Ingolstadt
Warten auf neues Licht für die Welt

Christen begehen die Osternacht: Feierliche Momente und in St. Markus sogar eine Taufe

22.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:44 Uhr
Drinnen leuchten nur Kerzen, während draußen der Tag anbricht: Die Osternachtfeier in St. Markus an der Münchener Straße benötigte kein elektrisches Licht. Ins größte evangelische Gotteshaus im südlichen Stadtgebiet waren gut 150 Gläubige gekommen, darunter rund 40 Jugendliche aus der Pfarrei, die die Nacht großenteils durchwacht hatten. −Foto: Heimerl

Ingolstadt (DK) Für Christen ist es ein Fest des Neubeginns, der Zuversicht und des Vertrauens auf das göttliche Versprechen, dass der Tod überwunden werden kann. Deswegen ist es vielen Gläubigen ein Anliegen, die Nacht zum Ostersonntag oder den frühen Morgen des ersten Feiertags in ihrer Kirche zu verbringen. Auch in den Pfarreien in Ingolstadt und im Umland ist das am Wochenende wieder so gewesen - und auch etliche junge Menschen haben mitgetan.

Nachwuchsarbeit sollte in keiner Gemeinschaft versäumt werden. In den christlichen Kirchen, die hierzulande eher von Auszehrung als von Mitgliederzulauf betroffen sind, muss es zuversichtlich stimmen, wenn sich die Jugend - zumal in einer größeren Stadt - ins Gemeindeleben einbringt. In St. Markus im Ingolstädter Süden hat sie das eindrucksvoll getan: Rund 40 junge Leute haben dort die Nacht zum Ostersonntag meistenteils wach und im Freien verbracht. Sie hatten gerne das Angebot der evangelischen Pfarrei angenommen, diese im christlichen Glauben so wichtige Nacht, die ins Fest der Auferstehung Jesu mündet, gemeinsam (und bei Verpflegung) zu verbringen. Später nahmen sie großenteils auch am Abendmahl vor dem Altar teil, mit dem die Osternacht in dieser Pfarrei abgeschlossen wurde.

250 Kerzen hatten Pfarrer Axel Conrad und seine Helfer auf einem Tisch vor dem Eingang zum Kirchenschiff bereitgestellt - eine für jeden frühmorgendlichen Kirchgänger, und durchweg dazu gedacht, an jenem Lauffeuer angezündet zu werden, das von der Osterkerze gespendet wird. Die wird kurz nach 5 Uhr in das noch völlig dunkle Gotteshaus getragen - das Licht der Welt, wie es nach christlichem Glauben durch den Opfergang und die Auferstehung des Gottessohnes zur Überwindung der Finsternis und der Sünden unter die Menschen gebracht wird.

Die Gottesdienstdramaturgie erinnert die letztlich wohl gut 150 Kirchgänger, die sich noch weit vor dem Morgengrauen in St. Markus versammelt haben, an die auch 2000 Jahre nach den bekannten biblischen Ereignissen immer noch unsicheren Zeiten - hierzulande neuerdings wieder mehr durch wirtschaftliche, ökologische und auch soziale Unwägbarkeiten bedingt. Projektionen zeigen die Menetekel unserer Zeit: Umweltzerstörung, Gewinnmaximierung von Konzernen, Ausbeutung von auch menschlichen Ressourcen, neue Vormachtsfantasien von Politikern. "Das Klima verändert sich", heißt es da drohend, und auch: "Am ehrlichsten war Trump."

Pfarrer Conrad schlägt den Bogen zurück zu den biblischen Geschehnissen, die das Christentum begründet, seine Prinzipien bestimmt haben: "Jesus", sagt er, "war das Opfer der Mächtigen seiner Zeit." Der Religionsstifter selbst hatte seinerzeit angeblich gesagt, dass er seine Anhänger "wie Schafe unter die Wölfe senden" wolle. Die Geschichte sollte ihm Recht geben - auch wegen der Unzulänglichkeiten, die mit dem Menschsein einhergehen. Axel Conrad: "Als Christ lebe ich in einer Welt mit Wölfen - und manchmal bin ich selber einer." Überwinden könne diesen Makel vor allem der, der sich "der Nächstenliebe als Perspektivwechsel" verschreibe. Wem es gelinge, sein eigenes Verhalten in einem anderen Licht, aus anderem Blickwinkel zu betrachten, der könne Kurskorrekturen vornehmen: "Nur durch die Augen des anderen sehe ich den Wolf in mir."

Der relativ kurzen Predigt schloss sich in St. Markus eine nicht alltägliche, vielleicht aber zu einer Osternacht besonders passende Zeremonie an: Mit einer Taufe wurde ein neues Gemeindeglied in die christliche Gemeinschaft aufgenommen. Vielfach sind die Täuflinge wegen ihres zarten Alters dabei fremdbestimmt durch ihre Familien - bei einer Erwachsenentaufe ist das aber anders. So auch diesmal: Egma Martin ist bereits 57 Jahre alt und hat sich bewusst entschieden, sich nach evangelischem Ritus zum Christentum zu bekennen. Er lebe seit rund einem halben Jahr in den Grenzen der Pfarrei und habe nun auch faktisch dazugehören wollen, erklärte er später dem DK.

Wer in aller Herrgottsfrühe - diese Bezeichnung trifft für eine Osternacht wohl am ehesten zu - womöglich noch ohne kräftigende Unterlage in die Kirche geht, darf sich anschließend womöglich umso mehr aufs Frühstück freuen. In St. Markus und in vielen anderen Pfarreien landauf, landab hatten Helferkreise hierfür bereits im Gemeindesaal gedeckt. Zwar nicht alle, aber doch etliche Gottesdienstbesucher nahmen das dankbar an und verbrachten so die ersten Stunden dieses Bilderbuch-Osterfestes noch etwas länger in Gemeinschaft, während draußen malerisch die Sonne aufging - neues Licht für einen neuen Tag.
 

Bernd Heimerl