Thalmässing
Amüsante Kanzelpredigt des Geistlichen

Pfarrer Michael Rasche agiert zum dritten Mal als Bruder Barnabas beim Starkbierfest der Kerwagesellschaften

01.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:36 Uhr

Als Bruder Barnabas, der Fastenprediger, liest Pfarrer Michael Rasche den Thalmässingern beim Starkbierfest die Leviten. Dabei deckt er unter anderem auf, warum die verschiedenen Fraktionen im Marktrat für oder gegen die nächtliche Straßenbeleuchtung stimmen. - Fotos: Lehnert

Thalmässing (HK) Im richtigen Leben ist er katholischer Pfarrer, da ist es nicht weit bis zum Mönch. Beim Starkbierfest am Freitagabend in Thalmässing hat Michael Rasche als Bruder Barnabas den Besuchern den Spiegel vorgehalten – übrigens bereits zum dritten Mal. Diese ließen sich davon begeistern.

Der Geistliche hätte sich vor seinem Amtsantritt wohl nie träumen lassen, dass er einmal eine solch zentrale Rolle beim Starkbierfest der Thalmässinger Kerwagesellschaften spielen würde. Umso überzeugender trat er auch heuer „als der vermutlich einzige saupreußische Bruder Barnabas“ auf, wie er sich selbst ankündigte. Gekonnt schlug der Prediger die Brücken von der Lokalpolitik über Gesellschaftsanalyse bis hin zur „deutschen Mediengeschichte“.

Rund 80 Gäste folgten amüsiert seinen Ausführungen zum Thalach-Beach mit FKK-Strand, zu einer turbulenten Pressekonferenz des 1. FC Nürnberg und zum Aussterben der Stehpinkler, das ein Marktratsmitglied anhand der aktuellen Unterhosenmode diagnostiziert hatte. Nicht zuletzt erläuterte Bruder Barnabas den optimalen Standort für den sehnlich gewünschten Kinderspielplatz „auf einem wirklich unbewohnten Gebiet ohne Häuser, auf dem man gefährliche Tiere oder Kinder frei laufen lassen kann: südlich von Landersdorf, Richtung Eichstätt, auf einem Flecken – ich habe nachgemessen – etwas über drei Kilometer bis zum nächsten Haus“.

Auch die Auflagen des Jugend- und Ordnungsamts für das Thalmässinger Music Adventure, die die Organisatoren vor einige Herausforderungen gestellt hatte, nahm er aufs Korn. Mit einem rekonstruierten Gesprächsprotokoll aus dem Jugendamt über die Abtrennung des Barbereichs sorgte Barnabas nun im Nachhinein für Klarheit und für Erheiterung.

Wenig Spaß verstand der Geistliche beim geplanten Hundeschwimmtag zum Saisonabschluss im Thalmässinger Freibad. Das Wasser solle dafür nicht mehr gechlort werden, sagte er – um die Gesundheit der Vierbeiner nicht zu gefährden. Das habe er gehört. „Mal eine Frage: Warum ist denn da sonst Chlor drin“

Allerlei Missgeschicke, die sich auf Festivitäten „zu später oder vielmehr früher Stunde“ zugetragen hatten, fanden reichlich Erwähnung. Auch, oder gerade, wenn diese für einen Protagonisten nur dazu gedient haben können, in der Fastenrede Erwähnung zu finden. „Es gibt Leute, die kämpfen dafür bis zum letzten Blutstropfen“, bemerkte der Mönch und ließ die Details derjenigen Vorfälle folgen, die einem Musiker die zweifelhafte Ehre beschert haben. Dieser Mann dürfte nach Barnabas’ Einschätzung sein erklärtes Ziel, in der Ruhmesgalerie der Fastenpredigt aufzutauchen, gebührend feiern.

Für alle Helden, die eher unfreiwillig in seiner Revue auftauchten, hatte der Bruder vorgesorgt: „Ich habe mich gut mit Pralinen eingedeckt. Wer also Trost und seelsorglichen Beistand benötigt, möge sich bitte nach der Rede bei mir melden“, forderte der Pragmatiker. Dann müsse er nämlich nicht – wie im vergangenen Jahr – nach der Veranstaltung „wochenlang durch den Ort fahren“, um die Trostpflaster zu verteilen.

Die werden zwei Abiturienten, deren lobenswerte Logik Bruder Barnabas beeindruckt hatte, nicht brauchen: Nach der letzten Mathe-Klausur feierten die beiden die kommende mathelose Zeit und ließen sich bei einem befreundeten Frisör passend dazu noch „Matte-los“ machen. „Denn sie wussten: Auch wenn Mathe schief gegangen ist: Haar raufen geht nicht mehr.“

Ausführlich widmete sich Bruder Barnabas der aktuellen Diskussion um die nächtliche Beleuchtung in Thalmässing und deckte den Grund für die unterschiedlichen Standpunkte im Marktrat auf: Die eine Partei sei eher gegen die Beleuchtung, „damit man nachts nicht sieht, wie die nach Hause kommen“, während Anhänger einer anderen Fraktion eher für die Beleuchtung seien, „damit die nachts überhaupt nach Hause kommen“, frotzelte er.

Doch teilte der Geistliche nicht nur aus, er bewies auch jede Menge Selbstironie, als er von einem Zwischenfall beim Open-Air-Konzert am Bunker berichtete. Nachdem die Faschingszeitung seinen unfreiwilligen Salto vom Kühlanhänger als „doppelten Raschinsky“ klassifiziert hatte, lag es ihm an Herzen, die Umstände des vermeintlichen Missgeschicks klarzulegen. Dass es überhaupt zu diesem Sturz gekommen war, lag demnach nicht an ihm. Zunächst betonte er, dass er „nicht einmal für mich, sondern aufopferungsvoll für jemand anderen ein Bier aus dem Kühlturm holen wollte“. Schuld an dem Unglück müsse dann der Erbauer des Kühlhängers gewesen sein, der „mit einem unbekannten Spießgesellen nachts an seinem Kühlturm geschraubt und die Trittleiter präpariert hat“. Dass gleichzeitig „noch ein Erdbeben war“, erwähnte er nur am Rande.

Nach den amüsanten Geschichten widmete sich Rasche „weniger schönen und traurigen Elementen: Wir kommen zum Club“. Dabei kam er auf das Dilemma eines eingefleischten Fans des 1.FC Nürnberg zu sprechen, welches bereits 2013 in seiner Rede Erwähnung gefunden hatte. Nach dem Abstieg sei die Lage noch verzwickter, denn „der hat ja geschworen, erst zu heiraten, wenn der Club Meister wird“.

Zum Schluss der Fastenrede wurde es regelrecht episch. Barnabas referierte die Geschichte der großen Schlacht des Galenus. Er sprach vom heldenhaften Mut der Thalmässinger Mannen im Kampf gegen einen mächtigen Herrscher aus dem Nordwesten. Ein Mann nach dem anderen sei gefallen, wie „damals die 300 Spartaner gegen die Perser“. Für alle verwunderten Geschichtskenner löste er auf: „Diese Schlacht tobte im letzten Sommer. Unsere Helden fielen im großen Kampf gegen Galenus, einen Kräuterlikör aus dem Ruhrgebiet.“

Angesichts dieser Episoden bedankte sich der Fastenprediger bei den Thalmässingern für deren große und kleine Taten. „Wenn ihr glaubt, dass ich zu hart und zu streng mit euch war: Glaubt mir, ich liebe die ganze Schar!“