Thalmässing
Die Heimat großzügig umschifft

Markus Söder spricht beim Auftritt in Thalmässing über vieles, aber wenig über ländlichen Raum

15.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:29 Uhr

Bei seiner Rede in Thalmässing unternimmt der Heimatminister gleich mehrere Reisen in Land, Bund und die weite Welt. Offenbar liegen dort die "Chancen für unsere ländliche Heimat", so Markus Söders angekündigtes Thema. Er gibt aber lieber den Wahlkämpfer. - Foto: Leykamm

Thalmässing (HK) Auch wenn er nicht zur Wahl steht am 24. September - Markus Söder ist in seiner Heimatregion ein politisches Zugpferd. Fast 300 Besucher wollten in Thalmässing erfahren, was der bayerische Finanz- und Heimatminister zu sagen hat.

"Zu dem gemma - den hörmer uns amal an!" So oder so ähnlich klang es zuhauf, als die vielen Besucher gespannt auf das fränkische Schwergewicht der CSU warteten. Er war der Starredner eines politischen Abends, zu dem der CSU-Ortsverband geladen hatte. Unter den Gästen waren allerdings auch viele, die nicht unbedingt der Union nahestehen.

Der Abend begann - nicht ganz standesgemäß - mit zünftigen Klängen der örtlichen Blaskapelle, die Söder zum Einzug mit dem bayerischen Defiliermarsch begrüßte. Eine solche musikalische Ehre sei eigentlich dem Ministerpräsidenten vorbehalten, sagte der Ortsvorsitzende der Christsozialen, Michael Kreichauf. Von daher sei das Lied durchaus passend, "auch wenn wir noch das eine oder andere Jahr darauf warten müssen", so Kreichá †auf. Bis Söder eben Ministerpräsident werde.

Er könne mit dieser Begrüßung "emotional gut leben", betonte Söder seinerseits. Noch als Minister, nicht als Chef. Bevor er seine jetzige Funktion bekommen habe, sei er schon von einem unguten Gefühl beschlichen worden, begann er seine Rede. Nämlich jenem, dass die Gelder "in München irgendwie leichter fließen". Wenn der Euro "in Richtung Franken ziehen soll, wird die Straße recht klebrig". Da gebe es noch eine Menge Nachholbedarf. Den Norden Bayerns ausreichend zu versorgen, auch dafür sei er als Minister angetreten.

Dem Freistaat mit all seinen Bezirken maß er internationale Bedeutung zu. Die Stabilität Europas sei vor allem Deutschland zu verdanken. Bei der Suche nach dem Grund für Deutschlands Stärke komme niemandem Berlin oder gar Bremen in den Sinn, sagte Söder. Stark sei das Land, "weil es Bayern und Franken gibt - das steht fest". Thematisch war es nun nicht mehr weit bis zum Länderfinanzausgleich, der 2020 ersetzt werden soll. Zurecht, da er dem Fleißigen wenig lasse und dem Müßiggänger viel gebe. Er frage sich aber, so Söder, warum man hierzulande etwas abschafft, das man als falsch erkannt hat - um es dann durch die Hintertür in Europa wieder einzuführen. Demzufolge sprach er sich gegen Euro-Bonds aus, auch wenn der Begriff gut klinge: "Eine Mischung aus Europa und James Bond." Sie führten aber auf den falschen Weg, denn: "Schulden übernimmt man nicht, sondern die zahlt jeder selbst." Auch der Solidaritätszuschlag hat ihm zufolge ausgedient. "Wenn der Aufbau Ost 2019 endet, warum soll dann der Soli bleiben", fragte Söder in den Raum.

