Ingolstadt
Ein Sommertraum, der viel zu früh endet

Beim Bürgerfest feierten auch am Samstag Zigtausende Besucher bis tief in die Nacht

21.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:52 Uhr
Auch die DJ Area am Theaterplatz Nord wurde spektakulär in Szene gesetzt. Hier legt gerade DJ Iorizzo auf. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Es ist die Nacht auf Sonntag, 1.04 Uhr. Und keiner will glauben, dass es vorbei ist. Die Musik ist gerade verklungen, doch die Tanzfläche aus alten Perserteppichen vor dem DJ-Pult leert sich nur langsam.

Zuvor hatten Tausende Füße wonnevoll auf die staubigen Bühnenvorleger eingestampft. Phil Schmid, der Kopf hinter dem "Donautraum" am Nordufer, schnappt sich das Mikrofon. "Wir müssen leider aufhören, es tut mir leid!" Er hat das Nordufer in einen paradiesischen Sehnsuchtsort verwandelt, an den am Freitag und Samstag Tausende Besucher strömten.

Die Scheinwerfer rund um das Areal am Nordufer tauchen die Bäume noch immer in lilafarbenes, grünes und orangenes Licht. Der Turm aus umfunktionierten Wassertanks strahlt warm in die Ingolstädter Nacht. Ein Rauschen aus euphorischen Stimmen liegt wie ein Schleier über der Donaulände.

Ähnliche Szenen spielen sich im Schlosshof bei "1000 und 1 Nacht" ab, wo die ehemalige Herzogsresidenz zwei Tage lang der Belagerung durch Elektromusik mit ihren wummernden Bässen getrotzt hat. Ob Ludwig VII. und seinem Sohn Georg diese Umnutzung gefallen hätte? Bestimmt hätten auch deren Füße nicht lange stillhalten können. Viele der Besucher der orientalisch-hippen "Kulturoasis" im historischen Innenhof wollen um 1 Uhr gar nicht wahrhaben, dass es das schon wieder war mit dem Bürgerfest - zumindest bis 2021. Sie klammern sich an ihre Getränke, als könnten sie diese laue Sommernacht noch ein wenig verlängern.

 

Nur langsam leert sich die Innenstadt, zwischen Kreuztor und Fußgängerzone hätte die Party noch lange weitergehen dürfen - zumindest wenn es nach den vielen Menschen geht, die sich noch an den Bars aus Getränkekästen und Bierwagen zwischen Bermuda-Dreieck und Ludwigstraße tummeln.

Einige Rock-Fans werden am Sonntag mit der "mano cornuta", der gehörnten Hand, und einem Muskelkater vom rhytmischen Kopfnicken aufgewacht sein - sie haben sich am Wochenende rund ums Kreuztor und an der Hohen Schule ausgetobt.


Die Generation David Guetta verwandelte dagegen den Platz zwischen Theater und Stadtpark in ein Mini-Festival aus Burgern, Beats und Farbenspiel. Die DJs blickten wie Könige aus dem ersten Stock auf ihr dicht gedrängtes Partyvolk hinunter; aus einer haushohen Wand aus Baugerüsten, überzogen mit weißem Kunststoff - eine gigantische Leinwand für "Visuals", die kräftige Scheinwerfer an die Wand projizierten. Songs zum Mitsingen, Musik zum Zappeln.


Was das Feiern betrifft hat sich Ingolstadt an diesem Wochenende großstädtisch gezeigt - diese Botschaft hallt nach, auch wenn die fleißigen Mitarbeiter der Kommunalbetriebe das Meer aus Scherben und Müll längst wieder beseitigt haben und der Alltag einkehrt. Der organisatorische Aufwand ist immens, doch die Bürger zahlen es gerne zurück: indem sie - wie an diesem sommerlichen Wochenende - ausgelassen feiern und zu Zigtausenden in die Innenstadt ziehen. Da kann kein Herzogsfest der Welt mithalten.

Julian Bird