Ingolstadt
Die Zukunft liegt in der Vernetzung

18.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:24 Uhr

Foto: Stefan Eberl

Ingolstadt (DK) GPS-gestütztes Ackern oder die Dokumentation von Aussaat
und Ernte per Computer haben in der Landwirtschaft Einzug gehalten. Zugleich wird auch die Vernetzung der Bauern untereinander immer wichtiger.

Die Digitalisierung, die auch in der Landwirtschaft auf allen Ebenen Einzug gehalten hat, macht Weidenhiller deshalb keine Angst, sondern ist für ihn längst Normalität - das GPS-gestützte und dadurch zentimetergenaue Ackern (das er selbst auch praktiziert) genauso wie die Dokumentierung dessen, was auf jedem Quadratmeter Feld gesät, gespritzt oder geerntet wurde.

Dabei ist die Dokumentierung nur eines von vielen Beispielen. Denn "Landwirtschaft 4.0" geht für Weidenhiller künftig noch weit darüber hinaus - hin zu mehr Vernetzung und einer noch besseren Nachverfolgbarkeit von Produkten vom Acker oder Stall bis zum Supermarktregal. "Man wird durchschaubarer und gläserner", stellt der Ettinger ganz nüchtern fest. "Aber ich finde es gut, ich habe nichts zu verbergen."

Mehr Vernetzung werde es für den einzelnen Landwirt auch mit dem Bauern geben, dessen Felder an die eigenen angrenzen, so der 42-Jährige. Der Blick über den eigenen Ackerrand müsse Normalität werden. So sei es beispielsweise schon möglich, mit Drohnen die Felder flächendeckend zu kontrollieren und etwa eine aufkommende Mäuseplage rechtzeitig einzudämmen - und zwar zusammen mit dem Nachbarn, sollte dies erforderlich sein. Wie Vernetzung - auch schon vor "Landwirtschaft 4.0" - funktioniert, weiß Weidenhiller dabei aus eigener Erfahrung, schließlich ist er seit fünf Jahren Vorsitzender des Maschinenrings Eichstätt, der für seine Mitglieder sowohl den Einsatz von gemeinsam genutzten Geräten koordiniert als auch Fachkräfte etwa für die Ernte vermittelt.

"Ein Landwirt, der sich neuen Entwicklungen anschließt, ist positiver eingestellt", so die Überzeugung des 42-Jährigen. Und umgekehrt werde es derjenige Bauer, der nur negativ denkt, eher schwer haben, vor allem gegenüber dem Verbraucher. Genau der sollte aber laut Weidenhiller im Mittelpunkt stehen - und der Landwirt trotzdem (oder gerade deswegen) gut verdienen können. Man müsse auf den Wunsch des Verbrauchers reagieren, auch wenn dieser Wunsch zuletzt in der Regel "sehr viel schneller und massiver an die Landwirtschaft herangetragen" und auch von der Politik umgesetzt werde als früher.

Letztlich sei (um dieses Beispiel nochmals aufzugreifen) der Auslöser für die Dokumentierung die EU-Agrarförderung gewesen, weil sie als Grundlage für Zertifizierungssysteme herangezogen werden könne und damit wiederum Produkte - passend für den jeweils aktuellen Markt - platziert werden konnten. Beispielsweise Öko-Labels oder Produkte mit der Bezeichnung "Qualität aus Bayern".

Wenn nur noch Öko-Lebensmittel verlangt würden, sei das eben der Wunsch der Verbraucher. Und wenn die Leute zunehmend wissen wollten, wo ihr Gemüse herkommt und wie es produziert worden ist, müsse dies auch respektiert werden. Gleichzeitig könne diese Entwicklung hin zu Bioprodukten und Regionalisierung aber wiederum vom Landwirt genutzt werden.

Und als Beispiel führt Weidenhiller unseren Nachbarn Österreich an. Dort werde vollkommen gentechnikfrei produziert, und man sei etwa von Heumilch und Heumilchkäse so überzeugt, dass beides sehr teuer sei. Wenn man hier Ähnliches erreichen würde, wäre die Diskussion um den Milchpreis in Deutschland schnell erledigt, ist Weidenhiller sicher.

Er warnt allerdings auch, dass die Vorstellung von kleinen Höfen und der Milch von der Kuh auf der nahe gelegenen Weide oftmals eine Illusion sei und so manches Produkt lange Wege bis hierher hinter sich habe. Zudem müsse klar sein, dass es nicht alles das ganze Jahr über und aus der Region in Öko-Qualität geben könne.

Andererseits: Egal ob bio oder regional - er könne nur hoffen, "dass die Landwirtschaft an Scholle und Natur gebunden bleibt", so Weidenhiller, was angesichts von ihm bekannten Plänen von Architekten, die schon zehn- bis zwanzigstöckige Schweinemastdecks - ähnlich wie Parkdecks - entwerfen, gar nicht so sicher sei. Dass umgekehrt die Urbanisierung der Landwirtschaft mit begrünten Dächern oder Pflanzbeeten in der Stadt vorangetrieben werde, sei natürlich eine positive Entwicklung. Eventuell sogar mit einem weiteren erfreulichen Nebeneffekt: "Das Bewusstsein für die Landwirtschaft wird möglicherweise durch die Vernetzung wieder geschärft."

Weidenhiller sieht die jüngsten Entwicklungen auf der Produktseite also weitgehend positiv. Er weiß aber auch: "Viele haben Angst vor der Veränderung." Diese hält er jedoch für unbegründet - auch im technischen Bereich. Denn er ist überzeugt: "Moderne Maschinen sind gut." Sie verfügten über genauere Technik, arbeiteten präziser und effizienter und seien umweltschonender. Und die landwirtschaftlichen Fahrzeuge vom Bulldog bis zum Mähdrescher seien längst absolute Hightech-Geräte. "Bevor ein Audi fahrerlos in der Stadt herumgeschickt wird, sieht man Schlepper ohne Fahrer auf den Feldern," ist Weidenhiller überzeugt. Wie diese Entwicklung noch weitergeht, lässt sich ihm zufolge allerdings nicht sagen. Denn niemand könne ernsthaft abschätzen, was in zehn Jahren sein wird.