Breiten Raum in seiner Rede, die doch den Titel "Chancen für unsere ländliche Heimat" trug, nahm das Thema Flüchtlinge ein. Der Wahlkampf ließ also grüßen. Flüchtlinge in größerer Zahl seien vor zwei Jahren erst einmal in Bayern angekommen. Damals sei der Freistaat oft auf Unverständnis gestoßen, als er auf die gewaltige Dimension der Herausforderung hinwies: "Wegen der paar Turnhallen . . .", so hätten einige Menschen seinerzeit die riesige Aufgabe verharmlost. Als allerdings dann einige Neuankömmlinge nach Berlin verlegt worden seien, habe man sich dort noch schwerer getan als in Bayern. "Ich weiß ja, dass man dort keine Flughäfen bauen kann", stichelte der Minister, "aber dass die Hauptstadt auch bei humanitärer Hilfestellung versagt, ist traurig." In Bayern sei sie vorbildhaft gewährt worden.

"Aber", hob Söder an, Integration könne andererseits nicht ohne Beschränkung des Zuzugs gelingen. "Auch einen Raum wie diesen muss man bei zu großem Ansturm zumachen", stellte Söder mit Blick in den proppenvollen Saal in Thalmässing einen gewagten Vergleich an. Gäbe es keine Obergrenze - wie von der CSU gefordert -, hätten andere EU-Staaten kein Interesse, Asylbewerber aufzunehmen, weil man sich dann auf Deutschland verlasse. Ein erster Schritt in die richtige Richtung sei die Schließung der Grenzen, deren Kontrolle auch nicht "an die Türkei delegiert werden darf".

Ganz im Gegenteil: Das Gebaren Erdogans müsse mit der Beendigung der EU-Beitrittsverhandlungen und dem Zudrehen des Geldhahns beantwortet werden, forderte er. Die doppelte Staatsbürgerschaft habe als Mittel zur Integration versagt, betonte Söder. Was ihn nicht wundere, keiner könne ja "zugleich evangelisch und katholisch sein". Kein Verständnis habe er für so manches Geschimpfe von Politikern der Grünen in Richtung Polizei. Dass sie schimpfen, behauptete Söder, der mehr und mehr tiefer in den parteipolitischen Wahlkampf abglitt, statt sich auf sein Thema zu konzentrieren. Er könne verstehen, dass bayerische Polizisten in der Uniformfarbe auf Blau umgestiegen seien, setzte er der Behauptung noch einen Witz drauf.

Ebenso verfuhr er bei seiner Forderung, dass Asylbewerber zu lernen hätten. Integration im Freistaat müsse bedeuten: Deutsch zu lernen, Bayerisch aber zu verstehen. "Und für die besonders Intelligenten auch Fränkisch." Für angebliche Forderungen des politischen Gegners, die Nationalhymne unter gegebenen Umständen auf Türkisch zu singen oder die Einheimischen Arabisch lernen zu lassen, habe er kein Verständnis, gab der Nürnberger allzu deutlich den CSU-Wahlkämpfer.

Vielmehr hängen die Chancen des ländlichen Raumes offenbar von der Burka ab, die man in Bayern wohl an jeder Ecke sieht. Folgt man Söder. Sie sei "kein religiöses Symbol, sondern eines der Ausgrenzung", monierte er.

Söder war jedoch nicht der einzige Politiker, der bei diesem politischen Abend sprach. Den Part, handfeste Probleme in der Heimat anzusprechen, übernahm dabei Bürgermeister Georg Küttinger. Unter anderem machte er sich für geringere Klassenstärken in den Schulen stark. Dies nutze auch beim allgemein propagierten Ziel der Inklusion. Auch vom Prozess der Dorferneuerung, das ihm gerade in Eysölden und Pyras begegnet (siehe nebenstehenden Bericht), hatte der Gemeindechef Erfahrungen mitzuteilen: Die Abwicklung einer Dorferneuerung dauere behördlicherseits zu lange, sagte er. Die Politik solle dem damit beauftragten Amt für ländliche Entwicklung (ALE) genügend Personal zuteilen, statt es abzubauen, forderte Küttinger. Er habe aber im Gegenteil den Eindruck, "dass das ALE selbst abgewickelt werden soll."

CSU-Kreischef Volker Bauer stellte dann aber klar: "Söder ist gut für Thalmässing, Franken und Bayern."