Eichstätt
"Hilfreiche Signale für Gesellschaft"

Interview: Ingolstadts Alt-OB Peter Schnell scheidet nach vier Jahrzehnten aus Stiftungsrat der Uni aus

20.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:40 Uhr

Ingolstadts Altoberbürgermeister Peter Schnell begleitete die Entwicklung der KU von Anfang an. - Foto: Schneider

Eichstätt/Ingolstadt (DK) Mit der neuen Amtsperiode des Stiftungsrats der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) ist ein Urgestein dieses Gremiums ausgeschieden: der Ingolstädter Altoberbürgermeister Peter Schnell. Er gehörte von Anfang an zum Stiftungsrat dazu - also seit fast vier Jahrzehnten. Wir haben uns aus diesem Grund mit dem 82-Jährigen über die KU unterhalten.

Herr Schnell, wenn Sie an das Ende der 1970er-Jahre denken, als Sie von der Gründung der Katholischen Universität erfahren haben. Was haben Sie damals gedacht?

Peter Schnell: Ich war nicht überrascht, da gab es schon immer wieder entsprechende Signale. Ich habe dann auch immer eine verhaltene Chance gesehen, dass für uns in Ingolstadt etwas bleibt, das uns gut tut und an die Tradition der Landesuniversität anknüpft.

 

1989 ging ihr Wunsch in Erfüllung.

Schnell: Ja, da war etwas, das zu uns passt. Eine wirtschaftswissenschaftliche Fakultät. Sie ist aktuell auch wieder in einer Aufwärtsentwicklung. Und das Schöne ist: Die Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule entwickelt sich erfreulich, und zwar in gemeinsamen Zielsetzungen, zu denen jeder aus seiner Sicht etwas beitragen kann. Das macht Mut, das tut der Region gut. Das Miteinander, das jetzt eingeleitet ist, wird für beide zu neuer Qualität führen.

 

Hätten Sie sich das schon früher gewünscht?

Schnell: Das lag damals nicht im Sinn der Hochschulprofessoren, das ist heute ganz anders. Da sieht man, da ist etwas gewachsen, ein Miteinander, das noch bereichern kann. Die Präsidentin Gabriele Gien ist hier sehr aufgeschlossen. Da gibt es jetzt auch ein gemeinsames Projekt. Ich kann sagen: Das wird der KU gut tun und diese Zusammenarbeit wird auch die THI bereichern.

 

Für sie als amtierenden Oberbürgermeister von Ingolstadt war es also von Anfang an selbstverständlich, dass Sie sich im Stiftungsrat engagiert haben?

Schnell: Natürlich, die Universität war ja auch für die ganze Region eine Auszeichnung. Das Ansehen ist dann ja auch schnell gewachsen.

 

Was ist Ihnen in den vergangenen vier Jahrzehnten am Prägendsten in Erinnerung?

Schnell: Die negativen Schlagzeilen (seufzt). Das hat 2008 angefangen mit dem Fehlstart des gewählten Präsidenten. Rom hatte damals abgelehnt, das war ein großes Ärgernis. Dann ging es Schlag auf Schlag so weiter. Bis 2014 sind wir aus den Schlagzeilen nicht mehr herausgekommen.

 

Hat Sie das persönlich geärgert?

Schnell: Ja, weil ich gesagt habe: Es war viel Anstrengung, viel erfolgreiche Arbeit dahinter, und dann kommen da plötzlich solche nicht vorhersehbaren Ärgernisse. Das hat teilweise schon zu spöttischem Achselzucken über diese junge Universität geführt.

 

Meinen Sie - das war ja oft ein Kritikpunkt - der Einfluss der katholischen Kirche dazu beigetragen hat?

Schnell: Ich glaube nicht, dass uns von Seiten der Kurie oder anderen einflussreichen Stellen jemand schaden wollte. Es ist einfach zu viel schief gegangen.

 

Wobei Sie als Stiftungsrat als Gremium tatenlos zusehen mussten.

Schnell: Natürlich! Immer wieder aufs Neue mussten wir den Kopf einziehen und sagen: Was muss noch alles kommen?

 

Denkt man da ans Aufhören?

Schnell: Nein, nein.

