Echenzell
Kampf gegen Glyphosat-Verbot

Landwirt Anton Fichtner wirbt für Kompromiss – Gaimersheimer Bürgermeisterin Mickel skeptisch

24.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:39 Uhr
Gaimersheims Gemeinderat Anton Fichter kämpft gegen das Glyphosat-Verbot an. −Foto: Eberl

Echenzell (DK) Ein kleiner Bauernaufstand hat sich gegen das Glyphosat-Verbot auf Gaimersheimer Grund formiert. An der Spitze steht CSU-Gemeinderat und Landwirt Anton Fichtner. Am Samstag erklärte er am Beispiel eines Ackers, warum er auf das Totalherbizid nicht verzichten will. Die Stimmung ist vergiftet – und der Streit hat etwas Grundsätzliches, was über die Gemeindegrenze ausstrahlt.

Zur Vorgeschichte: Im Februar fasste der Gaimersheimer Gemeinderat den Beschluss, das umstrittene Pflanzenvernichtungsmittel Glyphosat auf den Flächen des Marktes ab Herbst zu verbieten. CSU-Mann Fichtner war ausgerechnet bei der Sitzung nicht anwesend, ein Antrag auf Vertagung des Themas scheiterte. Für Fichtner, ein klarer Gegner des Verbots, nicht nachvollziehbar, wo er doch der am besten mit der Materie Vertraute sei.  Die Situation eskalierte, als Gemeinderätin Monika Raml (FW) in der Folge Vereine anschrieb und aufforderte, freiwillig auf Glyphosat zu verzichten. Da verlor der Landwirt die Fassung, tönte, das grenze schon an „Volksverhetzung“.

Am Samstagmorgen nun hatte Fichtner kurzfristig nach Echenzell zum Ortstermin am Feldrand eingeladen, um Bürgermeisterin Andrea Mickel (SPD) und die Gemeinderäte mit seinem Fachwissen zu überzeugen. Etliche Parteikollegen und auch SPD-Gemeinderäte waren gekommen – der Antragsteller des Glyphosat-Verbots, Konrad Hirschbeck (SPD), allerdings nicht. Fichtner hatte auch Verstärkung mitgebracht: Landwirte aus der Umgebung, teils als Pächter gemeindlicher Äcker vom Glyphosat-Verbot direkt betroffen und demnach ebenfalls wenig angetan von dem Beschluss.

Warum, das erklärte Fichtner bis ins kleinste Detail am Beispiel eines Ackers in Hanglage, wo er demnächst Rüben säen will. Um Bodenerosion durch Regen, Schnee und Wind zu verhindern, hat der Landwirt schon im vorgien Sommer eine Zwischenfrucht angebaut, die den Ackerboden vollkommen bedeckt. Das mittlerweile abgefrorene Pflanzenmaterial sei ideal für die Humusbildung, so Fichtner. „Und der Regenwurm hatte auch den ganzen Winter genug zu fressen. Denn die Nährstoffe und der Stickstoff bleiben im Boden und stehen später auch der Folgefrucht zur Verfügung. „Sobald der Acker trocken ist, säe ich die Rüben“, erklärte der Landwirt. Andere Pflanzen wie Distel, Winde, Ehrenpreis, Kamille oder Mohnblume beginnen natürlich auch auf dem Feld zu wachsen – sogenannte Unkräuter.

Kurz bevor die Rübenpflänzchen aus dem Boden sprießen, bringt Fichtner dann das Glyphosat aus: „Das ist die einzige Versicherung, um die Verunkrautung auszuschalten. Zu dem Zeitpunkt der Bespritzung sieht man keine Biene, weil noch nichts blüht. Wenn die Rübe dann zwei Tage später aufgeht, merkt sie nichts mehr vom Glyphosat.“ Für Fichtner steht fest: „Wenn wir Glyphosat verbieten, dann ist diese Art der Ackerbearbeitung verloren. Aber das Glyphosat-Verbot bringt der Natur nichts.“ Das Mittel sei so harmlos wie Backpulver oder Tafelsalz.

Bürgermeisterin Mickel blieb skeptisch: „Für mich ist das trotzdem ein Gift, und ich verstehe die Angst der Bevölkerung.“ Sie wollte wissen, wie viele der anwesenden Landwirte das Totalherbizid, das jedes Grün vernichtet, ebenfalls verwenden – ein paar hoben die Hand. 
„Unser großes Problem ist, dass die Ackerflächen ja nicht zusammenhängen. Also müssen wir verschiedene Arten der Bodenbearbeitung machen, woraus sich auch unterschiedliche Ernten ergeben“, meinte Richard Brandl. „Für uns entsteht durch das Verbot ein großer Arbeitsaufwand.“ Auf die Flächen der Marktgemeinde können die Landwirte auch nicht verzichten. „Uns geht so viel Land durch Straßenbau verloren: Wir kämpfen um jeden Hektar.“ 

Um die Interessen der Landwirte zu wahren, schlug Fichtner einen Kompromiss vor: Sie dürfen Glyphosat weiter verwenden, lassen aber an den Feldrändern Blühstreifen stehen – auf einer Breite von rund sechs Metern. Dort könne sich die Natur frei entfalten, könnten Insekten und Tiere Rückzugsräume finden. Pacht zahlen wollen die Landwirte für diese Blühflächen natürlich nicht, was die Gemeinde jedoch nur rund 2000 bis 4000 Euro kosten würde. „Aber diese Blühflächen mit rund fünf bis zehn Hektar bringen mehr für die Artenvielfalt als die kleinen Parzellen in den Grünanlagen der Gemeinde, die vom Unterhalt her eine Menge Geld kosten“, argumentierte Fichtner. 

So sehr den Landwirten der Vorschlag gefiel, den Fichtner demnächst auch als Antrag einbringen will – die Bürgermeisterin hatte er wohl nicht überzeugt: „Ich glaube nicht, dass der Beschluss aufgehoben wird“, erklärte Mickel. Im Gegenteil: Andere Kommunen in der Region denken wohl auch schon über Glyphosat-Verbote nach.