Thalmässing
Mit der Wirtschaft "stirbt auch das Dorf"

Gastronomen sind sauer: Gesetzgeber als Organisator der Zerstörung des ländlichen Raums

01.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:58 Uhr

Die Ehrungen für ihre Betriebe nehmen Theo Schrödel (Roth), Martin Scheuerlein (Spalt) und Kurt Eichhorn aus Georgensgmünd (mit Urkunden, von links) entgegen. - Foto: Leykamm

Thalmässing (HK) Die Gastronomen sind derzeit nicht gut auf die Politik im Bund und in Europa zu sprechen. Deutliche Worte hat es In Thalmässing bei der Herbstversammlung der Kreisstelle Roth des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga Bayern) zu hören.

Gastronomen müssen arbeitswillige Studenten nach einer gewissen Stundenzahl nach Hause schicken, mitten in der Hochzeitsfeier das Personal wechseln und zum angeblichen Wohl der Gäste immer mehr Aktenordner füllen. All das lässt keine Freude aufkommen. Die Lage in Thalmässing sei nicht schlecht, sagte dagegen Bürgermeister Georg Küttinger eingangs der Versammlung, man erfreue sich vieler funktionierender Wirtschaften. Immer aber, wenn eine schließe, sei dies "ein Riesenverlust". Zumal immer mehr Gäste und Urlauber zu verzeichnen seien. Hier gelte es seitens der Kommunen und der Gastrobranche, an einem Strang zu ziehen. Leider aber zögen nicht alle Gasthäuser mit.

Jörg Ruckriegel, der Tourismuschef im Landratsamt, wertete es als gutes Zeichen, dass die Steigerungsrate im Landkreis bei den Übernachtungen mit 3,1 Prozent höher sei als im gesamten Fränkischen Seenland. Man werde wohl zu Jahresende bei 350 000 landen - "ein Rekordergebnis".

Vor allem an der Politik wurde in der Versammlung aber auch scharfe Kritik laut, vor allem aus dem Mund von Bezirksgeschäftsführer Gerhard Engelmann. Ihn störte die in vielen Bereichen fehlende Rechtssicherheit in der Branche. Beim ermäßigten Mehrwertsteuersatz etwa herrsche oft Unklarheit, wann dieser überhaupt greift. Aktuell gebe es einen Fall, wo der richtige Satz bezüglich der Parkgebühren strittig sei. Engelmann befürchtet bereits "wild gewordene Finanzprüfer", die aufgrund fehlender Klarheit aufgrund eigenen Ermessens handeln - zum Nachteil der Hoteliers.

In Sachen Mindestarbeitszeit "bohren wir ein dickes Brett", so Engelmann. Der Verband bemühe sich um eine Ausweitung der Arbeitszeiten. Damit eben nicht mehr mitten in der großen Feier zum Schichtwechsel geblasen werden muss. Auch sei es nicht einzusehen, dass Aushilfskräfte, die lange arbeiten und entsprechend verdienen wollten, genau das nicht dürften. "Das ist ein Anachronismus, ein Wahnsinn!", echauffierte sich der Geschäftsführer. Die seitens der EU forcierte Allergen-Verordnung nahm er ebenso ins Visier. Akribisch müssen die Gastronomen bei ihren Gerichten die Inhaltsstoffe deklarieren, auf die Gäste allergisch reagieren könnten. "Hat jemand von Ihnen diese Dokumentation schon mal eingefordert", wollte Engelmann von den Gastronomen wissen. Er erntete Kopfschütteln. "Was für ein Riesenblödsinn!", schlussfolgerte er. Sei jemand allergisch, würde er aus eigenem Antrieb nachfragen.

Keine Rechtssicherheit gebe es auch bei der Nachtruhe vor allem der Außengastronomie und beim freien Zugang ins Internet. Streng genommen müsste jeder Nutzer bei diesem Service des Wirtes einen eigenen Zugangscode ins WLAN bekommen, sonst "kann es richtig teuer werden". Wie das Tagungshotels oder auch Städte mit entsprechenden Angeboten machen? "Fragen Sie mich nicht!", so Engelmann. Großes Lob hatte er allerdings für die "hervorragenden Betriebe im Landkreis Roth" im Gepäck, allerdings habe gerade die Kreisstadt hier noch Nachholbedarf. Rückenwind bei Lob und Kritik gab es durch den neuen Dehoga-Landesgeschäftsführer Thomas Geppert. Er appellierte an das Selbstbewusstsein der Branche, die in Bayern rund 400 000 Erwerbstätige verzeichne. "Das ist eine politische Bank." Für kommende Wahlen müsse man sich "strategisch aufstellen". Immer öfter stünde dem Wirt das Wasser schon über dem Hals und die Existenz auf dem Spiel. Da müsse man "dann auch mal wieder auf die Straße gehen," riet er ganz offen zu Demonstrationen. Um den Politikern zu zeigen: "Ihr macht den ländlichen Raum kaputt." Die Gängelung führe zu immer weniger Gastronomie vor Ort. "Stirbt die Wirtschaft, stirbt das Dorf", sagte Geppert.

Die laut Geppert "Vorbild-Kreisvorsitzende Monika Schmidt ehrte mehrere Gasthäuser für deren langjährige Verbandszugehörigkeit: das Gasthaus "Zur Linde" in Roth für 70 Jahre, "Eichhorn" in Georgensgmünd für 40 und "Bayerischer Hof" in Spalt für 20 Jahre. Zudem verwies sie auf zahlreiche Aktionen der Kreisgruppe. Aus organisatorischen Gründen müsse man künftig zwar auf den Dreitagesausflug verzichten, die Tagesausflüge aber würden beibehalten.