"Die Menschen sind viel klüger, als die Politiker denken"

Die Linke-Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter aus Ingolstadt feiert heute ihren 60. Geburtstag

21.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:10 Uhr

Bei der politischen Arbeit: Eva Bulling-Schröter (Die Linke) ist Mitglied im Umwelt- sowie im Wirtschaftsausschuss. - Foto: Bundestag

Ingolstadt (DK) Ihr Werdegang ist für bayerische Verhältnisse ziemlich ungewöhnlich: Eine gelernte Betriebsschlosserin, ehemals Mitglied der DKP, friedensbewegt und gewerkschaftlich engagiert, schafft den Sprung in den Bundestag. Das war 1994. Eva Bulling-Schröter, die heute 60 Jahre alt wird, galt anfangs als Exotin - auch innerhalb der "Ossi"-Partei PDS.

Diese Zeiten sind längst vorbei. Mit Beharrlichkeit und Authentizität hat sich Eva Bulling-Schröter in der Politik behauptet und Respekt verschafft. Auch nach Jahren auf der Bonner und Berliner Bühne verleugnet die Linke aus Ingolstadt ihre Wurzeln nicht: Sie ist eine Arbeiterin.

Als sie 2002 nach dem Einbruch der PDS ihr Mandat verlor, kehrte Eva Bulling-Schröter zurück an die Werkbank bei Rieter. Sie genoss es sogar, nachdem die erste Enttäuschung über die Wahlschlappe verflogen war: "Das war für mich ein wichtiges Erlebnis und eine Selbstbestätigung." Bis heute besucht sie die ehemaligen Kollegen an Weihnachten.

Unbeirrt verfolgt sie seit ihrer Rückkehr in den Bundestag im Jahr 2005 ihre politischen Hauptziele: Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit. Sie fordert eine Reichensteuer. "Es muss sich viel ändern in unserer Gesellschaft", meint Bulling-Schröter, die auch Sprecherin der bayerischen Linken ist. "Wir brauchen eine Umverteilung von oben nach unten." Sie befürwortet mehr direkte Demokratie: "Ich glaube, die Menschen sind viel klüger, als die Politiker denken."

Als ihren bisher größten politischen Erfolg wertet sie die Wahl zur Vorsitzenden des Umweltausschusses, den sie von 2009 bis 2013 leitete. Die Begegnungen auf mehreren Klimagipfeln haben sie geprägt: Dass am anderen Ende der Welt Menschen sterben, nur weil die Industrieländer ihren Kurs zu zögerlich ändern, empfindet sie als unerträglich. Sie ist eine Verfechterin der Bürgerenergie, das verdeutlichte Bulling-Schröter neulich wieder in einer Rede, als es im Bundestag um die Neuordnung des Strommarkts ging. "Auch Ingolstadt muss viel mehr für den Klimaschutz machen."

Eine Bemerkung, die hellhörig macht. Will die Politikerin womöglich Berlin den Rücken kehren und künftig in der Heimat antreten? Die Linke steht in Ingolstadt nach internen Grabenkämpfen und Parteiaustritten von zwei Stadträten vor einem Scherbenhaufen und könnte prominente Verstärkung gebrauchen. Bulling-Schröter lehnt dazu jeden Kommentar ab.

Von ihren Diäten hat sie schon ein kleines Vermögen gespendet: mehr als 120 000 Euro insgesamt. Einen Großteil erhalten Tierhilfen - ob im nahen Neuburg oder im fernen Izmir. Ihren Hund Chico hat die Politikerin, die sich vegetarisch ernährt und ein Faible für Scherzartikel hat, aus einem spanischen Tierheim gerettet.