Thalmässing
Zertifizierte Sprachberatung

19.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:10 Uhr

Mehr Gewicht auf die sprachlichen Fähigkeiten ihrer Schützlinge legen die Erzieherinnen in Thalmässing. Im Arche-Noah-Kindergarten (Bild) und im Regenbogen-Kindergarten haben sie eine Fortbildung absolviert, um die Kinder fit für die Schule und das Leben zu machen. - Foto: Luff

Thalmässing (HK) Eine der PISA-Schockwellen hat nun auch Thalmässing erreicht: In den Thalmässinger Kindergärten wird verstärkt auf die Sprachkompetenz geachtet. Die Erzieherinnen haben sich beim Projekt "Sprachberatung in Kindertageseinrichtungen" weitergebildet.

Brigitte Portain, die Leiterin des Arche-Noah-Kindergartens, hält das doppelte Zertifikat stolz in den Händen. Immerhin 160 Stunden hat die Schulung in Anspruch genommen – finanziert vom Familienministerium und dem evangelischen Kita-Verband, weshalb es auch zwei Urkunden gibt. 160 Stunden Zeit, in der die Sprachberaterin Eva Pahl vom Kita-Verband in die Einrichtungen gekommen ist, um Personal wie Kinder für die Sprache zu sensibilisieren und Wege aufzuzeigen, wie die Sprachkompetenz altersgerecht vermittelt werden kann.

"Man schafft die Grundlagen in diesem Alter", sagt die Diplompädagogin. Kinder seien stolz, wenn sie mit Sprache etwas geschaffen hätten, stolz auf eigene Geschichten. Und mit dieser Freude lernten sie eine Fähigkeit, die sie das ganze Leben lang brauchten. Die Fortbildung habe auch den Erzieherinnen neue Horizonte eröffnet, sagt Portain. "Man reflektiert das Thema, fragt sich: Wie gehe ich mit Sprache um. Welches Sprachvorbild bin ich"

Seit Oktober 2008 läuft diese Schulung bereits, eine Dauer, die für Portain einen enormen Vorteil hat: "Manche Projekte müssen sich einfach setzen", sagt sie. Man müsse lernen, mit den neuen Instrumenten, die man an die Hand bekomme, möglichst gut umzugehen. Mit ersten Erfolgen: "Das fängt schon in der Früh beim Aufstehen an", schildert Dajana Perkowski vom Elternbeirat. Ihre Tochter im Vorschulalter wolle jetzt immer wissen, mit welchem Buchstaben ein Wort anfange. Und wenn sie es weiß, dann erzählt sie es freudestrahlend der Mami. Wieder und wieder.

Das sei eine "gewollte Präsenz von Buchstaben", sagt Sprachberaterin Pahl. Die Kleinen sollten das Bewusstsein für die Lettern und Freude daran entwickeln. Doch ziele das Projekt auf mehr ab: "Wir wollen, dass die Sprache ganzheitlich erlebt wird." Wie das in der Praxis aussieht, weiß Brigitte Portain: "Wir lassen die Kinder zum Beispiel zu Reimen hüpfen."

Im Arche-Noah- wie auch im Regenbogen-Kindergarten wird Wert darauf gelegt, dass die Kinder schon früh Erfahrungen mit und in der Bücherei machen, alle zwei Wochen machen sich Kinder auf den Weg dorthin, um Bücher auszuleihen. "Bei uns liest außerdem eine Mutter pro Gruppe jede Woche einmal vor", sagt Doris Polinski vom Regenbogen-Kindergarten. Die Neugier auf Sprache solle geweckt werden – und das nicht nur auf die Muttersprache. "Eine Frau vom Spracheninstitut bietet Englisch an", erzählt Polinski. Diese Möglichkeit könne auch in der Grundschule noch genutzt werden, ist allerdings mit Extrakosten verbunden. Beim Frühlingsfest unter dem Motto "Kinder dieser Welt" solle anhand von Liedern gezeigt werden, wie vielfältig und variantenreich verschiedene Sprachen klingen.

Kinder seien sehr stolz, wenn sie selbst mit Sprache etwas geschaffen hätten, erklärt Sprachberaterin Pahl. Deshalb dürfen sie im Arche-Noah-Kindergarten Geschichten erfinden und "wir schreiben sie dann auf", erklärt Brigitte Portain. Beim Vorlesen wird den Kleinen bewusst, dass das gesprochene Wort in Schriftform alles andere als flüchtig ist.

Nicht zuletzt sind es für Doris Polinski aber die alltäglichen Dinge, die die Kinder benennen sollen. Es sei ein Unterschied, ob ein junger Mensch ihr einfach eine Tasse hinhält oder um etwas zu trinke bittet. Ihre Beobachtung: Sogar die Fähigkeit, Wünsche und Bedürfnisse auszudrücken, "geht in unserer Fernsehgesellschaft immer mehr verloren".