das einem anerkannten Tenor-Stern unserer Zeit gemäßer ist: Daniel Behle (46), soeben als Sänger des Jahres 2020 beim Echo-Nachfolger "Opus Klassik" gekürt, gastiert am Donnerstag, 29. Oktober, mit Franz Schuberts "Schwanengesang" beim Konzertverein Ingolstadt.

Diese Zusammenstellung von 14 Liedern wurde nach dem Tod des Komponisten von seinem geschäftstüchtigen Verleger kompiliert. Vielleicht wird dieser wunderschöne Liederzyklus deshalb seltener gesungen als "Die schöne Müllerin", "Dichterliebe" oder "Winterreise". Der Programmwechsel aber geht, wie könnte es anders sein im Jahr 2020, auf das inzwischen weidlich bekannte Konto eines Krankheitserregers.

Zwei Kollegen des Oliver Schnyder-Trios müssen durch Verschiebungen einer Konzertreise andere Termine wahrnehmen. Vor allem aber sollte, um einem möglichst großen Publikum diesen Genuss zu ermöglichen, eine Doppelvorstellung her. Und da wäre das alternative Programm - das einen tenoralen Spitzenton nach dem anderen fordert - selbst einem Behle zu anstrengend geworden. Und dem, das wird bei einem Telefontermin mit dem alerten Sänger klar, wird eigentlich nicht so schnell etwas zu viel: "Zwei Programme direkt hintereinander zu singen ist aber doch ziemlich neu für mich, das ist schon anstrengender, aber machbar. Man kann dabei freier werden, vielleicht sogar etwas herumexperimentieren. Aber zweimal ,Mein Hamburg' wäre zu anstrengend. "

Ein Kindheitstraum erfüllt sich dafür seinem Begleiter Oliver Schnyder, der diesen Zyklus schon lange aufführen wollte, erzählt der Sänger. Während des Interviews lässt Behle sich durch Österreich kutschieren, denn zwischen der Premiere von "Die Entführung aus dem Serail" an der Wiener Staatsoper, die er eben gesungen hat, und der Folgevorstellung darf er nicht in die Schweiz zu seiner Familie. Sonst wäre Quarantäne fällig. Am Steuer sitzt seine Mutter Renate Behle, eine große Sängerin und wichtige Mentorin für ihn. Der Sohn, 1974 in Hamburg geboren und in einem Musikerhaushalt aufgewachsen, hat länger herumexperimentiert und schließlich drei musikalische Abschlüsse gemacht: Als Posaunist, Komponist und Sänger. "In der Corona-Zeit hatte ich es daher verhältnismäßig gut, als der Lockdown kam, habe ich gerade in Zürich gesungen, da konnte ich einfach nach Hause fahren. Kollegen hatten da mehr Pech. Ich will aber generell die Kosten für Flüge und Hotel möglichst niedrig halten und bin mit den Jahren ruhiger geworden. Das Gehetze zahlt sich gar nicht so aus für mich. Ich bekomme ja als Gast mehr Geld als ein fest angestellter Sänger, aber trage eben auch mehr Risiko. "

So konnte Behle bei der Familie nicht nur ausharren, sondern sich auch einer neuen CD und einer Komposition widmen. "Ich schreibe momentan tatsächlich eine Operette! Da habe ich mich lang gewunden, weil der Begriff so belastet ist, aber jetzt bleibt es dabei. Ich bringe da verschiedene Stile zusammen und bleibe nicht zwei Stunden nur im Dreivierteltakt. Sie wird ,Hopfen und Malz' heißen und einen Bierwettbewerb zum Thema haben, ich bin gerade am Orchestrieren. "

Sein nächstes Projekt soll dann eine Bayreuth-Operette werden, ein so witziges wie naheliegendes Thema für den David der Barry-Kosky-Inszenierung am Grünen Hügel. Die Saison dort fiel ja bekanntlich auch aus, doch Behle betont: "Das ist alles kulant gelaufen. " Wenn es nach ihm geht, wird er sowieso noch oft nach Bayreuth zurückkehren. "Das Wagnerfach wächst mit mir. Lohengrin und Stolzing haben mir dieses Jahr so viel Freude gemacht, da hoffe ich, nun bei den großen Häusern damit auch zu überzeugen. Allerdings muss ich dafür gerade wieder Klinken putzen wie ein Student, denn man sieht mich da noch nicht. Dabei bin ich eindeutig ein ,deutscher' Tenor, dafür passt mein Timbre, ich habe die Kraft und Technik und natürlich die Muttersprache. Die ,Schwanengesang'-Aufnahme war übrigens meine erste nach ,Lohengrin' in Stuttgart und Dortmund, dafür habe ich eine neue Technik ausprobiert und ich finde, das klingt ganz anders! "

Dass der "Lohengrin" der Zukunft also jetzt schon mal den "Schwanengesang" anstimmt, ist vielleicht ein gutes Omen. Das "Hamburg"-Programm mit Klaviertrio, das Bravourstücke aus der Ära Fritz Wunderlichs elegant wiederaufbereitet, ist dafür für Ingolstadt nur aufgeschoben. "Wir sind für 2022/23 im Gespräch", versichert Daniel Behle.

KARTEN

Da nur 200 Personen pro Veranstaltung in geschlossenen Räumen erlaubt sind, wird auch das Konzert Daniel Behles und Oliver Schnyders (Klavier) mit zwei je einstündigen Darbietungen organisiert. Sie beginnen um 18 Uhr und um 20.30 Uhr im Festsaal des Theaters Ingolstadt. Mit der Vergabe der Abonnements sind derzeit alle 200 Plätze ausverkauft. Es gibt aber eine Warteliste.

DK

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