Solnhofen
"Bedeutendster Fund seit erstem Archaeopteryx"

Das in Painten entdeckte Dinosaurierfossil ist in der neuen Paläozoo-Ausstellung des Solnhofener Museums zu sehen

18.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:13 Uhr

 

Solnhofen (HK) Sein neues Zuhause ist der Ikonenraum: Der Paintener Dinosaurier hat seinen Platz in der Paläozoo-Ausstellung des Solnhofener Museums bezogen. Das Fossil begeistert die Fachwelt. Museumsleiter Martin Röper hält den Fund für Glück, aber keinen Zufall.

Es ist so, als würde sich die Meeresdecke über einem schließen. So tief taucht man in die Evolutionsgeschichte ein, sobald man die Kasse passiert hat und den Eingangsbereich des Bürgermeister-Müller-Museums in Solnhofen betritt. Das Dunkelblau der Wände erzeugt diesen Effekt – aus gutem Grund. Die Farbgebung des Raumes gehört zu einem ausgefeilten Konzept, wie Museumsleiter Martin Röper erklärt. „Die Neugestaltung der Ausstellung folgt wissenschaftlichen Vorgaben, aus denen unsere Mitarbeiterin Birgitt Ott auch die Farbauswahl abgeleitet hat.“

Das Dunkelblau steht für das offene Meer, Türkis für Flachwassergebiete mit Korallenriffen. Lagunenlandschaften werden durch einen hellen Blauton symbolisiert, Grün steht für Inseln. Und Gelb schließlich für den Luftraum. Seit ihrer Eröffnung Ende Mai erwartet die Besucher eine Paläozoo-Abteilung, die durch die Platzierung von rund 220 Exponaten – alles Originale – viele kleine und eine große Geschichte erzählt. Und zwar jene der Artenvielfalt, die zu Urzeiten in dem Gebiet von Solnhofen bis nach Regensburg geherrscht hat.

Eines der Ausstellungsstücke ist Sciurumimus albersdoeferi – das Paintener Eichhörnchen. Die Bekanntgabe des Fundes im Oktober 2011 versetzte Forscherkreise in Begeisterung. Denn das Fossil schließt eine Lücke im Stammbaum der Federentwicklung. Der Raubsaurier sei primitiver als der Juravenator, der ebenfalls aus dem Schamhauptener Subarchipel, dem Reich der Dinosaurier, stammt. „Wenn also der Paintener Dino bereits einen befiederten Schwanz hatte, ist die Geschichte der Feder wohl viel älter, als bisher angenommen“, vermutet Röper. Allein wegen dieser Erkenntnis sei es nicht übertrieben, das Fossil als bedeutendsten Fund seit der Entdeckung des ersten Archaeopteryx zu bezeichnen.

Mit dem wissenschaftlichen Nachweis der Bedeutung des Paintener Eichhörnchens ist die Forschung aber noch nicht abgeschlossen. „Die Detailarbeit, zum Beispiel die Untersuchung der einzelnen Knochen, kommt erst jetzt“, erklärt Röper. Im Solnhofener Museum ruht das versteinerte Jungtier aber erst einmal sicher hinter einer Glasscheibe, im letzten Raum der Ausstellung. „Im Volksmund heißt er Ikonenraum“, verrät Röper. Er selbst sieht das kräftig gelb gestrichene Zimmer lieber als logischen Abschluss des Streifzugs durch die Ausstellung. „Der Rundgang beschreibt alle Rahmenbedingungen für die Entstehung der höher entwickelten Tierwelt in unserer Region.“ Ideale Voraussetzungen also auch für die Ausbildung von Arten wie das Paintener Eichhörnchen. Dass es diesen Saurier gibt, sei darum auf keinen Fall ein Zufall. „Das man ihn gefunden hat, ist dagegen pures Glück.“

Wer der Paintener Sensation auf die Spur kommen will, muss seine Reise also auf dem Grund des Urozeans beginnen. Die Anordnung der Ausstellungsstücke beschreibt vereinfacht die Nahrungskette, wie Röper erklärt. Am Ende jeder Abteilung – ob Lagune oder Insel – steht die am höchsten entwickelte Art. „Im offenen Meer waren das die Tintenfische“, sagt der Forscher. Weiterhin beschreiben Schildkröten, Echsen und Flugsaurier die Entwicklung der ostbayerischen Erdgeschichte.

Das Herzstück der Ausstellung ist die Fischwand. Neben der Vielfalt der Spezies kann man an der türkisfarbenen Wand vor allem eines ablesen: Die Präsentation von Forschungsergebnissen ist in Solnhofen sehr modern. „Wir wollen unsere Ergebnisse möglichst direkt an den Besucher weitergeben“, begründet der Museumsleiter. Früher hat man die Platten rechteckig zugeschnitten und Brüche geklebt. „Heute lassen wir den Versteinerungen ihre natürlichen Konturen. Risse sind kein Problem, sondern sogar willkommen“, schildert er. 16 Jahre Arbeit stecken im Paläozoo. Die Auswahl der Exponate gestaltete sich auf natürliche Weise gerecht; eine Hälfte der Versteinerungen stammt aus Solnhofen und Eichstätt, der andere Teil aus dem Raum Kelheim und Regensburg. Der Grund ist einfach: „In Solnhofen herrschten die Vögel, in Kelheim Dinosaurier.“

Einige der Erkenntnisse sind laut Röper relativ neu. „Es ist nie so viel geforscht worden wie in den vergangenen 20 Jahren.“ Moderne Techniken wie UV-Licht und Computersimulation bieten den Forschern neue Ansätze. Zu sehen sind solche Modelle auch im Solnhofener Museum. Komplett fertig ist die Ausstellung darum noch nicht. Ein Audioguide soll den Paläozoo bald auch akustisch erlebbar machen. „Spätestens mit dem Start der kommenden Saison wird es soweit sein“, verspricht der Museumsleiter.