Spalt
Einzigartig in ganz Deutschland

Die Brauerei in Spalt gehört seit 1879 den Bürgern Wertigkeit und Glaubwürdigkeit

29.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:53 Uhr

Foto: Kai Bader

Spalt (HK) Besonders sein ist in der Braulandschaft heute wichtiger denn je. Aber besonders war die Stadtbrauerei in Spalt schon immer, denn sie gehört den Bürgern - seit 1879. Ein Konstrukt, das einmalig ist in Deutschland. Und es gibt eine weitere Besonderheit: die Lage mitten im Hopfenland.

So gilt das Spalter Bier von jeher als extrem hopfig, zu kantig, zu eckig für viele. Man kann Spalter auch nicht mögen. Aber mit dem Trend der Craftbiere, wo der Aromahopfen eine herausragende Rolle spielt, wo es wichtig ist, sich von der Gleichförmigkeit der Produkte abzuheben, sieht man sich bestätigt. "Charakterbiere sind wieder ein Thema, es ist Philosophie, Geschmack und Hopfigkeit gefragt", sagt Spalts Bürgermeister Udo Weingart. Seit 2003 ist er der Geschäftsführer der Brauerei. Denn: "Bürgermeister sein in Spalt, das bedeutet, zwei Berufe zu haben."

Man könne die Spalter Brauerei auch kaum mit einer anderen vergleichen, so Weingart. Es sei auch die Philosophie. Heimat und Tradition stünden im Mittelpunkt, aber auch Wertigkeit und Glaubwürdigkeit: "Das hat in Spalt immer eine Rolle gespielt." Auch die soziale Komponente zähle. So sei es selbstverständlich, dass die Landwirte von der Brauerei einen höheren Preis bekommen. "Wir sagen, hier ist die Region, wir möchten etwas dafür tun." Das gelte auch für die Gastronomie und nicht zuletzt für die Mitarbeiter. "Wir haben 35 Mitarbeiter, die hochmotiviert sind", sagt Weingart. Ihm sei kein Fall bekannt, dass jemand gekündigt habe.

Zu ihrer Brauerei gekommen sind die Spalter Bürger eher zufällig. Im Jahr 1879 war die damals fast 250 Jahre alte Lammsbrauerei tief in die roten Zahlen gerutscht. Rund 58 000 Mark schuldete die Besitzerin Walburga Rutsch der Stadt. Als das Anwesen zur Versteigerung anstand, hatte der Stadtrat beschlossen, mitzusteigern. Damit wollte man vor allem seine Forderungen sichern. Allerdings war das Interesse gering und so wechselte die Brauerei für 33 355 Mark in den Besitz der Stadt. Es gab damals noch sechs weitere Brauereien in Spalt, die allerdings zu keiner Zeit die Nachfrage decken konnten. Dass sich trotzdem keiner für das stattliche Anwesen erwärmte, lag laut Chronist Anton Forster daran, dass man die hohen Investitionen für die notwendige Modernisierung fürchtete.

Heute steht die Brauerei hochprofessionell und modern da, ohne ihre Tradition zu leugnen. So sind es zwar noch die traditionellen Mauern, in denen gebraut wird, aber die Technik, Sudkessel, Kühlung, Abfüllung, Steuerung - das ist alles auf dem aktuellen Stand. 14 Millionen Euro seien seit 1995 investiert worden, erklärt Weingart - aktuell 2,5 Millionen Euro für den neuen Lagertankkeller. Nicht nur deshalb ist es aus Weingarts Sicht "undenkbar, die Brauerei abzugeben". Unternehmen und Stadt passten zusammen. Frage man die Menschen, was das Wichtigste in Spalt sei, bekomme man als Antwort: "Die Brauerei." Man sei stolz darauf, das sei tief verwurzelt.

"Wenn man sich aus touristischer Sicht etwas wünschen könnte, dann die Kombination Spalt und Bier", sagt Weingart. Da sei es auch ideal, dass die Gebäude mitten in der verwinkelten mittelalterlichen Stadt liegen und nicht in irgendeinem Industriegebiet. Es habe Zeiten gegeben, in denen man sich überlegt habe, aus der Stadt herauszugehen. Was zum Glück ausblieb. "Die Brauerei ist Teil einer lebendigen Innenstadt", sagt Weingart, die nicht herausgeputzt, sondern authentisch sei. Seit einem Jahr ist dieses Duo ein Trio, denn im riesigen Kornhaus befindet sich seither das Museum "HopfenBierGut".

Allerdings sehen sich die Spalter nicht nur als Einzelkämpfer, sie haben die Gemeinschaft Gleichgesinnter gesucht. "Slow Brewing" nennt sich der Club - ein Gütesiegel für Bier. Mitglieder sind beispielsweise Stiegl aus Salzburg, Früh Kölsch, das Hofbrauhaus Freising, Hirter aus Kärnten, Löwenbräu Schwäbisch Hall, Graf Arco, Schweiger aus Markt Schwaben und Theresianer aus Triest. "Das ist nicht nur ein Trend", sagt Weingart, "sondern auch ein Qualitätsanspruch, ein Zertifikat, das auf Dauer eine Rolle spielt." Im Gegensatz zur Prämierung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, wo man lediglich zwei Proben einreichen müsse, gebe es bei diesem Siegel Betriebskontrollen. Die Art, wie gebraut wird, spiele eine Rolle und auch soziale Aspekte. Zudem würden zusammen mit der TU Weihenstephan jeden Monat Labortests gemacht. "Wir verschreiben uns dem Audit, damit wir uns ständig überprüfen." Weingart sieht Slow Brewing als ein weiteres Mosaiksteinchen. "Das ist ein besonderer Club, da nimmt man nicht jeden auf."