Wendelstein
Lust am Experimentieren und Improvisieren

München Trio Organ Explosion begeistert in der Jegelscheune Mischung aus Funk, Blues und Jazz

06.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:23 Uhr

´Als klassisches Trio mit Schweineorgel verzücken Organ Explosion in der Jegelscheune. - Foto: Unterburger

Wendelstein (HK) Nein, die Orgel explodierte nicht, wie man aus dem Bandnamen Organ Explosion schließen könnte. Dafür feuerte das Trio in der voll besetzten Jegelscheune ein Klangfeuerwerk ab, dass sich die Balken bogen. Das junge Münchner Trio feierte einen umjubelten Einstand.

Retro ist in. Auch in der Musik. Da haben drei junge Leute Omas und Opas analoge Soundkästen und Instrumente entstaubt, verlötet und in die Tasten gegriffen. Vor allem in die der legendären Hammondorgel B 3, eines Wurlitzer E-Pianos und eines mythischen Moogs. Aus diesen Zauberkisten holte Keyboarder und Organist Hansi Enzensperger, der "strumpfsockert" spielte, unglaubliche Töne und Melodien heraus, die man vor Jahrzehnten schätzte und die auch in der Popmusik den Ton angaben.

Hammond-Orgel, E-Bass im Dauerfeuer. Vorwärtstreibend, groovend, ständig unter Hochspannung. Jeder der drei Musiker erwies sich als famoser Solist, der viel Freiraum bekam, um sein Können unter Beweis zu stellen. Das war mitreißende Musik ohne Schnörkel, genau nach dem Geschmack des Publikums.

Urplötzlich schaltete die Band einen Gang höher, die Musik wurde immer schneller und mischte den Konzertsaal dermaßen auf, dass einem fast die Ohren abfielen. Doch die Drei konnten auch ganz anders: Von extrem und überlaut ging die musikalische Reise in eine geschmeidige, entspannende und einschmeichelnde Richtung. Die Hammond-Orgel als melodieführendes Instrument fand ihre kongeniale Unterstützung durch Bass und Schlagzeug. Die Lust an der Improvisation war ungebremst.

Als sie das Stück "Italian Mafia" anstimmen, verkündet Bassist Ludwig Klöckner grinsend, dass man diese Komposition dem geschassten Bayern-Trainer Carlo Ancelotti widme. Ansonsten hielt sich das Trio auffallend zurück mit Moderationen. Die Musik stand im Mittelpunkt des Konzertabends. Manchmal ziemlich schräg, manchmal sphärisch und wie von einem anderen Planeten, dann wieder kraftvoll, dynamisch und schneidend scharf.

Musikalischer Kopf des Trios ist Hansi Enzensberger an der Orgel. Mit seiner ekstatischen, intuitiven Spielweise und den schrillen, aber auch warmen Sounds, die er aus seiner Hammond-B 3-Orgel und einem ganzen Arsenal an weiteren Vintage-Instrumenten herausholte, begeisterte der gelernte Automechaniker.

Enzensberger studierte Jazz an der Münchner Musikhochschule. Von nun an prägten Jazzharmonien, komplexe Arrangements und freies Solospiel seinen Stil. Im Laufe seines Studiums begann er zu komponieren und zu arrangieren. Dutzende Stücke entstanden an seiner Orgel und prägten von Anfang an den Sound dieser Band.

Schlagzeuger Manfred Mildenberger studierte ebenfalls an der Münchner Musikhochschule. Etablierte Künstler wie Nick Woodland, der schon mehrfach in Wendelstein gastierte, oder Georg Ringsgwandl vertrauen auf seine Fähigkeiten als Drummer.

Bassist Ludwig Klöckner ist der Dritte im Bunde. Ab 2009 studierte er E- und Kontrabass. Bei seinen Soli schwingt er sich auf zu Höhenflügen, die er stets gekonnt und mit kluger Schlusspointe beendet. Er spielt einen erfrischend mitreißenden Groove. Sein Spiel ist offen für Funk und Fusion, aber auch für einen geradlinigen und reduzierten Bass.

Stilistisch steht Organ Explosion für eine saftige Mischung aus Funk, Blues und jazzigen Harmonien. Wer genau hinhörte, der konnte heraushören, dass es leichte Anklänge an den britischen Fusion- und Rock-Organisten Brian Auger gab, der ebenfalls schon in der Jegelscheune auftrat. Aber auch sphärische und verzerrte Klänge, wie sie Pink Floyd oder die deutsche Band Kraftwerk boten, standen möglicherweise Pate bei der Musik.