 

Was bedeutet die KU eigentlich?

Schnell: Sie ist wichtig für Stadt und Region und auch für das Ansehen der katholischen Kirche deutschlandweit. Es gibt keine zweite. Manches Mal hätte man sich gewünscht, dass sich die Bischöfe deutschlandweit eingebracht hätten. Aber ich muss ehrlich sagen, dass kann man nicht unbedingt den Bischöfen vorwerfen. Damals hat man gesagt: Wenn wir die anderen auch beteiligen, reden die bei uns mit, und dann wird's schwierig. So war man zunächst froh darüber, dass wir in Bayern unter uns geblieben sind. Aber die KU ist ein Thema für die Kirche in Deutschland.

 

Man hat sich anfangs aber schwer getan entsprechende Signale zu senden, gerade auch ob einer doch eher geringeren finanziellen Ausstattung.

Schnell: Die war nicht üppig. Es war mühselig Mut zu fassen. Wir hatten aber viel Sympathie, Wohlwollen. Allmählich hat sich das doch gut entfaltet.

 

Jetzt haftete der Uni aber immer ein bisschen das "Odium der Provinzialität" an, wie es Bischof Gregor Maria Hanke einmal formuliert hat.

Schnell: Ich habe das nie so empfunden. Ich habe gesehen, das ist eine gute Lösung geworden, eine Institution, die gebraucht wird. Die Universität ist zu einer stabilen Institution geworden, sie hat sich für die Herausforderungen unserer Zeit neu eingerichtet. Es war ein solides Wachstum in einer guten Ordnung. Denken Sie doch an die Amtszeit von Präsident Nikolaus Lobkowicz. Das war nichts Provinzielles.

 

Diese Amtszeit war also ein großer Segen für die Uni?

Schnell: Ja, er hat uns auch maßgeblich geholfen bei der Errichtung der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Ich habe ihn sehr geschätzt.

 

Hatte man bei der Personalauswahl immer ein glückliches Händchen - von den Krisenjahren abgesehen?

Schnell: Nicht immer, aber wir hatten doch einige gute Leute an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Da waren schon Leuchttürme dabei. Leo Schuster, Karl Homann, Eduard Gaugler, um nur einige zu nennen.

 

Man hat die KU ja auch schon totgesagt, sie abwandern sehen aus der Region.

Schnell: Vom Abwandern war nichts zu befürchten. Man hätte seitens der Kirche diese Universität nicht fallen gelassen, nicht fallen lassen können. Sie ist ein gesellschaftlicher Fels.

 

Auch mit einer guten finanziellen Ausstattung.

Schnell: Als Professor Schenk weggegangen war, war die Luft finanziell doch recht dünn geworden. Er muste ein neues Programm ausarbeiten und gleichzeitig Geld einsparen.

 

Was aber auch der Stiftungsrat mit vorgegeben hatte.

Schnell: Naja, der Stiftungsrat ist doch sehr abhängig von der Bischofskonferenz. Wenn hier ein streng waltender Finanzchef da ist, dann kann der Stiftungsrat nur sagen: Bitte mehr Geld!

 

Würden Sie sich auf die Zukunft hin Signale der deutschen Bischöfe wünschen?

Schnell: Das ist nicht nur mein Wunsch. Das sieht auch der Heilige Vater so, das hat auch Papst Benedikt schon so gesehen, der ja an der Gründung unserer Universität maßgeblich beteiligt war. Und ich gehe davon aus, dass man eine vernünftige Ebene mit den deutschen Bischöfen findet.

 

Sie scheiden jetzt nach vier Jahrzehnten aus dem Amt aus - wie Sie sagen "mit sehr frohem Herzen". Was wünschen Sie der KU in der Zukunft?

Schnell: Ich wünsche der Universität, dass sie weiterhin hilfreiche Signale für unsere Gesellschaft geben kann. Das Ansehen besteht nicht nur darin, dass man gute wissenschaftliche Leistung erbringt. Das wird erwartet. Das Ansehen wächst dort, wo auch viele ihre menschliche Bereicherung erkennen. Unsere christliche Weltanschauung bietet Orientierungshilfe für ein gelingendes Miteinander in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.

 

Das Gespräch führte

Marco Schneider