Ingolstadt
Schlammschlacht im Künettegraben

"Schanzer Kindl" ziehen Autoreifen und mehr aus dem Morast - brauchen aber für die sperrigsten Teile Hilfe

23.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:20 Uhr

−Foto: Sabine Hartmann

Ingolstadt (DK) Es ist eine Schlammschlacht im wahrsten Sinne des Wortes: Alles, was der Verein "Schanzer Kindl" bei seiner Ramadama-Aktion am Samstagnachmittag im Künettegraben im Schlamm festgesaugt vorfindet, können die knapp 20 Helfer gar nicht bergen. Sonst stecken sie am Ende selbst im Morast fest und müssen geborgen werden. Für die gröbsten Stücke will Organisatorin Iris Weichenrieder deshalb am Montag die Kommunalbetriebe um Hilfe bitten.

"So schlimm wie heuer war's noch nie." Iris Weichenrieder, Vorsitzende des Vereins "Schanzer Kindl", ist fassungslos angesichts der sperrigen Gegenstände, die im Wassergraben zum Vorschein kommen. Den Künettegraben kennt sie wie ihre Westentasche. "Ich bin da aufgewachsen, hab als Kind im Künettegraben im Winter das Schlittschuhfahren gelernt." Die Festungsanlage, wie die gesamte Altstadt, liegt ihr am Herzen. So hat sich der Verein "Schanzer Kindl" nicht nur die Unterstützung Bedürftiger, unter anderem durch die Aktion "Lebensmittel retten" auf die Fahnen geschrieben, sondern auch die Pflege des Kulturgutes. Diese Pflege nimmt der Verein durchaus wörtlich.

So treffen sich am frühen Samstagnachmittag etwa 20 Helfer am Hallenbadparkplatz, um im und rund um den Künettegraben klar Schiff zu machen - wie übrigens auch viele weiteren Vereine und Bürger, die in diesen Tagen beim Ramadama die Ingolstädter Flur von Unrat befreien. Die "Schanzer Kindl" haben sich den Bereich von der Brücke zum Kap94, den Grünstreifen im Glacis bis zum Wassergraben vorgenommen. Auch Hund Marky, eine Mischung aus Euroasier, Husky und Schäferhund, ist mit von der Partie. Einmal im Jahr lässt die Stadt das Wasser im Künettegraben ab. Diese Zeit nutzen die "Schanzer Kindl" für ihre Ramadama-Aktion. Am späteren Nachmittag sind etwa 20 bis 25 Säcke voll. "Und 21 Eimer", wie Sabine Hartmann anfügt. Die Helfer deponieren alles an der Sammelstelle der Kommunalbetriebe, die den Müll abholen wird. Vom Schokoriegel über eine Fahne, ein aufgeschnittenes Schloss, ein Schild "Fahrräder abstellen verboten", unzählige Flaschen und Plastiktüten ist alles dabei. "Sogar Sexspielzeug", wie eine Helferin schmunzelnd erzählt.
Was die Organisatoren und Helfer heuer aber wirklich aufhorchen lässt, sind die sperrigen Gegenstände, die im Graben nach dem Ablassen des Wassers im dicken Schlamm ans Tageslicht kommen. Eine alte Sitzbank ist dabei, die wohl irgendwann von Vandalen in den Künettegraben geworfen wurde, zwei Einkaufswagen, Felgen, eine Schubkarre, ein Autoreifen, verschiedene Fahrradkörbe - und nicht zu vergessen eine alte Schallplatte.

Bergen können die Helfer nur einen Teil davon. Katja, eine der Helferinnen, steht, um wenigstens etwas Halt im sumpfigen Morast zu haben, auf einem Bauzaunfuß. "Den Bauzaun haben wir 100 Meter weiter gefunden", sagt sie. Sie zerrt an einem Autoreifen. "Der hat sich richtig eingebuddelt", stellt sie fest, nachdem sich zunächst gar nichts bewegt. Doch die Frau hat Muskelkraft, und schafft es unter Ächzen und Stöhnen denn doch, den Autoreifen irgendwie aus dem nassen Schlamm herauszuziehen. Noch härter entpuppt sich die Bergung des etwa einen Meter weiter liegenden Einkaufswagens. Ihn dann auch noch hoch ans Ufer zu wuchten, geht nur mithilfe zweier Männer, die vorbeikommen, nachdem sie gerade ihre gefundenen "Errungenschaften" an der Sammelstelle abgestellt hatten - unter anderem "einen Gaskocher und ein halbes Fahrrad".

"Wir brauchen eine Schnur, das hat sich alles festgesaugt", sagt Weichenrieder mit Blick auf die schlammverschmierten Gerätschaften im Graben. Es ist eine richtige Plackerei. Doch schon bald ist klar, die "Schanzer Kindl" werden nur einen Teil der sperrigen illegal im Künettegraben entsorgten Dinge bergen können. "Ich werde Montagfrüh gleich anrufen und die Kommunalbetriebe um Hilfe bitten", sagt Weichenrieder. Die Zeit drängt. Denn nächste Woche wird das Wasser im Künettegraben wieder steigen.
 

Ruth Stückle