Thalmässing
Viele Scherben und ein Graben

Archäologen stehen kurz vor dem Ende ihrer Grabung auf dem zukünftigen Lesch-Gelände

18.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr
Einen Graben und Scherben haben die Archäologen um Grabungsleiter Nicolas Tomo (links) gefunden. Die Keramik möchte Heiko Lesch in Zukunft in einer Vitrine im neuen Firmengebäude ausstellen. −Foto: Steimle

Thalmässing (HK) Die sorgsam ausgehobenen Gruben und die weißen Fähnchen in der Erde verraten es: In Thalmässing sind wieder Archäologen der Vergangenheit auf der Spur. Die Firma Lesch, die hier bauen will, möchte das Leben der vorherigen „Eigentümer“ aus der Eisenzeit in einer Vitrine darstellen.

Dass die Altertumsforscher hier im Thalmässinger Gewerbegebiet an der Straße Richtung Alfershausen etwas finden würden, überrascht nicht: Schließlich wurden gegenüber im Bereich des Rewe-Markts Gräber aus der späten Bronzezeit gefunden. Mit diesen hat das, was Grabungsleiter Nicolas Tomo gefunden hat, aber wenig zu tun. „Dort, wo die bäuerlichen Hallen stehen, wurden Reste einer Siedlung gefunden, die sich hier fortsetzt.“

Nachweisen können die Archäologen das hauptsächlich anhand der Funde, in diesem Fall Keramikscherben. „Für Außenstehende ist das oft nicht so spektakulär, aber jeder Fund ist ein Puzzlestück mit einem wissenschaftlichen Wert“, sagt Tomo, denn jede noch so kleine Scherbe könne Auskunft darüber geben, in welcher Zeit Menschen hier gelebt haben. Wird der Boden nicht untersucht, sind die Funde unwiederbringlich verloren. Die Keramik im Gewerbegebiet weist auf die sogenannte Hallstattzeit hin, wie die ältere vorrömische Eisenzeit in weiten Teilen Europas ab etwa 800 vor Christus genannt wird.

Ans Licht kamen außerdem Siedlungsgruben, die Vorräte oder auch Abfälle beinhalteten sowie Hinweise auf Pfostenstellungen. „Hier kann man beispielsweise sehen, dass es mal gebrannt hat“, erklärt der Grabungsleiter die Umrisse eines massiven Gebäudepfostens, die sich im Boden erhalten haben. Am Rumpf lassen sich schwarz-verkohlte Spuren nachvollziehen, oberhalb ist die Erde rötlich eingefärbt. Wie viele Menschen in wie vielen Gebäuden hier gelebt haben, kann Tomo aber nicht sagen, da sich keine Seitenwände erhalten haben. Schwierigkeiten bereitet den Archäologen auch die Erosion. „In einer Hanglage erwartet man weiter oben mehr Funde als unten“, das sei hier aber nicht so, erläutert Tomo mit Blick auf die beiden offengelegten Flächen, den weiter unten wird der Boden zunehmend sumpfiger, es staut sich das Wasser.

Die eisenzeitliche Siedlung schützten die Menschen möglicherweise mit einer Einfriedung – jedenfalls haben die Archäologen auf einer Strecke von 90 Metern einen Graben gefunden. Die Erde wurde vielleicht zu einem Wall aufgeschüttet und mit einer Palisade vervollständigt, in den Graben könnte man Wasser gelassen haben. Die Freilegung war alles andere als einfach, erklärt Tomo, „denn zusätzlich verlaufen im ganzen Feld moderne Drainagegräben“.

Wie lange der frühgeschichtliche Graben war und wie er genau verlief, können die Archäologen nicht verfolgen, schließlich graben sie nur dort, wo die Altfett-Entsorgungsfirma Lesch ihre Gebäude errichten will. Diese stehe den Ausgrabungen übrigens positiv gegenüber, betont Tomo, „die Zusammenarbeit ist sehr gut“. Am vergangenen Dienstag hat er für die Mitarbeiter, die künftig im Bereich der früheren Siedlung arbeiten werden, über das Gelände geführt und ihnen die Grabung erklärt. Heiko Lesch möchte in Zukunft im neuen Firmengebäude eine Vitrine aufstellen. „Wir wollen in einem 3D-Modell rekonstruieren, wie es hier früher ausgesehen hat und wie es heute aussieht“, sagt Lesch. Mitte kommender Woche wollen die Archäologen mit ihrer Arbeit fertig sein.